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Die Sehnsucht des Dämons (German Edition)

Die Sehnsucht des Dämons (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht des Dämons (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Chong
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den vergangenen Wochen beigebracht hatte. Nick war geschmeidig und hatte die Bewegungen schnell verinnerlicht. Er führte sie mit einer natürlichen Anmut aus. Erst machte sie ihm die Positionen vor, dann korrigierte sie seine Haltung, damit er die Übungen richtig ausführte.
    „Sehr gut. Dein Üben macht sich bezahlt“, lobte sie ihn. „Du hast den Bogen raus, Nick.“
    Er hielt inne und stellte sich ans Fußende seiner Matte. Durch die Anstrengung war er außer Atem geraten. Im Sonnenlicht, das durch die Fenster hereinströmte, erkannte sie wieder denselben Gesichtsausdruck, den sie eben schon einmal zu ignorieren versucht hatte. Doch jetzt war der Blick unmissverständlich und besagte: Ich bin verliebt in dich. Diesen Blick hatte sie schon bei vielen Männern gesehen, aber leider noch nie bei dem Richtigen.
    Plötzlich musste sie an Julian denken. Schnell blinzelte sie und verbannte ihn aus ihren Gedanken, um sich wieder ihrem Schüler zu widmen.
    Der sich in diesem Moment zu ihr beugte, um sie zu küssen.
    Völlig überrascht fiel ihre Reaktion heftiger aus als gewollt. „Nick, lass das!“
    „Wieso?“ Irritiert fuhr er sich mit der Hand durch die Haare. „Du bist die Einzige, die mich versteht. Meinen Eltern ist es scheißegal, was ich durchmache. Ich habe keine wirklichen Freunde. Alle wollen sich nur mit mir schmücken. Ich dachte, bei dir wäre es anders. Dir würde ich etwas bedeuten.“
    Sie wich zurück, einen Moment lang unsicher, wie sie reagieren sollte. „Du bedeutest mir auch etwas, Nick. Aber als Freund.“
    Natürlich war ihr schon lange klar, dass er einfach nur geliebt werden wollte. Sie konnte die Leere nachvollziehen, die er empfand. Schon als kleiner Junge war Nick, sensibel und künstlerisch begabt, immer anders gewesen als die anderen. Sein strenger Vater machte sich nichts aus ihm, und seine divenhafte Mutter mochte ihn nicht, also suchte er noch immer nach seinem Platz in der Welt, um es ihnen recht zu machen. Für seine sogenannten Freunde war er bloß ein Füllhorn, das sie kostenlos mit Drogen und Alkohol versorgte. Die Frauen, mit denen er schlief, waren meistens von der Art, dass sie für ihre Dienste Geld verlangten.
    Serena verstand ihn wirklich. Sie hatte selbst eine solche Leere in sich gespürt – nach dem Tod ihres Vaters. Da war etwas in ihr zerbrochen, das niemals mehr heil werden konnte. Doch sie war wohl mit ihrem Schmerz anders umgegangen. Jedenfalls konnte sie sich glücklich schätzen – auch für sie hätte es schlecht ausgehen können.
    Es war eine feine Trennungslinie zwischen Engel- und Dämonendasein.
    Ja, sie verstand Nick. Aber ihre Aufgabe war es, ihn zu beschützen und zu führen. Sie durfte sein Begehren nicht erwidern. Mit der Zeit würde er lernen, mit seinen Gefühlen umzugehen, und ihre Beziehung würde sich zu einer rein platonischen Freundschaft entwickeln. Das hoffte sie zumindest.
    Sie konzentrierte sich, atmete tief ein und lächelte Nick aufmunternd an. „Komm, ich helfe dir beim Handstand.“
    „Wetten, dass ich es länger schaffe als du?“, fragte er, um seine Verlegenheit zu überspielen. „Ich habe als Kind immer Handstand auf der Wiese gemacht. Es gibt also keinen Unterschied zwischen Yoga und Angeben“, sagte er im Spaß.
    „Yoga ist kein Wettbewerb“, erklärte sie, ohne dabei oberlehrerhaft klingen zu wollen.
    „Hast du Angst vor einem kleinen Wettkampf?“
    Sie begannen gleichzeitig. Serena machte ihren Handstand mitten im Raum und konzentrierte sich dabei auf einen Punkt auf dem Boden. Sie spürte die Stärke ihrer Arme und der göttlichen Liebe, die sie stützte. Einen Moment lang war die Welt wieder in Ordnung. Freude durchdrang ihren Körper, und sie spürte auch die Freude ihres Schützlings. Schließlich hörte sie Nick laut japsen, während er lachend neben ihr zusammensackte, ohne dass sie ihre Position veränderte.
    Aus dem Augenwinkel bemerkte sie plötzlich eine Bewegung. Jemand betrat den Raum und betrachtete sie. Die Person kam ihr bekannt vor.
    „Hallo, Engel.“ Seine leise, samtige Stimme überflutete sie wie eine Welle, die auf den Strand rollte, und sie spürte, wie sie fiel. Und fiel.
    Das Deva Yoga Studio war einer dieser Orte, die Julian hasste. Es war das drastische Gegenteil von Devil’s Paradise. Hier bekam man an der Theke Tee statt Tequila. Außerdem herrschte eine grässliche Ruhe – er brauchte den Lärm und das Chaos eines Klubs. Das einzige Geräusch, das hier die Stille unterbrach, war das

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