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Die seltsame Welt des Mr. Jones

Die seltsame Welt des Mr. Jones

Titel: Die seltsame Welt des Mr. Jones Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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primitiv, aber massiv gebaut. Dieter hatte ihn in den vergangenen vier Monaten mühsam konstruiert. Das Material war eine inzwischen vertraute, schwere, brotähnliche Pflanzenfaser, die, war sie einmal freigelegt, schnell hart wurde. Sobald sie gealtert und getrocknet war, konnte man sie schneiden, sägen, polieren und färben. Gelegentlich nagten wandernde Tiere das Material ab, aber das war die einzige bekannte Gefahr.
     Die großen, platten Füße des ›Pferds‹ begannen rhythmisch zu stampfen, der Wagen setzte sich in Bewegung. Louis’ Hütte verschwand in der Ferne. Er und Irma hatten sie ohne Hilfe gebaut; ein Jahr war vergangen, in dem viel geleistet worden war. Die Blockhütte, die aus dem gleichen brotähnlichen Material bestand, war von weiten, bestellten Feldern umgeben. Das sogenannte Getreide wuchs in dichten Klumpen; es war eigentlich kein Getreide, diente aber als solches. Pralle Ähren reiften in der feuchten Luft. Um den Halm krochen Insekten – es waren Raubinsekten –, die Pflanzenschädlinge fraßen. Die Felder wurden von seichten Gräben bewässert. Das Wasser stammte aus einer unterirdischen Quelle, die heiß und gluckernd an die Oberfläche sprudelte. In der warmen und feuchten Atmosphäre eines Treibhauses, die sich praktisch kaum veränderte, konnte man jährlich vier Ernten einbringen.
     Vor der Hütte standen halb zusammengebaute Maschinen aus dem Wrack des Raumschiffs. Irma rekonstruierte stufenweise neue Geräte aus den Überresten der alten. Die Treibstoffleitungen des Raumschiffs dienten jetzt als Abwässerrohre. Die Verkabelung der Steuerkonsole leitete Strom vom wasserbetriebenen Generator zur Hütte.
     In der Scheune hinter der Blockhütte stand eine Anzahl von Pflanzenfressern, die träge feuchtes Heu fraßen. Man hatte verschiedene Gattungen eingefangen. Noch wußte man nicht genau, wofür sie alle taugten. Zehn Typen mit eßbarem Fleisch hatte man schon ausgemacht, dazu zwei, die trinkbare Flüssigkeit abgaben. Ein riesiges Tier mit dichtem Fell diente als Lieferant von Muskelkraft. Und jetzt noch das ›Pferd‹ mit den großen Füßen, von dem Dieter seinen Wagen ziehen ließ.
    Das Pseudo-Pferd rannte entschlossen die Straße entlang. Nach einigen Sekunden erreichte es seine Höchstgeschwindigkeit. Mit wirbelnden Beinen flog es wie ein zorniger Vogel Strauß dahin. Der Wagen holperte wild herum; Louis und Irma klammerten
    sich verzweifelt fest. Trunken vor Freude, hielt Dieter die Zügel in der Hand und trieb das Tier an.
     »Das ist schnell genug«, stieß Irma mit zusammengebissenen Zähnen hervor.
     »Da hast du noch gar nichts erlebt«, schrie Dieter. »Das Tier rennt wirklich gern.«
     Ein breiter Graben voll Gebüsch und Steinen lag vor ihnen. Louis schloß die Augen; der Wagen war schon nahe daran auseinanderzufallen.
    »Wir schaffen es nicht«, ächzte er. »Wir kommen nie hinüber.«
     Als das Pseudo-Pferd den Graben erreichte, entfaltete es zwei kurze, ledrige Flügel und flatterte energisch. Pseudo-Pferd und Wagen hoben ein wenig vom Boden ab, hingen über dem Graben und landeten auf der anderen Seite.
    »Das ist ja ein Vogel«, entfuhr es Irma.
     »Ja!« brüllte Dieter. »Es kann überall hin. Brav, brav!« Er beugte sich weit vor und schlug dem Pseudo-Pferd auf die Hinterbacken. »Brav!«
     Die Landschaft schoß vorbei. Auf der rechten Seite erhob sich, im Dunst der Nebelschwaden fast verborgen, eine Bergkette; der Nebel bewirkte es, daß auf der Oberfläche des Planeten stets starke Feuchtigkeit herrschte. Es gab eine feste Haut aus wachsender Vegetation und kriechenden Insekten – überall war Leben, wohin Louis auch blickte, mit Ausnahme einer verkohlten Stelle am Fuß der Berge, einer schwarzen Wunde, die schon wieder von den Pflanzen überwuchert wurde.
     Dort hatten die Schutzkuppeln der Forschungstrupps gestanden. Die Nicht-Venusier, die vor ihnen hiergewesen waren und eingesperrt in ihren Kuppeln gelebt hatten, waren jetzt tot; es gab nur noch die acht Venusier.
    Als das zweite Schiff landete, befanden sich die Ambulanzen schon auf dem Weg. Die zweite Landung war erfolgreicher; das Raumschiff blieb praktisch unbeschädigt, niemand wurde verletzt. Im ersten Monat hatten die Nicht-Venusier sie voll unterstützt – trotz der Anweisungen der Krisenregierung. Im März hörten dann die Funksendungen der Krisenregierung auf. Eine Woche später explodierte ein riesiges Projektil zwischen den Kuppeln der Nicht-Venusier – es gab nur noch die acht

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