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Die Sehnsucht der Krähentochter

Die Sehnsucht der Krähentochter

Titel: Die Sehnsucht der Krähentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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sie
taxierte.
    »Ich werde gehen«, fuhr
er fort. »Aber du kannst mir nicht verbieten, weiter um dich zu kämpfen.«
    »Doch, das kann ich«,
antwortete sie so schnell, dass es sie fast selbst überraschte. »Weil es
sinnlos wäre.«
    »Mit sinnlosen Unterfangen
kenne ich mich aus.« Er lachte leise. »Vielleicht endet eines davon ja mal
glücklich für mich.«
    Er drehte sich um.
Bernina sah es nicht, sie hörte lediglich seine Schritte.
    Nur kurz darauf, Bernina
und Anselmo standen noch immer an derselben Stelle, ritt der Schwede davon,
aufrecht wie immer im Sattel sitzend, den Hut tief ins Gesicht gezogen. Er
blickte nicht mehr zu ihnen.
    Wieder einmal verschwand
er aus Berninas Leben. Erleichterung verspürte sie, aber doch auch etwas
anderes, etwas, das für sie irgendwie nicht zu fassen war, worüber sie nicht
weiter nachzudenken wagte.
    Die Hufschläge des
Hengstes waren gerade erst verklungen, als Anselmo erneut aufatmete – diesmal
hörbar, ganz offen. »Einen Moment lang«, meinte er mit ruhiger Stimme,
»zweifelte ich schon, ob deine Antwort nicht anders ausfallen würde.«
    Bernina sah ihn an. »Ich
muss mit dir sprechen.« Sie lächelte, aber mit einem traurigen Ausdruck.
Während sie auf die Hütte zugingen, begann sie zu erzählen. Von einem
namenlosen Teich irgendwo inmitten einer namenlosen spanischen Einöde, von
sich, von Nils Norby, doch sie kam nicht weit. Noch vor der Hüttentür
unterbrach Anselmo sie, indem er ihr den Arm auf die Schultern legte, sanft,
zugleich auch bestimmend. Sie blieben stehen. Seine Fingerspitzen fuhren ganz
leicht über ihre Lippen. »Nein«, sagte er. »Du musst dich nicht gezwungen
sehen, mir etwas zu berichten. Oder gar zu beichten. Es ist besser, wenn ich
nicht alles weiß. Sieh mal, Bernina, ich habe mich ja selbst nicht richtig
verhalten. Nicht nur, dass ich damals, ohne ein offenes Wort für dich zu haben,
mit Pablo nach Karlsruhe aufbrach.« Er nickte. »Ja, ich sage ›nicht nur‹. Denn
ich war in jenen Tagen nicht ehrlich zu dir.«
    Bernina betrachtete ihn,
wartete ab.
    »Du hattest damals nicht
unrecht mit deinen Vermutungen, ich gebe es zu. Zum ersten Mal fühlte ich mich
auf dem Petersthal-Hof nicht mehr so glücklich. Gedanken spukten in meinem Kopf
herum, Erinnerungen an die Zeit, in der wir Gaukler waren. Die Freiheit, der
Sonne entgegen zu fahren. Die Worte, die du gebraucht hast, Bernina, trafen in
Wirklichkeit ziemlich genau das, was ich damals dachte.« Er beobachtete, wie
sie reagierte. Als sie weiterhin schwieg, fuhr er fort. »Dann auch noch die
Geschichte mit Pablo. Zu einem anderen Zeitpunkt hätte ich womöglich nicht so
gehandelt, wie ich es tat. Aber … Aber jetzt ist mein dummer Schädel wieder
klar.«
    »Es ist gut, Anselmo«,
ließ sie nun doch ihre Stimme ertönen, ruhig, in ihren Augen ein Glanz. »Das
ist doch nur normal. Wichtig ist, dass wir wieder lernen, gleich miteinander zu
sprechen.«
    Er
nickte. »Du hast recht.« Er lächelte. Zum ersten Mal seit Langem mit dem
schelmischen Ausdruck unbeschwerter Zeiten. »Wie immer.«
    Sie
umarmten sich, sie küssten sich. Und dann wiederholte Anselmo noch einmal: »Ja,
ich bin wieder klar. Ganz klar.«
    Das
hoffe ich, dachte Bernina, ohne einen Laut zu äußern, das hoffe ich so sehr –
wenn doch alles nur wieder so wie früher sein könnte …
    Den
Abend verbrachten sie in der Hütte, begleitet vom sanften Klopfen des Regens,
der mit der Dunkelheit eingesetzt hatte. Berninas Knöchel war ein wenig
angeschwollen, aber das bereitete ihr keinerlei Sorgen. Zwei Tage darauf war
die beschädigte Achse des Wagens ersetzt worden, und sie verließen das Dorf, so
leise und unauffällig, wie sie hier eingetroffen waren. Anselmos Laune war seit
Norbys Verschwinden sichtlich gestiegen. Und nicht nur das. Die Verzögerung in
dem französischen Dorf hatte seinem Oberschenkel geholfen. Die Entzündung war
abgeklungen, er trat mit festerem Schritt auf als zuvor, und seine Stirn hatte
ihr Glühen verloren. Womöglich war es ja der Schwede gewesen, der das Fiebrige
in ihm ausgelöst hatte. Er selbst hatte eine Bemerkung in diese Richtung
gemacht, natürlich scherzhaft gemeint. Der Blick jedoch, den er darauf mit
Bernina wechselte, ließ erkennen, was beide dachten: Darin konnte durchaus ein
Körnchen Wahrheit stecken.
    Trotz des schweren,
nassen Untergrundes und der Kälte, die sich mittlerweile auch von zeitweiligem
Sonnenschein nicht mehr vertreiben ließ, kamen sie recht gut voran.
Nebeneinander saßen

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