Die Sehnsucht des Dämons (German Edition)
leise Plätschern eines Brunnens, was offensichtlich eine friedliche Atmosphäre heraufbeschwören sollte. Es zerrte so sehr an Julians Nerven wie eine chinesische Wasserfolter.
Aber Serena war ja auch das absolute Gegenteil von ihm. Vielleicht fand er sie genau deshalb so unglaublich attraktiv. Es war etwas Unwiderstehliches in dieser Liebe-Hass-Dynamik, der er nichts entgegensetzen konnte. Auf der Suche nach ihr war er einen stillen Flur entlanggegangen und hatte in leere Räume geschaut. In einem großen, sonnigen Zimmer am Ende des Korridors fand er sie, zusammen mit Nick.
Sie machte gerade einen Handstand. Ihr Körper war perfekt – sie war das Sinnbild eines himmlischen Wesens, das sich ein sehr sinnlicher Gott ausgedacht haben musste. Eine Hommage an die menschliche Daseinsform, geschaffen von der Hand Gottes und gemacht, um ihn zu quälen. Er brüstete sich damit, ein Meister der Verführung zu sein, doch irgendwie schien ihm seine Gewandtheit schlagartig abhandengekommen zu sein. Keine clevere Schmeichelei fiel ihm ein, sein animalischer Trieb war zu stark. Am Abend zuvor hatte er sie schon so sehr begehrt, dass er sogar ein unmissverständliches Angebot abgelehnt hatte.
Wie sollte er es jetzt besser machen, bei Tageslicht? Nun, er musste es zumindest versuchen.
Als er sie begrüßte, geriet sie ins Wanken und fiel um. Er beobachtete, wie sie wie in Zeitlupe umkippte, katzengleich auf den Füßen landete und ihn mit ihren unglaublichen Augen böse anfunkelte.
„Was machen Sie hier?“, fuhr Serena ihn an, während sie aufstand.
„Ich wollte Nick abholen. Ich wusste ja nicht, dass Sie seine Yogalehrerin sind“, log Julian. Die Lüge war durchsichtiger als das Top, das ihre verführerischen Kurven umhüllte, aber es war ihm eine Genugtuung, zu sehen, dass sie sich ärgerte.
Nick stand jetzt auch auf. „Schön, dich zu sehen.“
„Er ist noch nicht fertig.“ Serena wollte den ahnungslosen Menschen auf keinen Fall in sein Verderben rennen lassen.
Er gehört mir, dachte Julian, als er ihr ein Lächeln schenkte. Du bist gestern Abend in mein Gebiet eingedrungen, und jetzt drehe ich den Spieß um.
„Er muss sich ausruhen, bevor er geht. Nick, bitte eine Viertelstunde Shavasana.“
Shavasana. Was für eine bescheuerte Bezeichnung, um auf dem Boden zu liegen. Fast wäre Julian laut damit herausgeplatzt. Doch er beherrschte sich. Er wollte vor Nick keinen Streit vom Zaun brechen. Noch nicht. Gehorsam legte Nick sich hin, während der Engel durchs Zimmer huschte und dann mit fürsorglicher Geste eine Decke über ihn breitete.
„Namaste“ , sagte sie in einem Tonfall, in dem man kleinen Kindern eine gute Nacht wünscht.
„Namaste“ , murmelte Nick.
Wie süß. Julian hätte am liebsten gekotzt.
Was ihn jedoch am meisten störte, war die Tatsache, dass Nick mit Yoga offensichtlich etwas anfangen konnte. Hier im Studio sah der Schauspieler jünger und glücklicher aus als gestern Abend im Klub, sein von Drogen gezeichnetes Gesicht sah viel entspannter aus nach der Yogastunde. Wenn er nach einer solchen Nacht so entspannt sein konnte – Julian hatte ihn um fünf Uhr morgens in ein Taxi klettern sehen –, was stellte Yoga dann grundsätzlich mit ihm an? Das gefiel Julian ganz und gar nicht. Yoga symbolisierte das Gegenteil von allem, an das er glaubte. Er hatte es immer abgetan als neuen Fitnesswahn, überwiegend praktiziert von idiotischen Weibern, die auf die aus Asien importierte unverzichtbare Spiritualität hereinfielen und sie dadurch zur Trendsportart erhoben.
Es gab keinen Zweifel daran, dass er Serena zerstören musste. Und zwar sofort.
Es genügte schon, einen Riss in ihrer virtuosen Rüstung zu finden, dann würde er sich in ihr festsetzen und sie verführen – indem er sie zur Sklavin ihrer eigenen Lust machte. Aus seinem reichen Erfahrungsschatz wusste er, wie man mit einem geringen Einsatz den größtmöglichen Gewinn erzielen konnte. Bei Serena musste er sich nicht groß anstrengen. Es reichte, ihr einen kleinen Schubs zu versetzen, fallen würde sie dann von ganz alleine.
Sie saß im Lotussitz da und wachte über Nick, der still dalag. Julian wartete. Wenn es sein musste, auch den ganzen Tag. Binnen weniger Minuten war der junge Schauspieler eingeschlafen und fing an, laut zu schnarchen. Er lag in der Sonne, die durch die großen Fenster hereinschien.
Serena stand auf und bedeutete Julian, ihr zu folgen.
Auf dem Empfangstresen stand ein elektrischer Wasserkocher. Während
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