Die Sekte der Engel: Roman (German Edition)
zwanzig nach acht gewesen sein, so ungefähr, denn ich mach den Laden um halb neun zu, und als ich Rosalia nach Haus gebracht hatte, bin ich zurück, um abzusperren. Haben Sie noch einen Wunsch?»
«Ja», sagte Teresi vor lauter Begeisterung. «Einen ganzen Laib milden Provolone. Und den Schinken da.»
«Wie wollen Sie das ganze Zeug denn tragen? Soll ich Sie begleiten?»
Mit Pauken und Trompeten hätte Signor Pace ihn begleitet.
«Wir machen es so. Sie packen mir alles ein, ich bezahle, und morgen früh schicke ich meinen Neffen, damit er die Sachen abholt. Erlauben Sie noch eine Frage. Wo wohnt Don Filiberto Cusa?»
«Er hat drei Zimmer über der Sakristei. Direkt aus der Sakristei führt eine Treppe in seine Wohnung.»
«Kennt Don Filiberto Cusa dich vom Sehen?», fragte Teresi seinen Neffen Stefano, während sie mit Luigino beim Abendessen saßen. Mittlerweile stand der Junge aus dem Bett auf, wann er wollte, Dottor Palumbo hatte gesagt, in zwei Tagen könne er zu seiner Familie nach Salsetto zurückfahren.
«Nein. Er kennt mich nicht, und ich kenne ihn auch nicht. Wer ist das?»
«Der Pfarrer der Kirche San Cono. Weißt du wenigstens, wo diese Kirche ist?»
«Das ja.»
«Gut. Haben wir ein Stück schwarzen Stoff im Haus?»
«Ich glaube, ja.»
«Gut, dann schneid einen Streifen ab und binde ihn dir um den linken Ärmel deiner Jacke.»
«Ein Trauerfall?»
«Jawohl, mein Herr. Und wenn du eine schwarze Krawatte hast, binde dir die auch um.»
«Was bedeutet das, bin ich in Trauer?»
«Jawohl, mein Herr.»
«Und wer ist gestorben?»
«Deine Cousine, Rosalia Pampina, die Tochter einer Schwester deiner Mutter. Sie war im Krankenhaus, und dort hat sie sich umgebracht.»
«Die Ärmste, warum?»
Teresi erzählte ihm alles von der Kleinen und auch von dem Gespräch mit dem Lebensmittelhändler.
«Was Pace mir gesagt hat, bestätigt den Verdacht, den der Capitano und ich haben. Rosalia wurde zweimal Gewalt angetan: das erste Mal vom Briganten Salamone und das zweite Mal von Padre Filiberto Cusa.»
«In der Kirche?», fragte Stefano fassungslos, denn er konnte es noch nicht glauben.
«Ich habe erfahren, dass man von der Sakristei aus über eine Treppe in die Wohnung des Pfarrers gelangt. Er wird sie zu sich nach Haus genommen haben.»
«Und was soll ich in dieser Trauermaskerade dem Pfarrer sagen?»
«Warte, bis er die Messe gelesen hat, dann gehst du zu ihm in die Sakristei und sagst: Rosalia hat sich umgebracht. Dabei beobachtest du ihn genau. Wenn er die Nachricht geschluckt hat, sagst du, du willst ihn an einem Ort sprechen, wo ihr ungestört seid, denn du musst ihm etwas Wichtiges mitteilen. Lass dich in seine Wohnung bringen. Wenn ihr allein seid, berichtest du ihm, dass Rosalia, am Abend bevor sie sich aus dem Fenster stürzte, mit dir gesprochen und dir alles erzählt hat. Sag ihm auch, dass ein Krankenpfleger dabei war.»
«Und dann?»
«Dann erpresst du ihn. Du sagst, fürs erste muss er dir zweitausend Lire geben.»
«Und wenn er unschuldig ist und die Carabinieri ruft?»
«Er wird sie nicht rufen, sei unbesorgt. Falls das passieren sollte, erkläre ich Montagnet die ganze Geschichte.»
Da sagte Luigino, der bis jetzt schweigend zugehört hatte:
«Ich gehe mit Stefano.»
«Wer willst du denn sein?»
«Ich bin der Krankenpfleger, der gehört hat, was Rosalia ihrem Cousin erzählte. Ein Komplize von Stefano. So wird das alles glaubwürdiger.»
«Einverstanden», sagte Teresi.
«Wann sollen wir in die Kirche gehen?»
«Nach der ersten Messe. Um sechs.»
«Verflucht, so früh?»
«Es gibt ein Risiko bei der Sache, Stefano. Wenn, nehmen wir an, Signora Romilda Giallonardo dem Pfarrer schon vorher erzählt, dass Rosalia tot ist, sind wir geliefert. Ach ja, da ihr zu zweit seid: Bei Signor Pace, dessen Laden direkt gegenüber der Kirche liegt, sind ein Laib Caciocavallo, ein Provolone und ein Schinken abzuholen.»
Am nächsten Morgen verließen die beiden jungen Männer um Viertel vor sechs das Haus, um zur Kirche zu gehen. Teresi begleitete sie bis zu einer Weggabelung, er war zu nervös, um im Haus zu warten, dort wäre er verrückt geworden.
Er ging zur Bäckerei Burruano und verschlang drei frisch gebackene Cannoli mit Ricotta. Eigentlich hatte er nur einen essen wollen, aber sie rochen so gut, dass er nicht widerstehen konnte.Beim Hinausgehen spürte er, dass, wenn er sich jetzt einen Finger tief in den Hals steckte, er auf die Ricottacreme stoßen würde, die ihm den Magen
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