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Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
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entgegnete Karoline leise. In ihren Augen standen Tränen.
    Die beiden jungen Leute tauschten einen betretenen Blick. Obwohl sie ihren Großvater nicht kennengelernt hatten, wussten sie um die tragische Geschichte seines missglückten Aufstands.
    Man war unterdessen im Esszimmer angekommen, wo ein Diener sie mit einem Glas Portwein erwartete. Frédéric und Camille warfen sehnsüchtige Blicke auf die festlich gedeckte Tafel.
    «Haben Sie Nachricht von Maman?», fragte Camille. «Ich hörte, dass sie sich vor Aufträgen kaum retten kann, seitdem der Krieg zu Ende ist.»
    «Das sind genau die richtigen Zeiten für sie», erklärte Frédéric heiter. «Hat sie nicht auch die Seidenmanufaktur in einer Phase des Umbruchs aufgebaut? Sie wird sich gewiss die allgemeine Konfusion zunutze machen.»
    «Graf Ostry hat jedenfalls keine Sekunde gezögert, sein Fähnchen in den Wind zu hängen», wusste Camille zu berichten. «Am Tag, als die alliierten Truppen in Paris einmarschierten, wurde er plötzlich zum größten Gegner Napoleons.»
    «Und jetzt profitiert er wahrscheinlich davon, dass Maman heimliche Verbindungen zur preußischen Regierung hatte», vermutete Frédéric zähneknirschend, der selten ein gutes Haar an Pierre von Ostry ließ.
    «Hatte sie das?», fragte Christian von Bahro und zog die Augenbrauen hoch.
    «Glauben Sie im Ernst, dass wir dies nicht wussten?», sagte Camille mit der Arroganz der Jugend. «Ich lebe schließlich seit über vier Jahren in Berlin. Es war ein offenes Geheimnis, dass von Hardenberg regen Kontakt mit unserer Mutter pflegte.»
    Frédéric verzog nachdenklich den Mund. «Stimmt es eigentlich, dass König Friedrich Wilhelm sie nach dem Einmarsch der preußischen Truppen in Paris persönlich in unserem Palais aufgesucht hat?»
    «Ja, es stimmt», antwortete Christian. «Der König überreichte eurer Mutter einen Brief der Königin, den diese vor ihrem Tode an sie geschrieben hatte. Leider haben die beiden sich nach Tilsit nicht wiedergesehen. Die Königin war eurer Mutter sehr zugetan.» Er betrachtete versonnen den schimmernden Wein in seinem Glas und schien in Erinnerungen zu schwelgen. «Ich war damals dabei. Auch für mich war es ein sehr bewegender Moment.»
    «Welch grandioser Stoff für jeden romantischen Dichter!», schwärmte Camille. «Ich sollte diese Geschichte niederschreiben und im Salon der Frau von Crayen vortragen.»
    «Und warum konnten Sie Maman nicht dazu überreden, mit Ihnen nach Berlin zu kommen?», fragte Frédéric, der die Sache eher von der praktischen Seite sah.
    «Eurer Mutter steht nach Napoleons Sturz in Paris eine glänzende Zukunft bevor», erklärte Christian von Bahro.
    Karoline drehte verlegen ihr Weinglas in der Hand. «Außerdem dürft ihr nicht vergessen, dass sowohl eure Mutter als auch euer Vater verheiratet sind – und zwar nicht miteinander», sagte sie leise, als würde sie über etwas Verbotenes sprechen.
    «Das wird sich aber bald ändern!», ertönte in diesem Augenblick eine helle Frauenstimme.
    Die Aufmerksamkeit aller Anwesenden richtete sich auf eine dunkelhaarige Dame, die im Türrahmen stand und, den Kopf leicht zur Seite geneigt, dem Gespräch amüsiert gelauscht hatte.
    Als die beiden jungen Leute erkannten, wer da gesprochen hatte, strahlten sie vor Freude. Wild durcheinanderrufend stürmten sie auf die Dame zu.
    «Maman, was machen Sie denn hier?», rief Camille. «Konnten Sie sich endlich von Paris trennen?»
    Frédéric kniff nach dem ersten Begeisterungssturm skeptisch die Augen zusammen. «Da ist doch irgendetwas faul! Entweder ist Maman zu Besuch oder auf der Durchreise. Nie im Leben lässt sie ihre geheiligte Seidenmanufaktur im Stich und übersiedelt in die Provinz.»
    «Unterstellt Paulina doch nicht so etwas!», protestierte Karoline. «Sie hat immer davon geträumt, in Boltenhusen zu leben.»
    Als Paulina die zweifelnden Mienen ihrer Kinder sah, brach sie in schallendes Gelächter aus.
    «Auch wenn ihr es nicht glaubt – lasst euch sagen, dass ich nicht vorhabe, Großmutter zu werden, ohne den Mann geheiratet zu haben, nach dem ich mich seit fünfundzwanzig Jahren sehne. Bis eure Schwester Anna ihrem österreichischen Grafen im nächsten Frühjahr einen Erben schenkt, sind Christian und ich verheiratet – und ihr wisst, dass ich immer erreiche, was ich will.»
    «Das ist unsere Überraschung für euch», meldete sich Christian von Bahro zu Wort. «Sowohl Pierre als auch Henriette haben in eine Scheidung eingewilligt.

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