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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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fortan auseinander gerissen und verkauft werden. Ipiankhu beugte sich nochmals vor, um Senwosret etwas zuzuflüstern.
    »Außerdem«, ergänzte Pharao, »werde ich einem aus eurem Dorf die Gunst gewähren, mich in meinem Palast zu besuchen und hier in Avaris als Abgesandter eures Dorfes zu dienen.«
    Cheftus Lippen zuckten. Gerissener alter Fuchs! Teile und herrsche. Jetzt wären die Männer viel zu versessen darauf, dieses neue Amt zu bekommen, als dass ihnen auffallen würde, dass sie sich für alle Zeiten verkauft hatten. Hatte hier die spätere wirtschaftliche Macht Pharaos ihren Ursprung?, überlegte Cheftu. Bei diesem Mann? Wenn Senwosret diese Vereinbarung auch nur jedem zweiten Adligen anbot, dann würde das die Größe der königlichen Besitzungen in zukünftigen Generationen erklären. Cheftu ließ sich keine Regung anmerken.
    »Was sagt ihr?«
    Die Alten sahen einander an. »Meine Majestät, wen wirst du auswählen?«
    »Niemanden, ehe ich weiß, dass wir uns einig sind.«
    Sie steckten die Köpfe zusammen und diskutierten leise. Ihr habt gar keine Wahl, dachte Cheftu.
    »Ja, wir sind einverstanden, Meine Majestät«, verkündete schließlich ein älterer Mann. »Und ich benenne -«.
    »Sagt das dem Schreiber«, schnitt Pharao ihm das Wort ab. »Einer von euch wird heute Abend an meinem Tisch sitzen. Leben, Gesundheit und Wohlergehen wünsche ich euch und euren Familien.«
    Während sie sich rückwärts zur Tür zurückzogen, kündigte der Zeremonienmeister bereits den nächsten Bittsteller an.
    Mit glasigem Blick verfolgte Cheftu, wie die Bittsteller vor Pharao wechselten. Männer, Frauen, alle vom höchsten Priester bis zur niedrigsten Biermagd hatten das Recht, Amun-Re in seiner Verkörperung durch Pharao um Gehör zu bitten.
    Schließlich leerte sich der Saal von Bittstellern, und der Schreiber erhob sich, denn Pharao wollte gleich danach die armseligen Truppen inspizieren. Ermüdet von dem langatmigen Ritual, traten die Höflinge von einem Fuß auf den anderen. »Hat Meine Majestät nicht etwas vergessen?«, meldete sich Nestor, der Gesandte, zu Wort.
    Cheftu sah, wie Imhotep und Ipiankhu einen Blick wechselten. Er spürte, wie ihm die Kehle eng wurde. Sein Daumen rieb über den aztlantischen Ring und drehte ihn an seinem Finger.
    »Hast du eine Bitte, Fremder?«, fragte der Zeremonienmeister.
    Nestor zeigte ein Raubtierlächeln, wie Cheftu fand. »Grüße von Hreesos Zelos.« Er trat vor, wobei die Federn in seinem Haar zu wippen begannen. Auf sein Fingerschnippen hin wurden die Türen zum Saal geöffnet. Der gesamte Hofstaat staunte lautstark über die Geschenkparade.
    »Besticktes Leinen aus Arachne, der Sippe der Muse!«, rief
    Nestor aus, während leuchtendbunte Stoffballen vor Pharaos Füßen ausgerollt wurden.
    »Weiche Felle aus Kouvari, der Sippe des Horns!«
    Leoparden-, Zebra- und Löwenfelle wurden über die Stufen des Podestes gebreitet.
    »Geheimnisse des Meeres aus Ariadne, der Sippe der Woge!«
    Eine Schneckenmuschel, groß wie eine ausgewachsene Katze und voller Perlen, wurde Pharao zu Füßen gelegt.
    »Juwelen aus den Katakomben Plutos, der Sippe des Steins!« Eine Holzkiste wurde Pharao überreicht. Ipiankhu öffnete sie vorsichtig, und Cheftu hätte beinahe durch die Zähne gepfiffen. Edelsteine wie Turmaline, Türkise, Saphire, Zitrine und Onyx quollen aus der Kiste.
    »Köstlichkeiten aus der Sippe des Rebstocks!«
    Sklaven trugen spitze Alabaster- und Muschelamphoren herein und stellten sie in goldenen Haltern um Pharao herum auf. Körbe mit getrocknetem Obst wurden zu seinen Füßen abgestellt.
    Lächelnd hielt Nestor inne.
    »Und jetzt, Meine Majestät, präsentiere ich das kostbarste Geheimnis, die luxuriöseste Ausfuhrware unseres Imperiums.« Er lachte und klang plötzlich ein wenig draufgängerisch.
    »Aus dem Kult der Schlange beschenke ich dich mit Pythia, einer Tempeltänzerin!«
    Flöten begannen zu spielen, und eine Frau glitt in den Raum. Ihr Leib war von Kopf bis Fuß gehüllt in . einen bloßen Schleier. Haar in der Farbe reifer Beeren fiel ihr bis auf die Knie, und Cheftu bekam mit, wie die Höflinge zurückwichen und ihre Amulette festhielten.
    Nicht nur, dass sie rothaarig war, zu allem Überfluss waren ihre Augen tiefblau. Nestor hatte einen fatalen Fehler begangen, erkannte Cheftu. Zwar war an der Verführungskraft ihrer Bewegungen nichts zu deuteln, doch glaubten die Ägypter, dass alle Rothaarigen mit Seth, dem Zerstörer-Gott, im Bunde waren. Seth hatte

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