Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
Vom Netzwerk:
Aufmerksamkeit des Vampirs auch weiterhin auf sie allein gerichtet blieb.
    Ihr drehte sich der Magen um bei der Aussicht, in der Nähe einer so üblen Kreatur zu sein, denn jetzt konnte sie ihn ganz deutlich und ohne die Sinnestäuschung sehen, die Untote nicht selten bei ihren Opfern anwandten. Das Fleisch hing ihm schlaff von den Knochen. Vereinzelte Haarbüschel sprossen noch aus seinem Schädel. Seine langen, dicken Fingernägel waren wie hakenförmige Krallen, scharf und schwarz. Seine Augen schienen rot zu sein, mit gelben Sprenkeln. Durch die Wunde in seinem Bauch konnte Joie die verfaulenden Gedärme, die schwarzen Käfer und weißen Würmer sehen, die aus ihm herausquollen. Außerdem strahlte er etwas ungeheuer Bösartiges aus, das ihr Übelkeit verursachte und die Luft um ihn verpestete. Statt zu versuchen, nicht weiter auf ihn zuzugehen, musste Joie ihre zitternden Beine jetzt dazu zwingen, einen Schritt nach vorn zu setzen.
    Ein Ausdruck der Ungeduld erschien auf seinem Gesicht, und er fletschte ärgerlich die Zähne.
    Joies Herz schlug schneller, obwohl sie wusste, dass sie ruhig bleiben musste. »Mich mit so einem mächtigen Mann zusammenzutun, von dem ich mir ziemlich sicher bin, dass er schon bald über alle anderen herrschen wird, scheint mir eine gute Idee zu sein. Ich habe Kraft schon immer sehr bewundert«, sagte sie beschwichtigend, als ihr Zögern allzu offensichtlich wurde.
    Nur noch Zentimeter von seiner ausgestreckten Hand entfernt, stolperte sie absichtlich über ein Stück der zersplitterten Tür, strauchelte und fiel. Im Fallen drehte sie sich leicht und stützte sich mit einer Hand auf dem Boden, was ihr ein paar kostbare Sekunden verschaffte, um mit ihrer anderen Hand nach dem Messer in ihrem Stiefel zu greifen und die Klinge in ihrem Ärmel zu verbergen.
    Valenteen beugte sich über sie, und widerlicher Speichel rann aus seinem Mund, als er sie an den Haaren packte und auf die Beine zog. Er zerrte sie an sich und riss ihren Kopf zurück, um ihre Kehle zu entblößen und gierig die Zähne in ihr Fleisch zu schlagen, bevor er schmatzend trank.
    Joie registrierte noch den brennenden Schmerz einer ätzenden Säure, als das Scheusal eine klaffende Wunde in ihren Nacken riss, doch dann verschwamm alles vor ihren Augen, und der Boden schwankte, als urplötzlich alle Kraft aus ihren Beinen wich. Sie konnte das Klopfen seines Herzens hören, aber nicht sein Schlagen spüren. Ohne einen Laut des Protests von sich zu geben oder sich zur Wehr zu setzen, gab Joie vor, sich in ihr Schicksal zu fügen. Etwas von der Anspannung des Untoten wich von ihm – und Joie stieß ihm mit aller Kraft ihr Messer in die Brust und trieb es ihm ins Herz.
    Valenteen riss den Kopf hoch und stieß einen markerschütternden Schrei aus, der das Glas in den Fenstern zersplittern ließ, packte Joie am Haar und riss sie mit sich. Trotz des Messers in seinem Herzen versuchte sein Körper noch, sich aufrecht zu halten. Fest entschlossen, ihr das Genick zu brechen, ergriff Valenteen mit einer Hand Joies Kinn.
    An dem Blut, das aus der Wunde an ihrem Nacken quoll, rutschte seine Hand jedoch ab, und Joie umklammerte mit beiden Händen die Faust in ihrem Haar, um sie an ihrem Kopf zu halten. In einer einzigen Bewegung ging sie blitzschnell in die Hocke, fuhr herum, sprang wieder auf und hörte das Knacken, mit dem die Knochen seiner Hand zerbrachen. Mit einem schrillen Aufheulen ließ Valenteen sie los und holte mit seinen giftigen Krallen nach ihr aus.
    In genau diesem Moment tauchte Traian aus dem Dunkel auf. Seine Augen glühten wie Flammen. Er riss den Vampir von Joie zurück und drehte ihm mit einem schnellen, harten Ruck den Hals um. Dabei fiel der nutzlos gewordene Griff des Messers zu Boden, das von der Säure im Blut des Untoten schon vollständig zerfressen worden war. Traians Faust schoss vor, bohrte sich tief in die Brust des Vampirs und folgte der Spur der Klinge. Valenteen parierte den Angriff mit der gleichen Bewegung und stieß seine unverletzte Hand in Traians Oberkörper.
    Auge in Auge standen der Meistervampir und Traian sich gegenüber und versuchten, sich gegenseitig das Herz herauszureißen. Traian ignorierte den Schmerz der Krallen, die sich durch Muskeln und Gewebe bohrten und ihm das Fleisch zerfetzten. Er hatte nur ein Ziel: Er musste Valenteen zuvorkommen und das Scheusal töten, selbst wenn der Vampir es schaffen sollte, auch ihn umzubringen. Joie und ihre Geschwister hätten keine Chance, falls es

Weitere Kostenlose Bücher