Die Sehnsucht der Pianistin
es ist der falsche Zeitpunkt.“ Sie hastete davon.
„Was soll dieses Gefasel von einer Limousine?“, fragte Adam, während Joanie ihm die Hemdsärmel herunterrollte. „Ist jemand gestorben?“
„Quatsch.“ Joanie schloss seine Manschette. „Ihr geht auf eine kleine Reise, du und deine Angetraute.“
„Eine Reise?“, wiederholte Loretta, als Vanessa ihr ihre Tasche gab.
„Wenn Frischvermählte eine Reise machen“, erklärte Brady, „so nennt man das Flitterwochen.“
„Aber ich habe doch die ganze nächste Woche Termine.“
„Nein, hast du nicht.“ Brady und Jack nahmen Adam und Vanessa und Joanie Loretta in die Mitte. So führten sie das verblüffte Brautpaar vor das Haus.
„Du meine Güte!“, stieß Loretta atemlos hervor, als sie die blitzende weiße Staatskarosse erblickte.
„Eure Maschine geht um sechs.“ Brady zog einen Umschlag aus der Tasche und reichte ihn seinem Vater. „Vaya con Dios.“
„Was soll das?“, fragte Adam. Vanessa bemerkte, dass bereits alte Schuhe und Dosen an der Stoßstange des Wagens festgebunden waren. „Mein Terminkalender …“
„Ist leer.“ Brady klopfte Adam auf den Rücken. „Bis in ein paar Wochen.“
„Ein paar Wochen?“, fragte Adam verblüfft. „Wo, zum Teufel, fliegen wir denn hin?“
„South of the border …“, begann Joanie zu trällern und gab ihrem Vater einen schmatzenden Kuss. „Trink aber das Wasser nicht.“
„Mexiko?“ Loretta riss die Augen auf. „Fliegen wir etwa nach Mexiko? Aber wie sollen wir … der Laden … wir haben auch gar kein Gepäck.“
„Der Laden ist geschlossen“, erklärte Vanessa. „Und dein Gepäck ist im Kofferraum.“ Sie küsste Loretta auf beide Wangen. „Schöne Ferien.“
„Im Kofferraum?“ Ein Lächeln erhellte Lorettas Gesicht. „Meine blaue Seidenbluse.“
„Unter anderem.“
„Das habt ihr getan?“ Trotz des Fotografen begann Loretta zu weinen. „Ihr alle.“
„Wir bekennen uns schuldig.“ Brady umarmte sie. „Wiedersehen, Mom.“
„Hinterhältige Bande.“ Adam holte sein Taschentuch hervor. „Tja, Loretta, es sieht so aus, als hätten wir nun doch noch unsere Hochzeitsreise.“
„Nicht, wenn ihr den Flieger verpasst.“ Joanie, allmählich nervös geworden, schob sie auf den Wagen zu. „Sitzt nicht zu lange in der Sonne. Sie ist dort unten viel intensiver. Ach, und was immer ihr kauft, handelt zuerst ein bisschen. Geld könnt ihr im Hotel wechseln. Ich habe ein Wörterbuch eingepackt. Und wenn ihr …“
„Sag Auf Wiedersehen, Joanie“, fiel Jack ihr ins Wort.
„Ach, verflixt!“ Sie rieb sich über die feuchten Augen. „Auf Wiedersehen. Mach winke winke, Lara.“
„Oh, Adam, Gardenien!“ Lorettas Tränen flossen wieder.
Fast die ganze Stadt rief und winkte der Limousine nach, als sie majestätisch losfuhr, begleitet von dem scheppernden Gepolter der Dosen und einer Eskorte rennender Kinder.
„Da gehen sie hin“, schluchzte Joanie und barg das Gesicht an Jacks Schulter. Begütigend klopfte er ihr auf den Rücken.
„Schon gut, Liebling. Die Kinder gehen eben irgendwann aus dem Haus“, scherzte er. „Komm, ich hole dir etwas Kartoffelsalat.“ Er grinste Brady zu, während er sie mit sich fortzog.
Vanessa musste sich räuspern. „Das war vielleicht ein Abschied!“
„Ich muss mit dir reden. Wir können zu dir fahren oder wir fahren zu mir.“
„Ich denke, wir sollten warten, bis …“
„Wir haben schon zu lange gewartet.“
Mit aufsteigender Panik sah Vanessa sich um. Wo waren denn all die anderen geblieben? „Die Party … du hast Gäste.“
„Niemand wird uns vermissen.“ Er legte ihr die Hand auf den Arm und wandte sich dann zu seinem Wagen.
„Dr. Tucker! Dr. Tucker!“ Annie Crampton kam um die Hausecke gerannt. „Kommen Sie schnell! Mit meinem Großvater ist etwas.“
Brady reagierte wie der Blitz. Als Vanessa den Garten erreichte, kniete er bereits neben dem alten Mann und öffnete seinen Kragen. „Schmerzen“, stieß Annies Großvater gepresst hervor. „In der Brust … kann nicht atmen.“
„Hier ist Dads Tasche“, sagte Joanie und reichte sie ihm. „Der Krankenwagen ist schon unterwegs.“
Brady nickte nur. „Ganz ruhig, Mr. Benson.“ Er nahm eine Ampulle und eine Spritze aus der Tasche. „Sie müssen jetzt ganz ruhig bleiben.“ Während er die Spritze aufzog, sprach er weiter beruhigend auf den alten Mann ein. „Joanie, hol sein Krankenblatt“, sagte er leise.
Vanessa fühlte sich hilflos und überflüssig.
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