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Die Sekte der Engel: Roman (German Edition)

Die Sekte der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Die Sekte der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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umarmen!»
    «Signori, ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit. Wie auf dem Zettel am Schwarzen Brett angekündigt, sind alle Mitglieder aufgefordert, in zwei Tagen, das heißt, am kommenden Sonntag, über den erneuten Aufnahmeantrag von Avvocato Teresi abzustimmen», sagte Don Liborio Spartà.
    «Fangen wir schon wieder mit diesem nervtötenden Theater an?», fragte Commendator Padalino.
    «Lässt die Satzung das überhaupt zu?», wollte der Notar Giallonardo wissen.
    «Laut Satzung darf der Aufnahmeantrag dreimal gestellt werden», erklärte der Vorsitzende Spartà. «Und beim Avvocato ist es das zweite Mal.»
    «Da wir gerade von der Satzung reden», schaltete sich Don Anselmo aus seinem Damastsessel ein, «möchte ich wissen, ob Stimmenthaltung zulässig ist oder ob man nur Ja oder Nein sagen darf.»
    «Einer, der sich der Stimme enthält, hat keinen Mut zu eigenen Meinungen», beschied ihm Colonnello Petrosillo.
    «Und da Sie keine Meinungen haben, brauchen Sie auch keinen Mut», gab Don Anselmo zurück.
    «Lassen Sie sich gesagt sein, werter Herr, dass ich mit Bronze dekoriert wurde!»
    «Ich habe nicht richtig verstanden, wie sagten Sie? Mit Bronze was?»
    «Dekoriert!»
    «Entschuldigung, ich hatte verstanden defloriert.»
    Um die furchtbare Beleidung mit Blut abzuwaschen, stürzte der Colonnello quer durch den Salon auf Don Anselmo zu, wurde jedoch auf halbem Wege von Don Stapino Vassallo abgefangen und festgehalten.
    «Betrachten Sie sich als herausgefordert!», schrie der Colonnello, mit Schaum vor dem Mund, in Don Stapinos Armen zappelnd.
    «Wie neulich? Als Sie mich erst herausgefordert haben und dann von der Bildfläche verschwunden sind?»
    «Signori, ich flehe Sie an!» Der Vorsitzende erhob die Stimme. «Bewahren Sie doch bitte Ruhe. Und gestatten Sie mir, die Sache zu erklären. Der Antrag von Avvocato Teresi hat meine persönliche Unterstützung.»
    «Warum mussten Sie denn unbedingt schlafende Hunde wecken?», fragte Don Anselmo.
    «Weil ich der Meinung bin, dass es eine große Ehre für diesen Verein wäre, einen Bürger zu seinen Mitgliedern zu zählen, der um der Wahrheit willen nicht gezögert hat, sich Angriffen auszusetzen, am eigenen Leib zu spüren, dass …»
    «Wer ist der andere Gewährsmann?», unterbrach ihn der Notar.
    «Unser Bürgermeister.»
    «Ich möchte bemerken, dass ich noch keine Antwort auf meine Frage erhalten habe», sagte Don Anselmo.
    «Ja, ja, eine Enthaltung ist zugelassen.»
    «Gut», verkündete Don Anselmo, «dann erkläre ich schon jetzt, dass ich mich enthalten werde.»
    «Ich hingegen werde diesmal dafür stimmen», sagte Don Serafino Labianca.
    «Hat die Großloge das so angeordnet?», fragte Professor Malatesta.
    «Die Großloge hat absolut nichts damit zu tun! Außerdem verbitte ich mir pfäffische Unterstellungen von einem wie Ihnen, der Messdiener bei Padre Samonà war! Und ihm kniend die Hand geküsst hat! Ich stimme dafür, weil er diesen Hurensohn Marchese Cammarata ins Gefängnis geschickt hat!»
    «Und ich werde dagegen stimmen, gerade weil ich bei Don Samonàs Messdiener war! Ja, begreift ihr denn nicht, dass das alles eine Verschwörung gegen die Kirche ist?», rief Professor Malatesta.
    «Eine Verschwörung? Was für ein Schwachsinn!»
    «Signori, es ist wirklich nicht angebracht, diese Diskussion ausgerechnet jetzt zu führen. Die Abstimmung findet am Sonntagvormittag statt, jeder von Ihnen hat also noch zwei Tage Zeit, in Ruhe darüber nachzudenken, und darum …»
    «Signor Presidente, erlauben Sie bitte. Am Sonntagvormittag geht es nicht», wandte Commendator Padalino ein.
    «Warum nicht?»
    «Auf dem Weg hierher habe ich gesehen, wie Plakate angeklebt wurden. Am Sonntagvormittag wird es auf Wunsch des Bischofs von Camporeale eine große Versöhnungsprozession geben.»
    «Dann verschieben wir die Abstimmung auf siebzehn Uhr. Einverstanden?»
    «Danke, dass ihr mich zum Mittagessen eingeladen habt», sagte Luigino Chiarapane, den Stefano an diesem Morgen zufällig in Palizzolo getroffen hatte.
    «Was wolltest du hier?», fragte Teresi.
    «Tja, ehrlich gesagt, habe ich selbst nicht genau verstanden, was ich hier soll.»
    «Worum geht es?»
    «Vor drei Tagen kam unerwartet Tante Ernestina zu uns nach Salsetto.»
    «Die Marchesa?», fragten Teresi und sein Neffe gleichzeitig.
    «Ja.»
    «Was wollte sie?»
    «Keine Ahnung», sagte der junge Mann. «Erst wollte Mama nicht mal mit ihr sprechen, aber Tante Ernestina bestand weinend darauf, hereingelassen zu

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