Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)
sich augenblicklich, explodierte buchstäblich von widerlichen weißen Parasiten und spie eine Fontäne aus Asche und Schlacke in die Luft. Sein Mund war aufgerissen, die Zähne gefletscht, und die roten Augen schworen Vergeltung. Aber dann war auch das vorbei. Nur die Hand war noch von ihm geblieben, und die Krallen zogen lange Furchen in den Boden, als sie in einem letzten Akt der Bosheit an den karpatianischen Jäger heranzukommen versuchte. Doch der Blitz zuckte auch zu der Hand hinüber und ließ sie in Flammen aufgehen.
Kaum waren auch die letzten Überreste von Valenteen zu Asche zerfallen, hörten die Fledermäuse und Insekten auf, Traian zu traktieren, und flogen ziellos durch die Gänge, als hätten sie ohne die Führung ihres Meisters keine Ahnung, was zu tun war.
Traian badete seine Hände und Arme in der reinigenden Energie und entfernte die Säure, die ihm die Haut verätzte, bevor er auf unsicheren Beinen zu Joie hinüberging. Sie lag im Gang auf dem Boden und beobachtete ihn mit einer Art Ehrfurcht in den Augen. Wegen der Wunde an ihrem Nacken und des Blutverlusts konnte sie nicht sprechen, und sie war auch kaum noch bei Bewusstsein, doch sie schien zu wissen, dass sie alle bei ihr waren. Ihre Finger bewegten sich ein wenig an Gabrielles Schenkel, wie um ihre Schwester zu beruhigen.
»Deine Wunde muss zuerst versorgt werden«, sagte Gary zu Traian. »Du wirst Joie umwandeln müssen, und das kannst du ohne Kraft nicht. Jubal, wir brauchen Erde – in meinem Schrank ist eine Tüte. Hol sie schnell!«
Jubal nickte und zwang sich, seinen von Stichen und Bissen angeschwollenen, vor Schmerzen pochenden Körper zu bewegen. In Garys Zimmer riss er die Schranktür auf und suchte nach der Tüte mit der heilkräftigen karpatianischen Erde.
»Ich verstehe nicht, wie sie von dem Zimmer über uns hineingelangen konnten«, schluchzte Gabrielle und drückte Joies Wunde noch fester zu. »Unternimm etwas, Traian! Ich kann die Blutung nicht aufhalten.«
»Wer auch immer das Zimmer über meinem hat, muss die Vampire hereingelassen haben«, erklärte Gary, zog offenbar völlig unbefangen ein Messer über sein Handgelenk und hielt das hervorquellende Blut Traian hin. »Trink jetzt. Später wirst du noch mehr benötigen. Du weißt, was du zu tun hast, wenn Joie überleben soll.«
«Was?«, fragte Gabrielle und blickte entsetzt von einem Mann zum anderen. »Sagt mir, was wir tun müssen. Lass sie nicht sterben, Traian!«
»Gib eine Hand voll Erde in diese Schale und bring sie her«, wies Gary Jubal an.
Traians Blick wich nicht von Joie, und sein Geist war fest mit ihrem verschmolzen, während er vom Handgelenk des anderen Mannes trank. Bleib bei mir, sivamet. Meine Liebste. Du musst mir jetzt vertrauen und dich in meine Obhut geben.
Joie versuchte, ihn beruhigend anzulächeln. Ihr war kalt, sehr kalt, aber sie hatte keine Schmerzen mehr und wusste, dass sie im Begriff war, alle anderen für immer zu verlassen. Gabrielle, ihre geliebte Schwester, die so verzweifelt versuchte, ihre Blutung zu stillen, Jubal, der ebenso entschlossen war, sie zu retten, und Traian … Traian . Sie erinnerte sich nicht, ob sie ihm je gesagt hatte, dass sie ihn liebte. Sie hätte es nie für möglich gehalten, dass sie einen Mann finden würde, den sie lieben konnte. Wie schade, dass sie nicht mehr Zeit mit ihm gehabt hatte!
Du wirst bei mir bleiben! Diesmal war es ein Befehl.
Traian schloss die Wunde an Garys Handgelenk und nickte ihm dankend zu, bevor er sein Gesicht an Joies zerfetzte Kehle legte und seinen eigenen heilkräftigen Speichel benutzte, um die Wunde zu verschließen. Sie brauchte Blut und Erde, aber vor allem brauchte sie Kraft, um die Umwandlung zu überstehen, und ihnen blieb nur noch sehr wenig Zeit.
»Karpatianische Erde«, bemerkte Gary, als er Jubal die Schale aus den Händen nahm. »Wir brauchen deinen Speichel, Traian, um die Mischung herzustellen, mit der ich das Loch in deiner Brust verstopfen werde.«
Traian blickte auf seinen blutüberströmten Oberkörper herab. Er war sich seiner Wunden kaum bewusst gewesen, weil er alle Schmerzen ausgeblendet hatte, bis er Joies Sicherheit garantieren konnte. Nun kam er Garys Bitte nach und vermischte seinen heilkräftigen Speichel mit der mineralhaltigen Erde seines Heimatlandes. Während Gary schnell eine Paste herstellte, bemerkte er, wie aufmerksam Gabrielle jede seiner Bewegungen verfolgte.
»Du wirst dich nun aufsetzen müssen, Traian«, sagte Gary. »Ich werde
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