Die Sekte der Engel: Roman (German Edition)
Gefängnis.»
«Was machen wir also?», fragte Stefano.
«Ich gehe Montagnet alles erzählen. Damit sind wir auf der sicheren Seite. Habt ihr den Caciocavallo und die anderen Sachen mitgebracht?»
Stefano schlug sich mit der Hand an die Stirn.
«Das haben wir doch glatt vergessen, Onkel!»
Teresi eilte zur Station der Carabinieri, doch Maresciallo Sciabbarrà sagte ihm, der Capitano sei soeben nach Camporeale aufgebrochen, weil er dem Kommandanten der Provinz, Colonnello Chiaramonte, Bericht erstatten müsse.
«Wissen Sie, wann er zurückkommt?»
«Das kann man nicht sagen.»
«Wie bitte? Ist das ein Staatsgeheimnis?»
«Nein, Avvocato, aber es ist so, dass der Kommandant ihn für den frühen Nachmittag einberufen hat und er die Zeit nutzen wollte, um seine Familie zu sehen.»
Seltsam. Montagnet hatte Familie?
Teresi hatte ihn immer nur in Uniform gesehen, von oben bis unten korrekt zugeknöpft, elegant, makellos, unbeirrbar, höflich aber distanziert, und das hatte bei ihm den Eindruck hervorgerufen, er habe es mit einer Art Maschine zu tun, nicht mit einem Mann, der zu denselben Gefühlen fähig war wie andere Menschen.
«Er ist verheiratet?»
«Ja, und er hat zwei Kinder. Der Junge ist sieben und das Mädchen fünf. Soll ich ihm etwas sagen, wenn er zurückkommt?»
«Nein, vielen Dank, Maresciallo, ich komme wieder.»
Was konnte er anstellen, um die Zeit totzuschlagen? Er ging Giallonardo besuchen, um zu erfahren, was der Notar und seine Frau wegen Rosalia beschlossen hatten. Und wenn der Notar ihn nach den Gründen für sein Interesse fragte, würde er sagen, dass er einen Artikel schreiben wollte. Aber er brauchte nichts zu erklären.
«Mein Mann ist nicht da», sagte Signora Romilda.
Ihre Augen waren gerötet. Man sah, dass sie geweint hatte.
«Wann kommt er zurück?»
«Er ist nach Camporeale gefahren, um Rosalia hierherzubringen. Wussten Sie, dass sie sich umgebracht hat?»
Jetzt tropften ihr dicke Tränen aus den Augen.
«Ich habe davon gehört.»
«Bitte entschuldigen Sie. Aber mein Mann und ich hatten sie liebgewonnen. Sie war ein armes Waisenkind. Als wir sie in unser Haus aufnahmen, war sie nicht mal zehn Jahre alt, die Ärmste. Ein kirchliches Begräbnis ist ja nicht möglich, also lasse ich Don Filiberto morgen vor der Kirche San Cono einen Segen sprechen. Er hatte Rosalia doch auch so gerne! Immer wieder hat er gesagt, wie fromm sie war! Wie stark ihr Glauben war!»
«Um welche Uhrzeit findet dieser Segen statt?»
«Morgen früh um neun Uhr.»
«Ich werde kommen.»
Das würde er nicht für alles Gold der Welt verpassen wollen, den Segen von Don Filiberto Cusa für Rosalia!
Als er aus dem Haus des Notars kam, hörte er seinen Namen rufen. Es war Don Anselmo.
«Wie weit sind wir?»
«In der Sache mit Totina?»
«Was denn sonst?»
Teresi beschloss, ihm irgendetwas vorzuflunkern, um ihn bei Laune zu halten.
«Der Mann von der Schwester Ihrer Frau kann es nicht gewesen sein.»
Ein komplizierter Satz, aber er hatte die Namen vergessen, bis auf den von Totina.
«Und warum nicht?»
«Er ist zwar achtzig Jahre alt, wie Vossia richtig sagte, aber er sieht aus wie über neunzig. Der kann ja nicht mal mehr atmen!»
«Haben Sie ihn mit eigenen Augen gesehen?»
«Aber sicher. Persönlich. Ich arbeite immer sehr sorgfältig für meine Klienten.»
«Haben Sie sich denn auch Gedanken gemacht, wer es gewesen sein könnte?»
«Ich sammle gerade Informationen, Don Anselmo.»
«Vergessen Sie nicht: Wenn Sie ihn entdecken, muss ich der erste sein, der es erfährt.»
«Wollen Sie mir bitte erklären, warum Sie unbedingt wissen wollen, wer es war?»
«Um ihn zu erschießen.»
«Entschuldigung, aber was haben Vossia damit zu tun? Sie sind weder der Vater noch der Ehemann, nicht der Bruder …»
«Richtig! Aber ich will ihn trotzdem erschießen. Seit zwanzig Jahren zieh ich mir das Mädchen groß, schenk ihr Sachen, geb ihr Geld, das ich vor meiner Frau verstecke, und niemals eine einzige Zärtlichkeit, kein einziges Küsschen … Aber dann kommt irgend so ein Hurensohn daher und schwängert sie mir im Handumdrehen?»
Er legte sich einen Plan zurecht. Nach Hause gehen, einen Liter Kamillentee kochen, ihn ganz austrinken, ein Bad nehmen, sich umziehen, weil er verschwitzt war, und um halb eins zur Polizeistation gehen, um nach Montagnet zu fragen. Sollte der Capitano zufällig zurückgekommen sein, was jedoch unmöglich war, da der Colonnello ihn für den frühen Nachmittag
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