Die Sehnsucht des Dämons (German Edition)
vertrau auf deine Intuition. Du wirst wissen, was zu tun sein wird.“
Irgendetwas stimmte hier nicht. Arielle drückte sich normalerweise sehr klar aus, aber heute blieb sie seltsam vage. Serenas Akte verschwand in einer Schublade. Heute würde Serena keine Antworten mehr bekommen. Doch trotzdem wollte sie noch etwas wissen. „Warum haben Sie mich nicht vor ihm gewarnt?“
Überrascht starrte Arielle die Novizin an. „Wie bitte?“
„Warum haben Sie Meredith vor Julian gewarnt, aber mich nicht?“
Für den Bruchteil einer Sekunde schimmerte Erkenntnis in ihrem Blick, doch mit dem nächsten Wimpernschlag war sie verschwunden. „Wie gesagt, darüber musst du dir im Augenblick keine Gedanken machen, Serena. Du darfst jetzt gehen.“
Arielle lächelte friedfertig, faltete die Hände auf dem Schreibtisch und signalisierte ihr damit, dass das Gespräch beendet war. Serena wusste, dass es keinen Zweck hatte, noch weiter zu fragen. Was verheimlichte Arielle vor ihr, fragte sich Serena, als sie aufstand. Und wieso.
Junge Engel waren immer so leicht zu beeindrucken. Serena war genauso wie sie selbst damals, dachte Arielle, als sie die Akte verstaute. Sie nahm eine andere Akte zur Hand – es war ihre eigene. Gleich unter ihrem Namen stand der Name ihres ersten Schutzbefohlenen.
Julian Ascher.
Vor zweihundert Jahren war Arielle, damals selbst gerade erst ein Engel geworden, als Julians Schutzengel eingeteilt worden. Zu der Zeit war er noch ein Mensch. Und seitdem kämpfte sie um seine Seele. Julian wusste davon nichts, er ahnte nicht einmal, dass er überhaupt einen Schutzengel besaß. Er weigerte sich, die Zeichen zu erkennen. Alle Versuche, sich bekehren zu lassen, hatte er abgewehrt. Jetzt wurden alle seine Aktionen genauestens von der Kompanie überwacht. Die letzten zweihundert Jahre hatte Julian damit verbracht, Chaos anzurichten und Macht anzuhäufen.
Arielles Auftrag lautete, ihn aufzuhalten. Und ihre Geheimwaffe gegen Julian war Serena.
Ich wusste, dass dieser Moment kommen würde. Julian hat den Köder geschnappt , dachte sie fasziniert. Ja, Serena war Nick zugeteilt worden, weil sie auf diese Weise unweigerlich in Kontakt mit Julian kommen musste.
Die Schwäche des Erzdämons waren Frauen – das sah ein Blinder im Dunkeln. Und Serena war wie gemacht für ihn: jung, schön, voller Lebensfreude. Genau danach sehnte sich Julian. Und schon hing er am Haken. Und wenn Julian erst einmal ein Mädchen in seinen Klauen hatte, gab er nicht auf, bis …
Arielle lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und massierte sich die Schläfen. Sie zwang sich, nicht gleich vom Schlimmsten auszugehen. Einen jungen Engel so gefährlichen Mächten auszusetzen, stellte immer ein Risiko dar. Doch es stand auch viel auf dem Spiel. Julians neuer Klub, das Devil’s Ecstasy , wurde in zwei Wochen eröffnet. Abend für Abend würde der Klub viele Tausende Partygänger anlocken, das war schon jetzt absehbar. Allabendlich wurden sie dort allen möglichen Versuchungen ausgesetzt und würden sich schließlich korrumpieren lassen. Julians Einfluss wuchs rasant.
Langsam wurde er unbesiegbar.
Serena musste mit ihrer Mission erfolgreich sein. Um Julian die Liebe zu lehren. Sie selbst durfte auf keinen Fall erfahren, worum es bei ihrer Mission wirklich ging. Damit Julian sich verlieben konnte, musste sein Objekt der Liebe wahrhaftig und rein sein.
Liebe. Ja, Liebe.
Das war das Einzige, womit man Julians zerstörerischem Tun Einhalt gebieten konnte. Man konnte einen Dämon retten – so wie man einen Engel zu Fall bringen konnte. Vor langer Zeit war Julian ein guter Mensch gewesen. Dieses Gute war immer noch in ihm vorhanden. Serena würde es erkennen, sobald sie genug Zeit mit ihm verbrachte. Und sie würde Julian dazu bringen, es selbst zu erkennen. Von allen Novizen-Engeln besaß Serena das reinste Herz. Sie war in ihrem menschlichen Leben noch nie verliebt gewesen, hatte noch keine Narben davongetragen.
Serenas Unschuld musste unberührt bleiben von dem Wissen, dass man sie gezielt auf Julian ansetzte. Sobald sie es erfuhr, wäre sie nicht mehr in der Lage zu handeln, da ihr Arglist und Betrug unbekannt waren. Und wenn Julian nur den kleinsten Verdacht hegte, wäre alles verloren.
Es war das Risiko und den Aufwand also durchaus wert, den Novizen-Engel auf diese gefährliche Mission zu schicken, auch wenn Serena selbst sich deren Gefährlichkeit nicht bewusst war. Das war nichts Außergewöhnliches. Jeden Tag wurden Menschen und Engel
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