Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)
Sache mit den O’Connors?«, fragte sie schließlich. Charles’ Entschuldigung ging ihr nicht aus dem Kopf.
»Das war El Capitanos Werk«, sagte Harding bitter. »Daugherty wollte Pläne für eine neue Waffe, um die Flotte damit zu bestücken. Und er bestand darauf, dass dieser O’Connor sie ihm beschaffte. Allerdings musste ich diesem seine eifrige Mitarbeit bei günstiger Gelegenheit erst einbleuen. Es ging aber nicht wirklich um ihn, Daugherty wollte ihn dazu benutzen, Rache an einem alten Feind und Piratenkumpanen zu nehmen. Aber das begriff ich erst viel später. Und es hätte auch nichts geändert.« Er unterbrach sich stirnrunzelnd. »Nun, als ich erkannte, dass El Capitano mehr als die Waffe wollte, versuchte ich das zu verhindern, sogar diesen O’Connor loszuwerden, damit Charles und dieses Mädchen nicht reingezogen wurden. Aber es war wie verflucht, Daugherty hatte seine Pläne gemacht, und niemand konnte etwas dagegen tun. Nicht einmal ich.«
»So war das also«, flüsterte Harriet. »Jetzt verstehe ich …«
Harding schwieg eine Weile, dann sagte er: »Vielleicht. Aber deshalb habe ich Ihnen das nicht erzählt«, fing er plötzlich mit einer Vehemenz an, die sie erschreckte. »Sondern nur, damit Sie nicht glauben, er sei tatsächlich das Fleisch und Blut dieses Teufels! Ich bin vielleicht nicht viel wert, aber seine Mutter war eine gute Frau. Er hat sehr viel von ihr!«
»Das glaube ich«, sagte Harriet leise. »Ich finde, Sie können stolz auf Ihren Sohn sein. Und sicherlich hat er ja auch ein wenig von Ihnen.«
Harding schloss die Augen. Sie sah, dass er krampfhaft schluckte. »Schade, dass Sie Rachel nicht kennenlernen konnten. Sie war eine wirkliche Dame. Viel zu schade für mich. Ich habe mich oft gefragt, was sie an mir gefunden hat.« Er schüttelte leicht den Kopf, als wolle er einen unangenehmen Gedanken loswerden.
»Ihr Vater war damals gegen die Verbindung, aber sie hat sich durchgesetzt und ist mir nach Ostindien gefolgt, wo ich hoffte, mein Glück zu machen. Und wo«, sagte er heiser, »das Gegenteil der Fall war. Wie oft muss sie es bereut haben, mir vertraut zu haben.«
»Niemand konnte wissen, dass Sie einem Verbrecher wie Daugherty in die Hände fallen. Was ich von ihm gehört habe, lässt mich froh sein, dass er tot ist.«
»Rachel hätte Sie gemocht«, sagte Harding mit einem für ihn ungewohnt weichen Lächeln, ohne die Augen zu öffnen. »Sie sind ihr ähnlich.«
Harriet wurde rot. Sie wusste, dass dies das größte Kompliment war, das dieser Mann ihr machen konnte. Und mit einem Mal hatte sie das Bedürfnis, sich dessen würdig zu erweisen.
»Ich habe damals weiß Gott alles versucht, um ihm das Mädchen zu verschaffen, aber jetzt denke ich, dass er besser mit Ihnen dran ist. Vorausgesetzt, Sie nehmen Vernunft an.« Er öffnete die Augen und sah sie bissig an. »Er hängt zehnmal mehr an Ihnen als an dieser Jessica, und Sie haben nichts Klügeres im Kopf, als ständig davonzulaufen. Wehe, Sie machen meinen Sohn unglücklich!«
»Sonst schneiden Sie mir die Kehle durch?«, fragte Harriet mit dem Anflug eines Lächelns. Ihre Lippen zuckten, halb vom Lachen, halb vom unterdrückten Weinen.
Harding stieß ein rauhes Lachen aus. »Nur wenn ich wollte, dass mein Sohn dasselbe mit mir tut. Aber der Teufel soll Sie holen, wenn Sie ihm etwas davon erzählen«, fügte er scharf hinzu.
»Sie wollen ihm nicht die Wahrheit sagen?« Harriet setzte sich auf. »Das müssen Sie! Ich bin sicher, Charles würde es vorziehen, Sie zum Vater zu haben anstatt Daugherty!«
»Nein!« Hardings Gesicht wurde dunkelrot. »Niemals. Er würde es nicht verstehen. Er hat seinen Vater nie so kennengelernt wie ich und seine Mutter. Er weiß nicht, ahnt nicht einmal, zu welchen Grausamkeiten er wirklich fähig war. Er … würde denken, wir hätten ihn verkauft.«
»Ich habe den Eindruck, dass er Sie sehr gern hat«, sagte Harriet sanft.
»Und so soll es auch bleiben«, erwiderte Harding mit rauher Stimme.
Harriet senkte den Kopf. Sie war nicht dieser Meinung. Aber jetzt war nicht der Zeitpunkt, es Harding klarzumachen. Sie erhob sich.
»Charles würde Sie niemals bitten oder gar zwingen«, rief Harding ihr nach, als sie zur Tür ging. »Weil er viel zu viel Angst davor hat, Ihnen zu schaden oder eine Ehe zu führen, wie seine Mutter es musste. Ich sagte ja, Sie können ihm wirklich weh tun. Genießen Sie diese Macht, Harriet Dorley!«
Harriet sah sich nicht mehr um. Sie lief hinaus,
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