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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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Kindes einem Schwein übertragen können, möchte ich wissen, ob der umgekehrte Vorgang auch möglich ist«, sagte Spiralenmeister.
    »Wird das Schwein überleben, wird es tatsächlich wieder fressen und zu seiner Herde zurückkehren können?«
    Spiralenmeister piekte das Schwein mit einem langen, zittrigen Finger. Das Schwein grunzte, rührte sich aber nicht. »Wenn das Blut von einem Wesen in ein anderes übertragen werden kann, dann können wir das Leben unbegrenzt lange erhalten. Denn im Blut liegt das Leben.«
    »Meister«, sagte Phoebus, »soll das heißen, dass du Blut von einem Menschen in einen anderen übertragen könntest?«
    Spiralenmeister heftete seinen dunklen Blick auf Phoebus. »Wenn wir einem sterbenden, nein, sogar einem toten Wesen lebendes Blut spenden können, können wir es damit wieder zum Leben erwecken.«
    »Ihr wollt die Toten mit dem Blut der Lebenden wiedererwecken?« Spiralenmeister antwortete ihm nicht, und Phoebus schickte schaudernd ein Schutzgebet an Kela.
    »Spiralenmeister! Spiralenmeister!« Der Ruf klang angstvoll und ungeduldig. Phoebus führte den Alten nach nebenan. Ein Schreiber entbot ihnen mit großen Augen und schweißnassen Wangen einen hastigen Gruß. »Meister, ihr müsst mitkommen. Eine große Krankheit hat meinen Blutvater überkommen!«
    Mühsam kletterten sie in die Tragsessel; Phoebus wagte nicht, Spiralenmeister allein zu lassen - bisweilen konnte sich der Zauberer kaum mehr auf den Beinen halten. Sie wurden erst durch das Labyrinth von Räumen im Palast getragen, dann hügelabwärts und über die Brücke in die Stadt Daphne. Der Schreiber, ein junger Skolomantiker, war Sohn eines aztlanti-schen Kaufmanns. Die Villa war riesig und von einem Weingarten umgeben, der sich in Terrassen über den ganzen Hang bis zum Meer hinab erstreckte.
    Frauen kauerten rund um die Feuerstelle in der Mitte des
    Raumes, die Blicke auf den Mann gerichtet, der in tief gefärbten Leinen ruhte. Keine wagte sich an das Krankenbett heran. »Wann ist das passiert?«, fragte Spiralenmeister.
    »Er ist seit einigen Tagen nicht mehr er selbst«, sagte eine ältere Frau, die Phoebus für die Gemahlin des Kaufmanns hielt. »Er kann nicht essen, kann nicht schlafen. Er wollte unbedingt an den Hafen gehen, und dort ist er gestern auf dem Pier zusammengebrochen. Seither liegt er so da.«
    Phoebus kniete nieder und tastete die Stirn des Mannes ab.
    Kein Fieber, kein Schweiß.
    »Irgendwelche Wunden oder Bisse?«, fragte Spiralenmeister.
    »Nichts, Meister«, antwortete die Frau. »Wir haben ihn gebadet und geölt.«
    Sie rechnen damit, dass er stirbt, dachte Phoebus.
    Die Frau sprach weiter. »Er spricht kein Wort, sondern lacht nur und starrt in die Luft.« Der Patient lag reglos da, den Blick blind gegen die bemalte Decke gerichtet. Noch während sie ihn betrachteten, begann seine Kehle krampfhaft zu zucken, so als bekäme er keine Luft mehr.
    »Prüf seinen Ösophagus«, befahl Spiralenmeister.
    Phoebus kniete nieder, zwang den Mund des Mannes auf und wandte den Kopf ab, so fauliger Atem wehte ihm entgegen. In einem plötzlichen Anfall begann der Patient zu schlottern, wild um sich zu treten, Phoebus fortzustoßen und zu lachen . ein hysterisches, gespenstisches Geräusch. Spiralenmeister zog Phoebus zurück.
    »Was hat die Kela-Tenata gesagt?«, fragte Phoebus.
    »Sie hat ihm einen Mondstein-Tee eingeflößt und uns dieselben Fragen gestellt wie ihr. Ihr Herren, was ist mit ihm?«
    »Wieso ist sie nicht hier?«, fragte Phoebus’ Spiralenmeister leise. Dieser Mann lag ganz offensichtlich im Sterben, er hatte sein Läuterungsbad bekommen, damit er Einlass auf den Inseln der Gesegneten fand, doch seine Heilerin war verschwunden, bevor sie alles nur Erdenkliche versucht hatte.
    »Sie hat gesagt, es gebe heute zu viele Kranke in der Stadt. Noch während sie hier war, hat man dreimal nach ihr gefragt«, erklärte die Frau des Kaufmanns.
    Phoebus und der Spiralenmeister baten die Übrigen hinaus.
    »Hast du so etwas schon einmal gesehen, Meister?«, fragte Phoebus und erwartete ein Nein als Antwort.
    »Ja.«
    »Was? Wann denn?«
    Spiralenmeister schleppte sich zu einem behauenen Steinsessel und lehnte sich dagegen, als könnte er seinen Körper nicht weit genug abknicken, um darin zu sitzen. »Etwas Ähnliches befällt Hreesos’ Kabinettsmitglieder.«
    Phoebus’ Haut prickelte.
    »Sie welken dahin wie die Blumen. An einem Tag strotzen sie noch vor Gesundheit, am nächsten liegen sie darnieder. Und am

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