Die Seherin von Knossos
schleierhaft.«
»Lies weiter«, drängte Lisa. »Es kommt noch besser.«
»Unter den Wassern des Kinneret-Sees in Israel hat Renfrock Holmes die Schlüssel zu einem direkten Gespräch mit Gott zu Tage gefördert.
>Gott selbst hat mir gesagt, wo ich graben soll<, erklärt der bekannte Archäologe und weist dabei auf eine in den See führende sandige Landzunge, wo schon Jesus gelehrt hat und wo die Rabbis, die den Talmud geschrieben hatten, ihre Operationsbasis hatten.«
Cammy überflog die Absätze, in denen sich der Autor über Renfrocks Brillanz und sein tête-à-tête mit Gott ausließ, »Genau wie damals Moses befahl mir Gott, die Schuhe auszuziehen!«, bis sie schließlich zu der Beschreibung der eigentlichen Fundstücke gelangte.
Sie las den Absatz zweimal durch und sah dann auf. »Unmöglich. Vollkommen unglaubwürdig.«
Jon schnaubte. »Man sollte meinen, selbst Renfrock würde merken, dass ihm kein Mensch so eine Geschichte abkauft.«
»Ein ägyptischer Lederbeutel mit zwei Steinen, die laut Holmes >eine Art Punkverbindung zu Gott< darstellen -«
Cammy weigerte sich zu lachen - es tat zu weh.
»>Der Beutel stammt etwa aus dem Jahr neunhundertsechzig vor Christus<«, erklärt Renfrock. »Möglicherweise ist es derselbe Beutel, in dem die Priester diese Steine trugen, während sie vor den angreifenden Ägyptern flohen.«
»Sind die Ägypter tatsächlich neunhundertsechzig vor Christus in Israel eingefallen?«, fragte Cammy.
»Lies weiter.«
Sie ackerte sich durch einen armselig verfassten Absatz, in dem Renfrock behauptete, dass die Ägypter »durch elektromagnetische Impulse« die Steine dazu verwendet hätten, die Pyramiden zu bauen. Cammy konnte nicht mehr, sie brüllte trotz der Schmerzen vor Lachen.
Der Artikel schloss mit Renfrocks Aufruf an seine etablierten Kollegen, »im Glauben fest zu sein« und »an die Wahrheit von Legenden zu glauben«.
»Gibt es da nicht eine Legende über irgendwelche Steine, die die Hebräer hatten?«, fragte sie, nachdem sie glucksend in die Kissen zurückgesunken war.
»Ja. Man nannte sie die Urim und Thummim«, antwortete Clyde. Anders als die Übrigen im Team mit ihrer strikt ägypto-logischen Ausbildung kannte er sich im gesamten Nahen Osten aus.
»Komische Namen«, meinte Lisa.
»Im Hebräischen steht >im< für den Plural. Sie bedeuten Gerechtigkeit und Gnade. Oder Licht und Vervollkommnung, je nach Übersetzung«, erklärte Clyde. »Der Legende zufolge hat Davids Hohepriester sie eingesetzt, um zu erfahren, welche Schlachten sie gewinnen würden.«
»David?«, fragte Brian.
»König David? Der Typ, der Goliath gefällt hat? War eigentlich jemals einer von euch in der Kirche?«, fragte Clyde lächelnd.
»Du meinst, er konnte mit Gott sprechen?«, hakte Jon nach. »Was für ein Riesenquatsch.«
»Wie haben die Steine funktioniert?«, erkundigte sich Cammy.
»Also«, erwiderte Clyde, allerdings bedeutend langsamer, »niemand weiß genau, wie sie eingesetzt wurden, doch der Hohepriester trug sie in seinem Ephod herum, seiner juwelenbesetzten Brustplatte, und er hat damit Israel eine Menge Ärger erspart.«
»Was ist aus ihnen geworden? Da sie meines Wissens in keinem Museum und keiner Sammlung liegen, nehme ich an, dass sie irgendwann verloren gegangen sind«, sagte Lisa.
»In der Bibel werden sie nur bis zur Teilung der Monarchie erwähnt, das heißt bis zu Salomons Tod neunhundertdreißig vor Christus.«
»Also hat Renfrock sich im Datum geirrt.« Jon schüttelte abfällig den Kopf.
»Wann sind sie das erste Mal aufgetaucht?«, fragte Brian.
»Sie werden in der Bibel bei Moses und Aaron erwähnt, obwohl diese Stellen möglicherweise erst später eingefügt wurden. Man berichtet, dass Saul und David jeweils ein Paar besaßen. Herrgott, es gibt Legenden, in denen Noah sie auf der Arche dabei hatte und einer seiner Söhne sie an sich genommen hat«, sagte Clyde.
»Noah? Seine Söhne?«, hakte Jon nach.
»Da kenne sogar ich mich aus«, mischte sich Brian ein. »Noah hatte drei Söhne: Harn, Sem und Japheth. Alle Menschen auf der Welt.«
»Der Welt aus Sicht der Hebräer«, warf Lisa ein. »Ich glaube nicht, dass Asien und Australien mit eingeschlossen waren.«
»Nein, das wohl kaum«, bestätigte Brian. »Also, Sem wurde Urvater der semitischen Völker. Araber, Juden und so weiter. Ham wurde Urvater der Ägypter, Kanaaniter, Libyer und Äthiopier.«
»Also von halb Afrika«, sagte Cammy.
»Japheth werden die nördlichen Völker zugeschrieben:
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