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Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
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bei einem Händler war. Wie sollte sie am geschicktesten auf ihr Anliegen zu sprechen kommen?
    «Ich komme auf Empfehlung meiner Tante, Anna von Dornfeld», begann sie schließlich.
    Als er den Namen hörte, erstarb Brodermanns aufgesetztes Lächeln. Nervös eilte er auf Paulina zu, nahm ihren Arm und zerrte sie in eine Ecke des Ladens.
    «Sprechen Sie ein wenig leiser! Die beiden Herren müssen nicht unbedingt wissen, was Sie zu mir führt. Sie sind zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt hier. Kommen Sie in einer Stunde wieder, dann stehe ich Ihnen zur Verfügung.»
    Paulina räusperte sich verlegen. «Es tut mir leid, Monsieur, aber dann ist es zu spät.»
    «Zu spät? Zu spät wofür?»
    «Ich benötige ein Kleid für einen wichtigen Empfang. Da dieser Empfang heute Abend ist und ich in zwei Stunden aufbrechen muss, wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mich gleich bedienen könnten.»
    «Hören Sie, meine Liebe, die Zeiten, in denen ich auf Geschäfte mit Personen wie Anna von Dornfeld angewiesen war, gehören glücklicherweise der Vergangenheit an. Entweder Sie verlassen jetzt sofort mein Geschäft und kommen später wieder, oder Sie müssen sich an jemand anderen wenden.»
    Paulina fühlte Panik in sich aufsteigen. Am Morgen hatte ein Bote eine Nachricht der Gräfin Bahro gebracht, mit der Anweisung, Paulina solle zu dem Empfang im Schloss eines der alten Kleider ihrer Mutter anziehen. Man erfuhr jedoch von Robert, dass die gesamte festliche Toilette der armen Sophie ins Pfandhaus gebracht worden war, um dringende Schulden zu begleichen.
    Paulina schlug in die allgemeine Ratlosigkeit hinein vor, den Tuchhändler in der Kleinen Bachgasse aufzusuchen. Sie brauchte den halben Tag, um den entsetzten Damen eine halbwegs zufriedenstellende Erklärung zu geben, woher sie diesen kannte. Zudem musste sie noch Frau von Engelen überreden, sie zu Brodermann zu begleiten. Und nun, da sie so kurz vor dem Ziel war, sollte alles umsonst gewesen sein?
    Paulina beschloss, sich die Gegenwart der beiden Kaufleute zunutze zu machen. Sie nahm all ihren Mut zusammen, deutete auf ihren braunen Wollrock und sagte laut zu dem Tuchhändler: «Möchten Sie etwa, dass ich in diesem Kleid zu einem Empfang bei Ihrer Hoheit Prinzessin Marie gehe und allen Leuten verkünde, dass Hans Brodermann es nicht geschafft hat, meine Toilette rechtzeitig fertigzustellen?»
    Brodermann schnaubte vor Wut. «Sie wollen mir doch wohl nicht weismachen, dass Sie zu einem Empfang bei der Prinzessin geladen sind?»
    «Und doch ist es so. Sicher werden dort auch einige Herrschaften sein, die bei Ihnen schneidern lassen und sehr erstaunt über Ihre Unzuverlässigkeit sein werden.»
    Die beiden Kaufleute hatten ihr Gespräch unterbrochen und sahen nun neugierig zu Paulina und Brodermann herüber.
    «Also gut», lenkte Brodermann mit einem kurzen Seitenblick auf die Herren ein. «Ich werde sehen, was ich tun kann. Folgen Sie mir!» Er packte Paulina so fest am Arm, dass sie fast aufgeschrien hätte. «Das werden Sie mir teuer bezahlen!», zischte er ihr leise zu.
    Paulina erstarrte. Sie hatte damit gerechnet, das Kleid für einen geringen Obolus leihen zu können, und musste sich schnell etwas einfallen lassen. «Was halten Sie davon, Ihre Nachlässigkeit bei der Fertigstellung meines Kleides wiedergutzumachen, indem Sie es mir umsonst überlassen?», fragte sie laut. Und als sie sah, dass Brodermann kurz davor war zu explodieren, fügte sie hinzu: «Da ich weiß, dass das Kleid ein Meisterwerk ist, werde ich auch jedem auf dem Empfang erzählen, von wem ich es habe.»
    Kronwyler brach in schallendes Gelächter aus. «Werter Brodermann, Sie haben ja eine ganz außergewöhnliche Kundschaft! Wenn es nicht meine feste Überzeugung wäre, dass eine Frau ins Haus und zu ihren Kindern gehört, würde ich die junge Dame sofort in meine Dienste nehmen. Sie versteht sich wirklich vortrefflich aufs Handeln. Der Gedanke, ein Erzeugnis derart anzupreisen – und noch dazu in höchster Gesellschaft –, ist nicht ganz uninteressant. Dieses Angebot dürfen Sie nicht ablehnen, Brodermann!»
    Von Ostry verfolgte die kleine Szene im Gegensatz zu seinem Partner mit todernster Miene. «In der Tat», sagte er, «die junge Dame verfügt über eine erstaunliche Beharrlichkeit. Sie würde jede Verkaufsverhandlung bereichern. Aber wie Sie schon sagten, Kronwyler, eine Frau hat sich um den Hausstand zu kümmern.»
    Kronwyler runzelte die Stirn. «Ich schlage vor, Brodermann, Sie

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