Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)
»Also mach schon! Wenn wir das Ding töten müssen, dann tut es bitte schnell.«
Traian nickte und trat vor die drei Geschwister. Joie beobachtete ihn sehr aufmerksam, als er irgendetwas Unsichtbares zwischen seinen Händen anzusammeln schien. Aber sie konnte die sich aufbauende Energie in der Höhle spüren. Sogar die Luft in der Kammer erwärmte sich, was das Tropfen des Wassers deutlich zunehmen ließ. Ein orangerotes Licht, das aus purer konzentrierter Energie zu bestehen schien, glühte zwischen Traians Händen und strahlte eine enorme Hitze aus. Es war etwas kleiner als ein Basketball und sah wie eine rotierende feurige Kugel aus.
Der Vampir stieß einen wutentbrannten Schrei aus und versuchte aufzustehen, um den Jäger anzugreifen. Als er es nicht auf die Füße schaffte, warf er sich auf dem vereisten Boden nach vorn und streckte mit aller Kraft die Hände nach seinem verlorenen Herzen aus. Das schrumpelige Organ reagierte auf seine Verzweiflung und hüpfte in makabren kleinen Sätzen auf ihn zu.
Das Energiebündel in Traians Händen schoss augenblicklich durch die Kammer und landete auf dem sich windenden Organ. Das Herz ging in Flammen auf, die zunächst von einem grellen Weiß waren und dann blau und purpurn wurden. Winzige verbrennende Maden fielen auf das Eis. Die Flammen sprangen von dem Herz auf die ausgestreckten Hände des Vampirs über und züngelten an seinen Armen entlang zu seinen Schultern. Seine langen fettigen Haarsträhnen fingen augenblicklich Feuer. Das Monster riss in einem stummen Schrei den Mund auf, und seine Augen weiteten sich vor Schreck und Panik.
Während das Herz verkohlte, spie es schwarze Asche aus wie ein Vulkan und noch mehr von den widerlichen Maden, die wie Tropfen schwarzen Rußes auf das Eis herunterfielen. Der Untote stieß ein Kreischen aus, ein fürchterliches, schrilles Geräusch, das in dem gesamten Höhlenlabyrinth zu hören sein musste. Jubal, Gabrielle und Joie hielten sich die schmerzenden Ohren zu, um das Geschrei zu dämpfen.
Über ihren Köpfen lief ein Zittern durch die mächtigen Eiszapfen, und spinnennetzartige Risse bildeten sich in den Wänden um sie herum. Jubal packte seine Schwestern an den Armen und versuchte, sie aus der Kammer herauszuziehen, als das unheilvolle Geräusch jahrtausendealter Tonnen Eis, die in Bewegung kamen, durch die Höhle dröhnte.
Traian schleuderte ein weiteres Bündel konzentrierter Energie nach dem Vampir, sodass er jetzt vollständig von Feuer eingehüllt war. Für einen gespenstischen Moment erhob sich das rußgeschwärzte Skelett eines Mannes in dem Rauch und streckte die knochigen Finger nach Traian aus. Der Karpatianer blieb jedoch völlig ungerührt und blies die Erscheinung nur verächtlich an. Ein fauliger Geruch erfüllte die Höhle.
Der schwarze Rauch verzog sich und nahm auch den Gestank mit. Das Eis beruhigte sich, und bis auf das anhaltende Geräusch von tropfendem Wasser war es plötzlich wieder völlig still.
Jubal stieß den angehaltenen Atem aus. »Heilige Scheiße!«
»Genau«, sagte Gabrielle, die Hand an ihrer Kehle. »Das war wirklich ekelhaft.«
»Echt guter kleiner Trick«, bemerkte Joie. »Den wirst du mir beibringen müssen, Traian.«
»Na, endlich mal was, das dir imponiert«, erwiderte Traian mit einem jungenhaften Grinsen.
Ein grauenhaftes Geheul, das sich so anhörte, als käme es von einer Horde Dämonen, schallte durch die unterirdischen Kammern. Joie lief es eiskalt über den Rücken, aber ihrer Schwester zuliebe unterdrückte sie ihr Entsetzen und schaffte es, ein schwaches Lächeln aufzusetzen. »Ich glaube, das ist unser Stichwort zu verschwinden.«
»Können wir hier hinaufsteigen? Und wie sollen wir wissen, wo sie sind?«, fragte Gabrielle nervös.
»Verflucht noch mal! Wie viele von diesen Dingern sind noch hier?«, fragte Jubal.
»Früher pflegten sie allein auf die Jagd zu gehen. In der Regel sind Vampire sehr ichbezogen und eitel«, antwortete Traian. »Doch was ich hier vorgefunden habe, ist etwas noch nie Dagewesenes, soviel ich weiß. Drei Meistervampire – Gallent, Valenteen sowie ein dritter, noch sehr viel mächtigerer Meister, vom dem sie sich und ihre Gefolgsmänner manipulieren ließen.« Ganz unversehens streckte er die Hand aus und zupfte Joie ein paar Haare aus. »Sie sind schon auf dem Weg zu uns. Wir müssen schnellstens hier heraus.«
»Au!« Joie warf ihm einen bösen Blick zu. »Das hat wehgetan.«
»Ich brauche Haare von euch allen, am besten direkt
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