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Die Sehnsucht der Krähentochter

Die Sehnsucht der Krähentochter

Titel: Die Sehnsucht der Krähentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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viel Freude bereitet hatten.
    Und
während der ganzen Zeit fühlten sie, wie der Narr sie ansah. Erleichtert
aufgrund ihrer Hilfe. Und vor allem mit ungläubiger Überraschung. Als wären es
Gespenster, mit denen er hier tanzte. Schließlich hatte er mit Bernina und
Anselmo ebenso wenig rechnen können wie sie mit ihm.
     
    *
     
    Es wurde ein langer Abend im feuerwarmen Wohnhaus der Zipfners,
einer, der als schönster überhaupt in die Geschichte des Hofes eingehen sollte.
Angesichts der vergnügten Stimmung fiel es niemandem sonderlich auf, dass sich
die drei einzigen Fremden nach ihren schwungvollen Vorführungen in eine
ruhigere Ecke zurückzogen, um auf kurzbeinigen Hockern eng beisammen zu sitzen
und miteinander zu sprechen.
    Baldus konnte es noch
immer nicht fassen, wer dafür gesorgt hatte, dass seine wenig gelungenen
Darbietungen nicht in einem Fiasko endeten. Die Ungläubigkeit sprach noch aus
seinen Augen, als er immer wieder abwechselnd auf Bernina und Anselmo starrte.
Noch bevor er dazu gekommen war, Fragen über ihren Verbleib in den vergangenen
Monaten zu stellen, hatte sich Bernina nach seinen eigenen Erlebnissen
erkundigt.
    Der Gnom rollte mit
seinen gewitzten Augen und beschrieb vage Gesten mit seiner Rechten. »Ich
verschwand schon bald nach Ihnen beiden aus Teichdorf. Der Boden wurde dort zu
heiß für mich. Als Knecht des Petersthal-Hofes stand man, ehrlich gesagt, nicht
in bestem Ruf.«
    »Man sprach noch über
mich in Teichdorf«, schloss Bernina aus diesen Worten.
    »O ja.« Er nickte
heftig. »Man nannte Sie Krähenhexe und Krähentochter. Man sagte, Sie wären nur
durch schwarze übernatürliche Kräfte dem Turmgefängnis entkommen. Alle wussten,
dass Sie das gleiche Schicksal erwartete wie Ihre Mutter.«
    »Das vermutete ich
bereits. Damals allerdings auf dem Weizenfeld, als ich die Krähen vertrieb, da
spürte ich Dankbarkeit bei vielen Menschen.«
    »Die Leute haben einfach
Angst. Sie sehen in jedem Schatten etwas Böses. Die Spanier haben immer
rücksichtsloser geherrscht. Manchmal hatte man fast schon den Eindruck, die
Teichdorfer würden eine der Armeen, die nichts als Verwüstung bringen, diesen
Männern vorziehen.«
    »Aber es kam keine
Armee?«, fragte Anselmo, während um sie herum von Neuem die Klänge der
Lautenmusik und das Gelächter der Feiernden aufbrandeten.
    »Nein. Als bekannt
wurde, dass Arnim von der Tauber tot war und dieser d’Orville besiegt schien,
bedauerte man endgültig, die Spanier ins Herz des Dorfes eingelassen zu haben.«
    »Wie wir hörten, schlägt
d’Orville wieder zurück.«
    »Ja, er hat neue
Truppen. Sie halten sich schon wieder in Baden auf. Die Furcht lässt sich nicht
vertreiben, die Gewalt lässt sich nicht vertreiben. Jeden Tag beginnen die
einfachen Leute mit einem angstvollen Zittern, und jeden Abend gehen sie mit
einem Zittern zu Bett. In Gundelfingen ist es so, gewiss auch in Teichdorf und
den anderen Ortschaften ringsum.«
    »Dieser Krieg …«,
flüsterte Anselmo.
    »Ich hörte die Leute
sagen, dieser Krieg ist das Werk des Teufels. Er wird so lange dauern, bis bloß
noch verbrannte Erde zurückbleibt und die ganze Menschheit ausgelöscht ist.
Über 20 Jahre schon! Und kein Ende in Sicht.«
    »Wie
erging es dir, nachdem du Teichdorf verlassen hast, Baldus?«
    »Ach.«
Er winkte ab. »Sie wissen ja, wie ich aussehe, Frau Bernina. Und trotzdem gaben
Sie mir eine Chance. Sie stellten mich ein, hatten Zutrauen in mich. Aber die
Menschen sind nicht so wie Sie. Es war nicht leicht für mich. Ich musste mir
jede Mahlzeit hart verdienen. Mit allen möglichen und unmöglichen Arbeiten. Ich
musste das ergreifen, was sich mir bot. Durch Zufall erfuhr ich, dass ein Narr
gesucht wird. Also stibitzte ich mir diese Mütze, nähte mir aus Stofffetzen
mein albernes Kostüm und sprach Bauer Zipfner in Gundelfingen an. Nun ja …« Er
zeigte ein kurzes peinlich berührtes Lächeln. »Sie sahen ja, was herauskommt,
wenn man etwas tun muss, das man nicht beherrscht.«
    Anselmo
schlug ihm kurz auf die Schulter und grinste, allerdings nicht allzu spöttisch.
»Ein wenig Übung täte dir wahrlich gut.«
    Alle drei lachten.
    »Und was ist mit dem
Petersthal-Hof?«, schlug Bernina gleich wieder ein ernsteres Thema an.
    Baldus hob die
Schultern. »Ich habe nie wieder einen Fuß auf den Grund des Hofes gesetzt.« Unschlüssig
sah er sie an. »In Gundelfingen versuchte ich stets, so viel wie möglich
aufzuschnappen. In den Gasthäusern wurde und wird einiges geredet.

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