Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)
Als sie den Blick zu ihm erhob, verlor sie sich in der brennenden Intensität, die sie dort sah.
Ein Sturm von Gefühlen entfesselte sich zwischen ihnen, ein dunkler Zyklon, der mindestens ebenso wild und ungezügelt war wie ein solches Unwetter. Wie hypnotisiert, konnte sie nur noch mit großen Augen zu ihm aufschauen. Seine Fingerspitzen strichen ihr das Haar aus dem Nacken und durchströmten sie mit einer versengenden Hitze. Während er bei Jubal sachlich und kurz angebunden gewesen war, war er sanft, ja sogar zärtlich bei ihr, als er sie noch näher zog. Dann senkte er den Kopf …
Gabrielle schrie protestierend auf und kam auf sie zugestürzt, um Traian aufzuhalten. Aber er schaute auf, und ein seltsames rotes Glühen erschien in seinen Augen, das sie auf der Stelle innehalten ließ. Seine Lider wurden schwer, als er Joie besitzergreifend in die Arme schloss. Seine Haltung hatte etwas sehr Beschützendes, doch auch etwas Raubtierhaftes lag darin.
Seine Lippen strichen über Joies Haut, und obwohl es nur eine hauchzarte Berührung war, leicht und flüchtig wie die eines Schmetterlingsflügels, durchflutete wieder eine versengende Hitze ihren Körper. Traian hauchte sanfte Küsse auf ihre Augenlider, bis sie so schwer wurden, dass Joie sie nicht mehr heben konnte. Die wohligen Empfindungen in ihr verstärkten sich, als er ihr in einer uralten Sprache, die sie noch nie gehört hatte, im Geiste sanfte Worte zuflüsterte.
» Te avio päläfertiilam.« Sie fühlte sich wie in Samt gehüllt von dieser verführerischen alten Sprache, deren erotischem Zauber sie sich nur allzu gern unterwarf.
Joie spürte Traians warmen Atem an ihrem Nacken und seine Zunge, die ihren wild pochenden Puls umkreiste. Ihr ganzer Körper verkrampfte sich, jeder Muskel zog sich in atemloser Erwartung – und voller Begehren – zusammen. Seine sanften Lippen an ihrem Nacken steigerten die Hitze, die sie zu verzehren drohte, zu einem regelrechten Feuer und nahmen ihr alle Kraft aus den Beinen. Einer ihrer Arme legte sich wie von selbst um Traians Nacken, um ihn näherzuziehen und an sich zu drücken. Weißglühende Blitze durchzuckten sie und sandten kleine Stromstöße durch ihre Blutbahn, die ungeheuer lustvolle, schon fast an Qual grenzende Empfindungen in ihr weckten. Durch nichts auf die schockierende Intensität des Verlangens vorbereitet, das ihr ganzes Sein erfasste, entrang sich ihr ein sehnsüchtiges kleines Stöhnen, während sie sich unruhig an ihm bewegte.
Traian drückte sie noch fester an sich, um jede der Kurven und sanften Rundungen seiner Seelengefährtin spüren zu können . Er hatte so lange auf sie gewartet, so viel ertragen. Da war kein Abwehrschild zwischen ihnen, der ihr eine schützende Barriere bot. Sie wusste genau, was er tat, und akzeptierte ihn trotzdem – ihn und die Tatsache, dass er ihres Blutes bedurfte. Die heiße, Leben spendende Flüssigkeit schoss in seinen ausgehungerten Körper wie ein Rauschmittel, drang wohltuend in geschrumpfte Zellen und Gewebe ein und begann beschädigte Muskeln und Organe wiederherzustellen. Traian wollte den Moment auskosten, seine erste Kostprobe von ihr, seine erste Berührung ihrer Haut mit seinen Lippen …
Doch selbst während er mit aller Kraft versuchte, die entsetzten Blicke ihrer Geschwister auszublenden, war ihm bewusst, dass der Untote schon versuchte, sich zu erheben, und dass mindestens zwei weitere Vampire durch das Labyrinth der Gänge eilten, um ihn, Traian, festzusetzen, bevor er ihnen entkommen konnte. Deshalb nahm er von Joie nur so viel Blut, wie er brauchte, um Kraft zu haben, wenn der Kampf entbrannte. Er konnte nicht riskieren, sie zu sehr zu schwächen, um sich noch verteidigen zu können. Denn sie würden sich mit Sicherheit noch mehr als ein Scharmützel mit den Untoten liefern müssen, bevor sie das Labyrinth der Höhlen verlassen konnten.
Sehr sanft, schon ehrfürchtig fast, strich er mit der Zunge über die beiden kleinen Einstiche, um Joies Haut zu schließen und zu heilen. »Danke, Joie«, murmelte er, und stützte sie mit beiden Armen, denn sie schwankte.
Ein Erschauern durchlief sie, als sie aufblickte, um ihm prüfend ins Gesicht zu sehen, und sofort wieder wie hypnotisiert war von den dunklen Tiefen seiner Augen. »Kein Problem.«
»Ich störe wirklich nur sehr ungern euer tête-à-tête«, warf Jubal ungehalten ein, »aber wir haben ein kleines Problem. Der Pflock ist gerade aus dem Herz des Untoten gesprungen. Jetzt wackelt es, was
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