Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)
Herz schlug schneller. Wir brauchen es.
Ich sehe gut genug im Dunkeln. Wir wollen doch hier heraus, nicht wahr? Ich kann uns durch den Luftschacht bringen und will nicht riskieren, den Krieger auf uns aufmerksam zu machen.
Als Joie die Stirnlampe ausschaltete, stieß Shafe einen grauenvollen Schrei aus. Farben glühten in dem aufsteigenden Nebel, und nach und nach durchdrang ein dunkelroter Fleck den rauchigen Dunst. Er verbreitete sich wie ein Virus. Ein heftiger Zusammenstoß von Licht und Lärm erschütterte die Höhle, als der Vampir laut kreischte und aufheulte, bis Joie am ganzen Körper zitterte und das Gesicht an Traians Nacken barg.
Sein Magen krampfte sich zusammen. Wir sind gleich draußen. Sieh nicht hin! Diese Höhle ist eine Falle, und wir werden sie versiegeln, damit niemand anderer sie finden kann.
Ha! Du willst doch nur morgen Abend hierher zurückkommen und herausfinden, wonach die Vampire suchen , erriet Joie.
Ich muss es herausfinden. Ich war wochenlang in diesen Höhlen und hatte immer wieder Zusammenstöße mit den Vampiren. Mehr als einen habe ich vernichtet, und trotzdem blieben sie. Das ist äußerst ungewöhnlich und beunruhigt mich. Das Schlimmste aber ist, dass Valenteen nicht der einzige Meister ist. Es gab noch einen anderen in der Gruppe, der sich Gallent nannte. Nach mehreren Kämpfen gelang es mir, ihn zu vernichten, doch er war ganz offenbar ein Teil der Gruppe. Und ich glaube, es gibt noch einen weiteren … noch viel, viel mächtigeren …
Joie seufzte und drückte Traian fester an sich. Das ist keine gute Nachricht. Es klingt wie unsere Bandenprobleme. Vielleicht sollten wir im Internet mal nach einer Seite ›Vampire aller Welt vereinigt euch‹ suchen.
Traian lächelte. Auf die Idee, dort nachzuschauen, war ich noch nicht gekommen. Aber bietest du dich für verdeckte Ermittlungen an, falls wir auf eine solche Seite stoßen sollten?
Joie stieß ein ablehnendes kleines Knurren aus und biss ihn in die Schulter.
Der Luftschacht war eng, aber Traian brachte ihre Körper in die richtige Position, um hindurchzuschlüpfen, und schwebte mit Joie zu den oberen Ebenen hinauf. Sowie sie wieder Boden unter den Füßen spürte, schaltete sie ihre Lampe an, nahm Traians Hand und rannte durch den Tunnel auf den Eingang zu.
»Valenteen verfolgt uns nicht. Obwohl er ein Meistervampir ist, wird er nicht versuchen, mich allein zum Kampf herauszufordern.«
Seine Worte ließen sie innehalten. Der Gedanke, dass eine solch scheußliche und tödliche Kreatur wie ein Vampir nicht allein gegen Traian kämpfen würde, war beängstigend. Aber was wusste sie auch schon von ihm? Er war eine Stimme, die in der Nacht zu ihr sprach. Ein Mann, der Blut trank und seine Gestalt wandeln konnte.
»Ich bin ein Ehrenmann. Ein Mann, der seine Frau gefunden hat. Die einzige für ihn.« Er legte zärtlich eine Hand auf ihre Schulter. »Ich weiß jedoch auch, dass alles zu schnell gekommen ist und du es noch nicht wirklich glauben kannst.«
»Wenn ich nicht darüber nachdenke, glaube ich es, und das macht mir Angst, Traian, denn ich bin sonst kein besonders gutgläubiger Mensch. Die ganze Zeit über dachte ich, ich hätte noch alles unter Kontrolle, denn schließlich hatte ich dich gerettet. Doch jetzt sagst du, diese Kreaturen würden dich nicht angreifen, solange sie allein sind. Also müssen sie dich sehr fürchten.«
»Ich bin ein sehr alter Jäger, Joie. Ich habe mich mehr Jahre im Kampf bewähren müssen, als ich mich entsinnen möchte. Ich weiß, wie Vampire sind, und bin sehr gut in dem, was ich tue.« Es lagen weder Arroganz noch Prahlerei in seiner Stimme, nur ruhige Akzeptanz und Wahrheit.
»Und diese Vampire?«
»Hätten nicht zusammen sein dürfen. Sie dürften überhaupt nicht hier in den Karpaten sein, so nahe bei unserem Prinzen und so vielen unserer Männer. Ich war auf dem Weg in meine Heimat, als ich ihnen zum ersten Mal begegnete. Schon sehr bald merkte ich, wie fieberhaft sie irgendetwas in dieser Höhle suchten, und obwohl es riskant war, mich so vielen entgegenzustellen, war es meine Pflicht meinem Volk gegenüber, zu bleiben und herauszufinden, wonach sie Ausschau hielten. Selbst nachdem du mich gefunden hattest und ich erkannt hatte, dass du meine Seelengefährtin bist, bin ich geblieben, weil die Vampire so wild darauf waren, irgendetwas zu finden. Ich hatte keine Ahnung, dass diese Höhle die eines Magiers war. Und sie sieht so aus, als wäre sie erst kürzlich noch bewohnt
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