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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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Mittel, mit dem man in den Himmel, in die Nachwelt gelangte ... und das bedeutete, dass die Kammer ... Es war ein Grab!
    »Jon«, sagte sie ganz ruhig, um den Ausgrabungsleiter herzuholen.
    Ein Grab? Mit Hatschepsuts Kartusche darüber? War es möglich, dass dies Hatschepsuts Grab war? Das Grab, das man ihr im Tal der Könige erbaut hatte, war nie genutzt worden. War es möglich, dass ein Pharao sein Grab auf dem Ostufer des Nils bauen ließ? Mitten in der Wüste? So etwas wäre einmalig, doch das war eine Pharaonin ebenso.
    »Jon«, wiederholte sie etwas lauter.
    Oben hörte sie erstickte Schreie, doch sie nahm keine Notiz davon. Hatschepsuts Grab? Allein die Vorstellung war abwegig!
    »Was zum -«, sagte Brian, der Australier.
    Endlich riss Cammy den Blick von der gezeichneten Leiter los, die an der Wand nach oben zeigte, und schaute über ihre Schulter.
    Ein goldener, brüllender Fleck schoss durch die Öffnung in der Decke herein. Camille hörte, wie sich ihre Schreie unter die der anderen mischten. Eine Raubkatze! Ein Löwe? In ihren Ohren dröhnte das Blut so laut, dass sie nichts mehr hörte. Der Löwe kam auf sie zu, den massigen Leib blutbesudelt, das Fell an den verschiedensten Stellen ausgerissen. In Cammys Kopf blitzte aus dem Dunkel schlagartig die Angst vor Tollwut, einem Angriff auf . Er kam näher, und sie wich langsam zurück, bis sie gegen die zwei Meter hohe Holzleiter prallte, die
    an der Wand lehnte.
    Was für eine Ironie, dass sie genau neben ihrer neuesten Entdeckung lehnte, dachte Cammy flüchtig. Sie konnte ihren Blick nicht von dem Löwen reißen. Unbeholfen schob sie ihren Körper eine Sprosse höher, dann noch eine und noch eine, immer hoffend, dass die Leiter nicht plötzlich abrutschte.
    Der Löwe knurrte kehlig und holte mit einer massigen Pranke nach ihr aus. Cammy kreischte auf und kletterte eine weitere Sprosse nach oben, wo sie sich mit zitternden Armen an der Decke abstützte, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Der Löwe setzte sich, den struppigen Kopf mit dem riesigen Maul Zentimeter von ihren Sandalen und ihren Füßen entfernt.
    Wimmernd kauerte Cammy sich auf der obersten Sprosse ineinander, die Schultern gegen die Decke gedrückt, die Beine angezogen. Der Löwe brüllte, woraufhin Cammy sich noch mehr zusammenkrümmte und den Rücken fester gegen die Decke presste. Sie spürte, wie ihre Hände, die sie gegen die Kante zwischen Decke und Wand gestemmt hatten, plötzlich nach oben verschwanden ...
    In den Fels hinein.
    »Camille! Ich hab ihn im Visier! Duck dich!« Gerade als der Löwe zum Sprung ansetzte, hallte Jons Stimme durch die Kammer.
    Ein Knall zerfetzte das Gewölbe, und Cammy krallte sich in den Stein über ihrem Kopf, um sich mit aller Kraft festzuhalten und nach oben in Sicherheit zu ziehen, während der Löwe unten gegen die Leiter flog und sie in den schmutzbedeckten Boden schleuderte.
    Cammy schaute nach oben und in einen Gang, der von mattem Goldglanz erhellt wurde. Sie hatte es gefunden!
    Dann gab die Decke nach.
    Gold. Staub. Dunkelheit.
    Camille schlug die Augen auf. Der Schock, in einem Krankenhausbett aufzuwachen, war in den vergangenen zwei Wochen nur unwesentlich abgeebbt. Immer noch hingen ihr unverarbeitete Eindrücke nach. Sie rieb sich mit dem Gesicht über ihre Schulter. Wenigstens fühlte sie sich hier einigermaßen sicher. Gold, Staub, Dunkelheit ... woher kamen diese Bilder? Ihr Blick wanderte über die Körbe und Blumensträuße am Bett von Camille Kingsley, Doktor der Ägyptologie. Sie kam sich eher vor wie ein Kind als eine ausgebildete Forscherin.
    Sie hatte keine Erinnerung mehr an die Ausgrabung oder ihren Sturz ... ihr ganzes Leben hatte sie sich mit Archäologie beschäftigt, doch nichts davon war ihr im Gedächtnis geblieben. Gold, Staub und Dunkelheit. Sie wünschte, sie könnte in ihr Gehirn greifen und hervorholen, was sie gesehen hatte. Falls sie irgendetwas gesehen hatte.
    Was für eine kümmerliche Weise, den Winter zu verbringen.
    Das Atmen schmerzte noch, wenn auch weniger als anfangs, daher wusste sie, dass ihre Rippen allmählich heilten. Fatima, ihre Krankenschwester, lächelte, als sie den Deckel von Camilles Frühstück hob. Krankenhausessen blieb Krankenhausessen, selbst in Ägypten. Camille blickte aus dem Fenster auf das aufstrebende Hurghada am Roten Meer. Nicht genug, dass sie in dieser trendigen Touristenfalle ausharren musste, sie durfte nicht einmal am Strand liegen!
    Geduldig klappte sie den Mund auf; es

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