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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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dass sich eine Wand vor ihnen erhob. Ohne zu zögern wandte er sich nach links und betrat nach einer scharfen Biegung den Raum. Einen Augenblick lang stockte ihm der Atem. Obwohl er über ein Jahrzehnt im goldenen Glanz Ägyptens gelebt hatte, hatte er noch nie solche Schätze gesehen. Wieder fragte er sich, wer diese Menschen wohl waren.
    Die Wände waren von einem Mosaik in Gold, Silber und Bronze überzogen, auf dem Szenen der Gründung Aztlans durch Atlas Olympi dargestellt waren. Wie Dion ihm erklärt hatte, waren alle Kommentare in der Alten Sprache geschrieben, Kritzeleien und Symbole, die nur noch von den Priestern und Skolomantikern verstanden wurden.
    Doch auch Cheftu konnte sie entziffern. Er hatte diese Sprache zusammen mit einem ganzen Schwung von anderen gelernt, um das Rätsel der ägyptischen Hieroglyphen zu lösen. Es handelte sich um Proto-Hebräisch. Mon Dieu! Cheftu trat näher und vertiefte sich in die Überlieferungen dieses Volkes. Der Text enthielt zahllose Verweise auf »Steine«. Steine, durch die man mit Gott Verbindung aufnehmen konnte.
    Als er sich umdrehte, um sich davon zu überzeugen, dass die Tür immer noch offen stand, entdeckte Cheftu zu seinem Entsetzen, dass sie verschwunden war. Er untersuchte alle Wände, über die sich nahtlos die Geschichten hinzogen. Ausgang konnte er keinen entdecken. Er blickte nach oben. Selbst die Decke, mit dem gleichen kostbaren Metallmosaik überzogen, bot keinen Ausweg. Er stolperte durch den Raum und versuchte, sich zu beruhigen. Miss die Schritte, dachte er. Hier legt man genauso viel Wert auf Zahlen wie in Ägypten.
    Er maß Sechsundsechzig auf Sechsundsechzig Schritte. Gott sei Dank hatte er gestern das genaue Maß eines aztlantischen Schrittes gelernt. Cheftu starrte auf den Boden. Er bestand aus gehämmertem Gold, das zu abstrakten Mustern gefügt war. Hätte es noch mehr Licht in diesem Raum gegeben, wäre er wohl geblendet gewesen.
    Er blickte auf, weil ein Schimmer, anders als der von Gold oder Silber, seinen Blick angezogen hatte. Er musterte die gegenüberliegende Wand und bewegte dabei langsam den Kopf, bis er ihn noch einmal bemerkte. Er durchquerte den Raum und starrte in das kristallene Auge des Stieres.
    Cheftu hob die Hand und zog an dem Kristall. Ein lautes Knirschen dröhnte in seinen Ohren, dann wurde es wieder still. Der Kristall schob sich aus der Wand, eine ganze Elle weit, und kam dann wieder zum Stehen. Cheftu trat zurück, blickte auf den Kristall und überlegte, welche Logik wohl dahinter stecken mochte. Gab es noch mehr Kristalle?
    Einen Dekan lang untersuchte er den Raum und stieß dabei auf zwei weitere Kristalle, die aus der Wand herausragten. Drei, die magische Zahl. Dion hatte ihm erklärt, die Drei sei eine ungerade Zahl und daher der Göttin geweiht, so wie Sechsundsechzig eine gerade Zahl war und darum Apis geweiht war, und zwar doppelt.
    Und jetzt? Cheftu hatte bereits die goldenen Reifen abgestreift, die er getragen hatte, nun schlüpfte er auch aus dem eleganten Glockenrock und löste sein Korsett. Die drei Kristalle bildeten eine Art Dreieck. Dreiecke waren heilig; das wusste jeder Zauberer. Aber ein Dreieck allein war zu wenig. Es musste mindestens noch zwei weitere geben.
    Die Decke! Der Boden!
    Nach dekanlangem Suchen hatte er ein weiteres Dreieck ausfindig gemacht, das von Scherben schwarzen Obsidians gebildet wurde. Er drückte dagegen, bis Stein auf Stein mahlte. Der Raum machte ein Geräusch, als wollte er auseinander brechen, während sich der Mechanismus draußen in Gang setzte.
    Das dritte Dreieck war schnell gefunden. Cheftu lehnte sich an die Wand und versuchte, sich in den Erbauer hineinzuversetzen. Was war der Sinn der Übung? Die drei Dimensionen der Schöpfung hatte er bereits abgedeckt: Breite, Höhe, Tiefe. Die einzige weitere Dimension war die Zeit.
    Zeit? Er stand auf und wanderte erneut im Raum herum, diesmal auf der Suche nach einem Symbol für Zeit. Einem Ankh. Mit dem Rücken zur Wand stehend, zog er im Geist die Dreiecke nach, deren Eckpunkte er an Decke, Boden und Wänden markiert hatte. Dort, genau am Schnittpunkt der drei Dimensionen, befand sich der Schlüssel für Millionen Jahre voller Leben; ein mächtigeres Symbol für die Zeit existierte nicht. Den Blick auf den Boden gesenkt, begann er zu lächeln. Eine ankhförmige Vertiefung.
    Fehlte nur noch der Ankh, der dort hineinpasste. Wieder tastete sein Blick den Raum ab. Im Nähertreten bemerkte er einen Ankh, der aus einem anderen

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