Die Sekte der Engel: Roman (German Edition)
Eine aus jeder Kirche, ausgesucht vom Pfarrer ihrer Gemeinde. Ich bin Witwe, ich bin vierundzwanzig und habe keine Kinder. Mein Mann fehlt mir sehr, und mehrmals hab ich Padre Scurria gebeichtet, dass ich deshalb oft schmutzige Träume habe und dass ich mich manchmal anfasse … und er hat mir gesagt, er würde einen Exorzismus bei mir machen, den man einmal die Woche erneuern muss, und der würde mich reinigen.
Er hat mir ein altes Buch gezeigt, alles in Latein geschrieben, und da waren auch Bilder drin, eins stellte den Teufel dar, der es mit einer nackten Frau machte … Er hat mir erklärt, wenn ich mich anfasse, dann glaube ich bloß, dass ich allein bin, aber nein, der Teufel ist bei mir, und er nimmt mich, wie er die Frau auf dem Bild nimmt. Und dann hat er auch gesagt, dass nicht diese Sache selbst die Sünde ist, sondern die Absicht, mit der man die Sache macht, und die kann die Sünde in eine Reinigung verwandeln. Na ja, damit hat er mich überredet. Und dann kam der Tag der geistlichen Übungen. Mit all dem Messwein waren wir bald alle betrunken. Nach zwei Stunden waren wir alle nackt, Männer wie Frauen … Und wenn ein Pfarrer von uns abließ, nahm uns der nächste … Padre Filiberto befahl, dass Rosalia Jungfrau bleiben sollte, aber die anderen … Es kam, wie’s kommen musste, sie haben mich geschwängert und ganz bestimmt auch ein paar andere. Und es stimmt, was in der Zeitung geschrieben steht: Don Filiberto steckte sein Ding rein und zeichnete. Ich bin so wütend und verzweifelt, Don Mariano. Ausgenutzt haben sie mich, mein Vertrauen haben sie missbraucht, meine Ehrlichkeit und ganz besonders meinen Glauben. Jetzt hab ich ein Kind im Bauch und weiß nicht mal, wer der Vater ist, denn sie sind alle über mir gewesen. Heute Morgen hab ich die Sache mit den Zeichnungen in der Zeitung gelesen … und da ist mir eine Idee gekommen. Ich geh jetzt zu den Carabinieri und erzähle alles. Und wenn sie mir nicht glauben, sage ich, dass Padre Scurria einen roten Fleck auf dem Hintern hat, dass Padre Raccuglia ein riesiger Schwengel unter dem Bauchnabel wächst und dass Don Libertino … Das reicht, was meinen Vossia? Gut, das reicht. Was ist denn los, weint Ihr etwa, Don Mariano? O, das verstehe ich! Vossia sind der einzige richtige Pfarrer in dieser Stadt! Aber was ratet Ihr mir denn nun? Soll ich zu den Carabinieri gehen?»
Kaum zwei Tage nach Erscheinen unserer Sonderausgabe sehen wir uns gezwungen, schon die nächste zu veröffentlichen, damit unsere Leser auf dem Laufenden sind über die unglaublichen Entwicklungen im Ermittlungsverfahren von Capitano Montagnet gegen die sechs Pfarrer von Palizzolo, Don Alessio Terranova, Don Eriberto Raccuglia, Don Alighiero Scurria, Don Libertino Samonà, Don Angelo Marrafà und Don Ernesto Pintacuda.
Die sechs sind im Verlauf des gestrigen Abends verhaftet worden, nicht nur wegen Diebstahls und Unterschlagung beschlagnahmter Dokumente, sondern auch aufgrund von Anklagen, die weitaus schwerwiegender sind, nämlich Nötigung und Vergewaltigung von sieben ihrer Pfarrkinder (darunter nicht weniger als drei Minderjährige!), die durch obskure Bußrituale hörig gemacht wurden, damit sie den schändlichen Gelüsten der Priestern willfahrten. Die Opfer wurden in einem Ausmaß hörig gemacht, dass die schwangeren Frauen noch immer behaupten, die Kinder, die sie in ihrem Schoß tragen, seien ein Werk des Heiligen Geistes oder die Frucht des göttlichen Willens. Kurzum, diese feinen Priester hatten eine regelrechte Sekte gegründet (nennen wir sie ironisch «die Engelssekte»), die als mystisch-religiöse Rituale ausgab, was in Wahrheit durch und durch obszöne Handlungen waren.
Den Gipfel ihrer Verderbtheit erreichten sie vor etwas mehr als zwei Monaten mit einer (als spirituelle Exerzitien ausgegebenen!) kollektiven Orgie, die einen ganzen Tag lang im ehemaligen, eigens zu diesem Zweck wieder geöffneten Benediktinerinnenkloster stattfand. Die dortigen Ergüsse von Spiritualität haben konkrete Folgen gezeitigt: Vier der sieben teilnehmenden Frauen wurden schwanger. Die Patres sind Väter geworden! Allerdings werden die vier Frauen (zwei von ihnen gehören zu den drei Minderjährigen) niemals wissen können, welcher Priester der Vater ihres Kindes ist, da sie an jenem Tag von mehr als einem Priester missbraucht wurden!
Unmittelbar nachdem Seine Exzellenz, der Bischof von Camporeale, die Nachricht erhielt, dass die sechs Priester sich aller Delikte, deren sie angeklagt
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