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Die Sehnsucht des Dämons (German Edition)

Die Sehnsucht des Dämons (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht des Dämons (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Chong
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war, würde er sie verlieren. Mit einer Sanftheit, die ihm große Selbstdisziplin abverlangte, fuhr er mit der Zungenspitze über ihre Unterlippe. Sie öffnete die Lippen und ließ zu, dass seine Zunge ihren Mund zu erforschen begann. Das tat er mit einer Zärtlichkeit, die er selbst nicht von sich kannte.
    Es war der süßeste aller Küsse.
    Wie lange sie so dort standen, wie lange er das Gefühl genoss, sie im Arm zu halten, ihren weiblichweichen Körper an seinen männlich-harten gedrängt, das wusste er nicht. Vielleicht zwei Minuten? Die sich wie zwei Stunden anfühlten. Er wusste nicht, was sie nach seiner katastrophalen Intervention im Übungsraum hatte nachgiebig werden lassen. Er wusste nur, dass der Kuss abrupt endete, als Nicks Stimme plötzlich in sein Bewusstsein drang.
    „Serena? Julian?“, schallte es in den Empfangsbereich.
    Julian ließ sie los. Sie sprangen auseinander wie zwei Teenager, die man hinter der Schultribüne beim Herumknutschen erwischt hatte.
    „Wie lange habe ich geschlafen?“ Nick kam aus dem Übungsraum, sich den Schlaf aus den Augen reibend.
    Serena glühte noch von dem innigen Kuss. Ihr Lächeln war so hart und hölzern wie der Tresen, an dem sie sich festhielt. „Nicht lange. Dein Körper brauchte Erholung. Bald beginnst du zu entgiften. Falls du die harten Sachen weglässt.“
    Nick grinste. „Danke, Serena.“ Er betrachtete sie mit einer verliebten Unterwürfigkeit, die ihre Gesichtszüge weicher werden ließ. Es machte Julian krank. Wie die beiden sich ansahen! Er fragte sich, ob er sie wohl auch irgendwann so zum Lächeln bringen würde.
    „Gehen wir, Nick.“ Sein Ton war barsch. „Es gibt etwas, das ich dir zeigen möchte im Klub.“
    „Sonntagsmorgens um elf Uhr?“, fragte Nick und sah den Engel an.
    Jetzt war es Julian, der lächelte. Scheiß auf Entgiftung. Seiner Meinung nach brauchte es nur ein paar Gläschen Tequila und ein paar Stripperinnen, um jeden Mann von seinen Sorgen zu befreien – ganz egal um welche Uhrzeit.
    Da standen sie nun, in der klassischen Dreierkonstellation, die Julian so vertraut war: der Dämon auf der einen Seite, der Engel auf der anderen und ein nichts ahnender Mensch in der Mitte. Und es brauchte nur eine kleine Geste, um das Gleichgewicht zu seinen Gunsten zu verändern. Er legte Nick seine Hand auf die Schulter.
    „Bis zum nächsten Mal.“ Julian zwinkerte ihr zu.
    Dann verließ er mit Nick das Studio und ließ Serena verlegen und fassungslos am Empfangstresen ihres Yogastudios stehen, wo sie sich an ihrer Teetasse festklammerte.
    Serena kam zu spät zum monatlichen Treffen der Schutzengel. Im Hauptquartier ihrer Einheit angekommen, rannte sie durch die Lobby. An Werktagen befand sich hier eine Rechtsberatungsstelle. Sie hämmerte an die verschlossene Tür des Besprechungsraums und schlüpfte hinein, als Arielle ihr öffnete. Die dreißig Mitglieder der Einheit – Engel, die allen ethnischen Gruppierungen angehörten – sahen sie an, als sie den Raum durchquerte.
    Ob sie das mit Julian wissen?
    Serena setzte sich auf den leeren Stuhl neben Meredith. Wie ihre Mitbewohnerin hatten auch andere Engel übersinnliche Fähigkeiten. Einige der Älteren konnten Gedanken lesen und genaueste Details sehen, die in der Erinnerung eines Individuums bewahrt waren. Serena ließ rasch ihren Blick über die Runde schweifen und fragte sich, wer von ihnen etwas vermutete.
    Vom Kopfende des Besprechungstischs sah Arielle sie lächelnd an. „Wir waren gerade mit den wöchentlichen Statusberichten beschäftigt“, erklärte sie und warf einen Blick in ihren Ordner. „Ich sehe, du wurdest vor drei Wochen dem Fall Nick Ramirez zugeteilt. Möchtest du uns darüber informieren, was du bisher erreichen konntest, Serena?“
    Ich habe einen Dämon geküsst. Zwei Mal.
    Dreißig wie Juwelen helle Augenpaare waren auf Serena gerichtet. In einigen dieser Blicke erkannte sie ihre eigenen Gedanken wieder und ihr schlechtes Gewissen. Es war unmöglich, der Kompanie etwas zu verheimlichen. Serena öffnete den Mund, doch es kam kein Ton heraus. Arielles Frage blieb im Raum stehen.
    Die Kompanie wartete.
    Trotz der brummenden Klimaanlage kam Serena ins Schwitzen. Schließlich sagte sie: „Ich bin Julian Ascher begegnet.“
    Ein kollektiver Laut des Schreckens erfüllte den Raum, und die Engel begannen miteinander zu tuscheln. Arielle wahrte die Fassung, doch auf ihren Lippen zeigte sich eine fast unmerkliche Missbilligung. „Macht bitte ohne uns weiter“,

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