Die Sehnsucht der Smaragdlilie
gerade fertiggestellte grüne Schloss zu einem kameradschaftlichen Becher Bier nieder.
„Das ist nur allzu wahr“, meinte Balthazar. „Wir Venezianer lernen bereits in der Wiege, wie man lügt und betrügt. Wie man sich auf der einen Seite charmant gibt und sich mit ausgesuchter Höflichkeit benimmt, während man hinter der Fassade genau entgegengesetzt handelt. Stinkend und bis ins Herz verrottet.“
„Aber du lässt das alles jetzt hinter dir“, sagte Nikolai und schenkte Bier nach. „Du segelst über den Horizont zur Neuen Welt.“
Balthazar nickte. „Vorläufig.“
„Willst du nicht auf einer der sonnigen Inseln bleiben? Man sagt, die Frauen dort seien außergewöhnlich. Braunhäutig und lüstern.“
Balthazar lachte darüber. „Und den lieben langen Tag tragen sie nichts als ein kleines Tuch. Ich habe auch diese Sagen gehört. Marcos brauchte nicht lange, um mich von der Richtigkeit dieser Reise zu überzeugen.“
Er nahm einen großen Schluck Bier, und Nikolai dachte daran, wie Balthazar und er sich zum ersten Mal in Venedig begegnet waren. Der damals in Samt und Seide gekleidete junge Aristokrat war voller ziellosem Zorn und offener Fragen gewesen, so unglücklich trotz all seines Reichtums. Der Putz war jetzt verschwunden und durch einfachen schwarzen Samt und Leder ersetzt, aber der Zorn brodelte noch in ihm. Obwohl Balthazar ihn in seinem neuen Leben fest unter Kontrolle zu haben schien, war es immer noch derselbe Zorn.
Würde der Freund in den Tropen Erleichterung erfahren? Nikolai suchte seine Erfüllung auf einem italienischen Bauernhof. Und langsam begann er zu glauben, dass wahrer Trost in keinem Land und an keinem Ort zu finden war, sondern nur im eigenen Herzen.
Und er befürchtete, wenn es ihm nicht gelang, Marguerite zum Bleiben zu bewegen, würde er nicht glücklich werden können. Er liebte sie und konnte sich ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen.
„Marcos musste mich wirklich nicht lange zu dieser Fahrt überreden“, erklärte Balthazar ruhig. „Ich hätte ihn sonst gebeten, mich auf diese Reise zu schicken.“
„Was erhoffst du dir von dieser Reise?“
Balthazar schwieg einen Moment und betrachtete die falschen Zinnen des Schlosses. „Vor allem hoffe ich, etwas loszuwerden.“
Nikolai nickte. „Nun, ich wünsche dir eine ruhige See und eine erfolgreiche Reise.“ Er prostete ihm mit dem Becher zu. „Mögest du mit einem Laderaum voll spanischem Silber zurückkehren.“
Balthazar ließ ein bitteres Lachen hören. „Damit ich dann noch reicher bin als ohnehin schon!“
„Es spricht einiges für den Reichtum, wenn er klug genutzt wird.“
Durch die halb offene Tür des Theatersaals sah Nikolai, wie Marguerite sich näherte. Sie ähnelte einem Schatten in ihrem schwarzen Kleid, das Haar von einer schwarzen Kappe und einem Schleier bedeckt. Er würde sie immer und überall erkennen, davon war er überzeugt. Keine andere Frau bewegte sich mit so einer Grazie wie sie. Selbst als sie jetzt zögerte und über die Schulter blickte, als fürchtete sie, es könnte sie jemand verfolgen, drückte ihre Haltung Selbstbewusstsein aus.
Auch Balthazar sah sie und kniff die Augen zusammen. „Es spricht auch einiges für einen Reichtum, mit dem man sich solch ein seltenes Juwel kaufen kann.“
Nikolai lachte. „Oh mein Freund, um dieses Juwel zu kaufen, brauchst du weit mehr als Reichtum.“
„Wenn es in Frankreich mehr davon gibt, sollte ich auf die Inseln verzichten und stattdessen nach Paris gehen.“
Schließlich trat Marguerite durch die Tür. Als sie aber merkte, dass Nikolai nicht allein war, erbleichte sie und wich zurück. Er stellte fest, dass sie verängstigt wirkte. Mit wachsender Besorgnis fragte er sich, was sie heute so furchtsam sein ließ.
„Ich wusste nicht, dass du beschäftigt bist“, sagte sie. „Ich werde wiederkommen …“
„Nein, Marguerite, bitte bleib hier“, sagte Nikolai, halb befürchtend, dass er sie nie wiedersehen würde, wenn sie jetzt ging. Er eilte zu ihr und streckte ihr die Hand entgegen.
Einen kurzen Moment zögerte sie, bevor sie einen Entschluss zu fassen schien und sie ergriff. „Wenn du dir sicher bist, dass ich dich nicht störe.“
„Ganz und gar nicht. Meinen Freund Signor Grattiano hast du ja bereits kennengelernt. Er erbot sich, mir bei der Verfeinerung meiner Fechtkünste zu helfen.“ Nikolai deutete auf die herumliegenden Degen.
Ein Lächeln spielte um Marguerites Lippen. „Ich glaube nicht, dass du sie noch
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