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Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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fragte Jubal.
    »Ich weiß nicht. Für einen Moment glaubte ich zu sehen, wie sich unter der Erde etwas bewegte. Ich weiß, das klingt verrückt, Jubal, doch der Boden hob sich etwa einen Zentimeter an, als kröche etwas Lebendiges darunter durch.« Sie schaute sich um und bemerkte erst jetzt den Nebel, der auf sie zuströmte. »Dieser Ort ist mir wirklich nicht geheuer.«
    »Komm schon, Joie! Wir verschwinden hier«, beschloss Jubal und begann, ihre Ausrüstung einzusammeln. »In zwei Stunden wird es sowieso schon dunkel.«
    Joie war dabei, jeden Zentimeter des Felsvorsprungs und der Nischen rechts und links davon zu untersuchen. Der Fels war mit Gesträuch und Gräsern überwachsen, und in der Nähe erhoben Wildblumen ihre bunten Köpfe zu der schwächer werdenden Sonne, um die letzten Strahlen aufzufangen.
    Mit schmalen Augen trat Joie so nahe wie möglich an die große Felszunge heran und konzentrierte sich voll und ganz auf die vorspringende Oberfläche und jeden Riss und Schatten. »Ich habe mich noch nie im Leben so getrieben gefühlt. Ich glaube nicht, dass ich gehen kann, ohne den Eingang gefunden zu haben«, gab sie ehrlich zu. »Tut mir leid – aber wenn ihr von hier verschwinden wollt, nur zu. Ich komme nach, sobald ich kann.«
    Jubal und Gabrielle wechselten einen langen, vielsagenden Blick. »Na klar, Schwesterchen, wir werden dich einfach ganz allein hier oben lassen. So wie wir dich kennen, würdest du in einer Höhle verschwinden und dich mit einem Troll zusammentun«, sagte Gabrielle. »Wenn du so weitermachst, wird genau das passieren, was Mom dir immer prophezeit.«
    »Ha, ha«, antwortete Joie, die noch immer stirnrunzelnd den Felsvorsprung abtastete.
    »Wie heißt dieser Gebirgszug eigentlich?«, fragte Jubal wie nebenbei, aber sein Blick ruhte aufmerksam auf seiner Schwester, die nicht aufhörte, den Fels zu untersuchen. »Die Moore sind sogar recht schön. Wenn es nicht so gruselig hier wäre, könnte ich in dieser Gegend leben.« Als Gabrielle ihn mit erhobener Augenbraue ansah, lachte er. »Ehrlich. Ich muss nicht in einer Stadt wohnen. Ich habe die gleichen Gene wie ihr beide. Ich hab nur gern Geld, wisst ihr. Das brauche ich für euch beide, um euch aus all den Schwierigkeiten herauszuhelfen, in die ihr euch bringt.«
    »Du Spinner«, sagte Joie liebevoll, doch ohne ihn anzusehen. »Du hast genug Geld, um deinen blöden Job zu kündigen und etwas Nützliches mit deinem Leben anzufangen. Etwas Humanitäres. Hier ist ein kleiner Sprung, der über die ganze Länge des Steins verläuft. Etwas daran ist komisch, Jubal, komm mal her und sieh ihn dir an! Du bist ja ungewöhnlich gut im Lösen von Rätseln.«
    »Mein humanitärer Beitrag an die Welt ist, auf euch zwei Abenteuerlustige aufzupassen«, stellte Jubal klar, während er sich langsam aufrappelte. »Ohne mich, um euch zu bremsen, wäre die Welt ein beängstigender Ort.« Er blickte zu den seltsamen, sich immer tiefer herabbewegenden Nebelschleiern auf. »Ungefähr so beängstigend wie dieser hier«, sagte er und schlenderte zu Joie hinüber, um die Oberfläche des Felsvorsprungs zu untersuchen.
    »Wir sind in den Apuseni Mountains, die zu den Karpaten gehören, du Banause«, klärte Gabrielle ihren Bruder auf. »Wenn du auch nur ein bisschen darauf achtgegeben hättest, was wir sagten, wüsstest du das. Und du könntest genauso wenig deine Luxuswohnung aufgeben und in den Bergen leben, wie du den englischen Kanal durchschwimmen könntest. Und vielleicht darf ich noch hinzufügen, dass wir es sind, die auf dich aufpassen.«
    »Hier!«, sagte Joie triumphierend. »Ich kann den Atem der Höhle im Gesicht spüren. Der Eingang ist hier. Ich habe bloß keine Ahnung, wie wir hineinkommen sollen.«
    »Hey! Jetzt tu mal nicht so, als könnte ich nicht schwimmen«, protestierte Jubal, der stirnrunzelnd mit der Hand über den Felsen fuhr. »Dass ich es nicht gern tue, heißt nicht, dass ich es nicht kann. Ich bin nur nicht mit Kiemen auf die Welt gekommen wie ihr beide. Joie hat etwas gefunden, Gabrielle. Es ist ein Muster, aber es muss …« Er beendete den Satz nicht, sondern griff mit den Fingern um mehrere der kleineren Steine herum und begann, sie neu zu ordnen.
    »Na, das ist aber eine Überraschung«, murmelte Gabrielle und erhob sich ebenfalls. Die kühle Bergluft vibrierte förmlich vor Erregung. »Du könntest immer noch bei mir im Labor anfangen und gefährliche Viren mit mir erforschen«, scherzte sie und legte einen Arm um ihren

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