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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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trok-ken.
    »Mag sein«, stimmte ihm Phoebus widerstrebend zu. Er blickte in Richtung des Berges Krion auf Folegandros, der Insel des Stierkultes. »Ich will, dass du dabei bist, Dion. Du sollst zusehen und herausfinden, welche Zauberkräfte und Fähigkeiten dieser Mann besitzt.«
    »Keine Zauberkräfte, Dion. Aber sehr große Fähigkeiten.«
    Phoebus erhob sich unvermittelt. »Ich muss üben.«
    Beim Fortgehen hatte Phoebus das Gefühl, der Himmel würde auf ihn einstürzen. Er verzehrte sich nach Irmentis. Ich muss doch nur die zwölf Dekane abwarten, bis die Sonne verblasst und sie erwacht, dachte er. Er biss die Zähne zusammen. Heute würde er seinen Ausbilder beim Üben überlisten.
    Wenigstens in einer Arena musste er heute gewinnen.
    »Was soll das heißen, ich bin nicht schwanger?«, kreischte Ileana.
    Embla zuckte mit den Achseln.
    »Meine Meisterin, ich schaffe es nicht, dass der Same in deinem Leib Wurzeln schlägt.«
    »Wozu bist du dann gut?« Ausnahmsweise ohne einen Ge-danken an mögliche Sorgenfalten zu verschwenden, trommelte die Himmelskönigin mit den Fingern. Falls der Same dieser Männer nicht kräftig genug war, brauchte sie sich um ihre Haut wirklich keine Sorgen mehr zu machen.
    »Bist du sicher, dass dein Liebhaber zeugen kann?«
    »Er hat Kinder, Embla. Doch wenn er mich nicht schwängert, muss ich mir einen anderen suchen.«
    »Wie alt sind seine Kinder?«
    »Jung. Das kleinste ist noch nicht einmal ein Jahr alt.«
    »Nimm dir einen zweiten Liebhaber«, riet Embla. »Hast du schon einen im Blick?«
    »Jaja«, antwortete Ileana zerstreut.
    »Trink zweimal täglich diesen Alraun-Tee, und wenn der Mond über dir ist, dann noch öfter.«
    »Jaja.« Ileana krampfte die Finger um das Gefäß, als wäre es ihre Krone.
    »Und das hier legst du vor dem Schlafen unter dein Kissen.« Embla reichte ihr ein Kräuterpäckchen.
    »Trink viel Ziegenmilch. Von einer starken Ziege mit vielen Zicklein.«
    Ileana verzog das Gesicht und erhob sich. Sie schnippte mit den Fingern, und drei Leibeigene kamen herein, Körbe und Tabletts voller Essen tragend.
    »Meine Geschenke, Embla«, sagte Ileana.
    Noch ehe Ileana die Tür geschlossen hatte, fiel die Priesterin über die Körbe her.
    Embla hatte noch eine letzte Chance, den Samen dazu zu bringen, dass er in ihr Wurzeln schlug; Ileana musste um jeden Preis schwanger werden.
    Chloe hatte genau ihr Tempo gefunden, jenen Rhythmus, der sie über die Hügel hinwegtrug und sie die Abhänge hinabsegeln ließ, der sich beschleunigte, sobald sie im Schatten lief, und in der zunehmenden Sonnenhitze wieder langsamer wurde.
    So weit sie erkennen konnte, würde der Wettlauf im Hochsommer stattfinden.
    Im Juli. Ein Wettlauf im Juli. Ausgerechnet.
    Sie nickte verständnislos und ermahnte sich dann, aufzusehen und mit den Händen zwischen Gesicht und Hüften auf und ab zu pumpen, ohne dabei die Fäuste zu ballen. Ein Zittern in der Erde brachte sie aus dem Tritt. Sie blickte in Richtung Osten, wo der Berg Apollo zum ersten Mal seit fünfhundert Jahren zu husten begann.
    Der Berggipfel, eben noch klar vor dem blauen Himmel zu sehen, wurde schlagartig von einer grauen Wolke verhüllt. Chloe spürte ein tiefes Rumpeln wie von einem Güterzug, doch sie war hier auf Aztlan; hier fuhren keine Züge.
    Sie erstarrte, während die Wolke kunstvoll über die Hügel ausfranste und in winzigen Fetzen verwehte, sobald der Wind sie erfasste und verdünnte. Wenn sie es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, hätte sie es nicht geglaubt. Der Berg sah wieder genauso aus wie zuvor.
    Die Rauchwolke? Asche war weggeweht worden.
    Schwer schluckend richtete sie sich auf und lief dorthin zurück, wo Atenis auf sie wartete, diesmal doppelt so lange wie gewöhnlich.
    Noch im Laufen spürte Chloe den Berg in ihrem Rücken.
    Das war ein Warnschuss, sagte er.
    Sie lief schneller.
    Ende Juni, kurz bevor die Zeit des Löwen begann, wurde es heiß und trocken. Das auf Kaphtor geerntete Getreide wurde an die Sippen Aztlans verschickt. Das Saatgut würde den regenlosen Sommer über gelagert und im Herbst ausgebracht.
    Cheftu beugte den Kopf über den hohen Tisch. Dieser Raum, tief in den Eingeweiden des Palastes, war zwar kühl, doch der vermengte Gestank von Fleisch, Blut und Abwässern versetzte seinen Magen in Aufruhr. Er hatte fortwährend Kopfschmerzen, und Chloe hatte ihn schon gescholten, dass er nicht genug esse. Er verlor an Gewicht.
    Er grinste. Chloe. Die Autopsien waren ihre Idee gewesen. Doch erst

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