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Die Sekte der Engel: Roman (German Edition)

Die Sekte der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Die Sekte der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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15.–16. Juli 1901 schrieb:
    Die Leser müssen wissen, dass in Palizzolo einige entartete Priester, die des Priesteramtes und der Bezeichnung Mensch nicht würdig sind, eine Sekte gegründet haben, die zum Spott «Engelssekte» genannt wird. Geleitet von mystisch-gnostischen Prinzipien, missbrauchen die Mitglieder dieser Sekte das Sakrament der Beichte, um initiierte Büßerinnen zu verwerflichen Taten zu verführen, die als Teilhabe an der göttlichen Gnade und Erhebung zu höchster Vollkommenheit ausgegeben werden. Größte Geheimhaltung umgibt diese Sekte, die Sektenpriester geben sich den Anschein frommer Prediger, und die jungen Betschwestern sind die eifrigsten Teilnehmerinnen an den langen (allzu langen) Frömmigkeits- und Bußübungen in der Kirche.
    Die Tatsache, dass gegen diese Priester ein Gerichtsverfahren wegen Verführung Minderjähriger eingeleitet wurde, hat zur Entdeckung der überaus schändlichen Sekte von Palizzolo geführt und ihre geheimen Statuten bekanntgemacht.
    Zu dem Artikel von Don Sturzo möchten wir nur eine Anmerkung machen. Er schreibt, dass die Priester «angeleitet von mystisch-gnostischen Prinzipien» handelten.
    Damit adelt Don Sturzo sie in gewisser Weise. Sie haben nämlich ganz und gar ohne Prinzipien gehandelt, nicht einmal menschlicher!
    Der Skandal von Palizzolo beschäftigt derzeit das ganze Land. Auch Politiker haben sich dazu geäußert, u. a. Turati und Tasca, doch wir ziehen es vor, unseren Lesern nur die Worte eines Priesters wie Don Luigi Sturzo wiederzugeben, weil wir meinen, dass diese Worte uns, gerade weil sie von kirchlicher Seite kommen, reichlich für alle üble Nachrede und niederträchtige Unterstellung entschädigen.
    Keine Verschwörung also. Nur Liebe zur Gerechtigkeit und Wahrheit.
    «Man hat mir gesagt, dass Sie heute Abend nach Camporeale zurückkehren, darum bin ich gekommen, mich von Ihnen zu verabschieden.»
    «Danke, Avvocato.»
    «Wenn Sie erlauben, Capitano, würde ich Sie gelegentlich gerne besuchen, da ich oft in der Provinzhauptstadt bin. Warum lachen Sie?»
    «Wissen Sie, Avvocato, ich habe gerade eben einen Anruf von meinem Vorgesetzten bekommen. Er kündigt mir eine große Überraschung an, die er mir morgen früh mitteilen wird, wenn ich in die Kommandantur zurückkehre. Für mich wird es aber keine Überraschung sein, ich kenne sie schon. Die Beförderung und Versetzung.»
    «Promoveatur ut amoveatur.»
    «Genau.»
    «Ich weiß nicht, ob ich darüber traurig oder froh sein soll.»
    «Beides. Ach ja, ich habe diesen Artikel auch gelesen, der uns beide angreift und unterstellt, wir hätten uns abgesprochen …»
    «Unverschämt.»
    «Sie sagen es. Ich hoffe nur, dass mein Onkel ihn nicht gelesen hat, da er in einer überregionalen Zeitung erschien. Mein Onkel ist schon recht betagt, und es würde ihn sehr schmerzen.»
    «Entschuldigen Sie bitte, Capitano, aber wer ist Ihr Onkel?»
    «Ein Landpfarrer. Meinen Vater habe ich verloren, als ich noch nicht zehn Jahre alt war. Wir waren arm. Der Onkel hat mich aufgezogen, mich studieren lassen … Ich verdanke ihm alles, auch meinen Charakter. Nun, jetzt muss ich wirklich gehen, Avvocato. Und ich warne Sie … nehmen Sie sich in Acht.»
    «Wovor, Capitano?»
    «Sie als Sizilianer haben das nicht begriffen? Ich, der Piemonteser, muss es Ihnen sagen? Heute sind Sie der Sieger, man wird Sie wahrscheinlich in den Himmel heben …»
    «Sie ahnen ja gar nicht, wie recht Sie haben. Der Vorsitzende des Vereins hat mich gebeten, meinen Mitgliedsantrag erneut zu stellen. Er hat mir sogar versichert, dass es eine Ehre für den Verein sei, mich als Mitglied aufzunehmen. Und der Bürgermeister hat mich beim Präfekten für das Ritterkreuz vorgeschlagen.»
    «Sehen Sie? Trotzdem bin ich sicher, dass von morgen an die schwerste Zeit für Sie beginnt. Die Stimmung wird umschlagen. Das ist unvermeidlich. Alles Gute.»

DREIZEHNTES KAPITEL
    Der Wind schlägt um
    Eine Woche später, nach einer Atempause, ließ der Bischof von Camporeale Don Mariano Dalli Cardillo rufen. Als der alte Pfarrer von Don Marcantonio hereingeführt wurde, erhob sich Seine Exzellenz Hochwürden Egilberto Martire aus seinem Sessel und kam dem Pfarrer mit erhobenen Armen entgegen, als wären sie zusammen im Priesterseminar gewesen.
    «Unser geliebter Don Mariano!»
    Er legte ihm die Arme auf die Schultern und blickte ihm in die Augen, wobei eine Hälfte seines Mundes lächelte, die andere nicht. Dann ließ er ihn auf dem Diwan Platz nehmen

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