Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die seltsame Welt des Mr. Jones

Die seltsame Welt des Mr. Jones

Titel: Die seltsame Welt des Mr. Jones Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
unfaßbar. Eine Weile begriffen sie gar nichts.
     »Wir sind wieder zu Hause«, murmelte der Junge betäubt und verwirrt. »Etwas ist schiefgegangen. Wir sind im Kreis geflogen.«
     Aber es war nicht der Tank. Und doch war er es. Vertraute dunstige Berge ragten empor. Überall wuchsen grüne Flechten; der Boden bestand aus einem Gewirr grüner Pflanzen. Es roch nach kompliziertem, organischem Leben – ein satter, vielfältiger Geruch, ähnlich dem Geruch, an den sie sich erinnerten, aber gleichzeitig viel lebendiger. Sie rissen die Augen auf; es gab keine Abschlußmauer. Die Welt hatte kein Ende. Sie erstreckte sich, so weit das Auge reichte und darüber hinaus. Die Welt war überall.
     »Mein Gott«, sagte Frank. »Das ist keine Nachahmung.« Er bückte sich und hob ein schneckenartiges Kriechtier auf. »Kein Roboter – das Tier lebt. Es ist echt!«
     Irma tauchte aus dem Nebel auf. Über ein Auge rann Blut, ihr Haar war verklebt und wirr, ihre Kleidung zerrissen.
     »Wir sind zu Hause«, stieß sie hervor. Dann riß sie in wilder Gier Pflanzen aus. »Schaut euch das an – erinnert ihr euch? Wir können atmen! Wir können leben.«
    In der Ferne erhoben sich gewaltige Dampfsäulen, Geysire kochenden Wassers, die durch das Gestein an die Oberfläche gepreßt wurden. Irgendwo hämmerte ein riesiger Ozean, der unsichtbar hinter dem bewegten Vorhang aus Nebelschwaden lag.
    »Horcht«, sagte Frank. »Hört ihr das. Hört ihr das Wasser?«
     Sie lauschten. Sie hörten es. Sie streckten die Hände aus und versuchten zu fühlen; sie warfen sich auf den Boden, packten zu, preßten die Gesichter in den feuchten, warmen Humus.
    »Wir sind zu Hause«, sagte Irma weinend.
     Sie alle weinten und stöhnten, schrien vor einer Freude, die noch nichts begriff. In diesem Augenblick raste schon das andere Raumschiff herunter.

    XVI

     Unter der Wolkendecke schwankte die Oberflächentemperatur der Venus zwischen 37,2 und 38,3 Grad Celsius. Die unterste Schicht der Atmosphäre war ein Gemisch aus Ammoniak und Sauerstoff, das stark mit Wasserdampf gesättigt war. Zwischen den Meeren und Gebirgen hauste eine Vielzahl von Lebensformen.
     Louis und Irma reparierten gerade einen Turbinen-Traktor, als Dieter aufgeregt erschien.
    »Es ist fertig!« schrie er. »Wir fangen an!«
    Louis streckte den Kopf unter dem Traktor hervor. »Was ist fertig?« fragte er.
     »Das Getreide. Wir ernten es. Wir haben alle Geräte hingebracht. Vivian schließt sie eben an.« Dieter hüpfte auf und ab. »Ihr müßt alle mithelfen – das andere hat Zeit. Ich habe Frank und Syd geholt, sie sind schon unterwegs. Wir treffen uns alle. Garry kommt auch mit.«
    Murrend kroch Louis unter dem Traktor hervor.
    »Das ist kein Getreide. Nennt es nicht so.«
    »Im geistigen Sinn ist es Getreide, dem Wesen nach.«
    »Auch wenn es dunkelgrün ist?« fragte Irma belustigt.
     »Selbst wenn es rote Streifen und silberne Punkte hat. Selbst wenn es dreißig Meter hoch ist und spitzenverzierte Ähren hat. Selbst wenn es Ambrosia und Kaffeesatz enthält. Es ist Getreide.«
    Louis wischte sich die Stirn.
     »Wir können erst kommen, wenn der Traktor fertig ist.« Zu Dieters Haus mußte man achtzig Kilometer über hügeliges Gelände zurücklegen. »Ich glaube, wir brauchen eine neue Zündspule. Wir müssen also zum Schiff zurück.«
     »Ach was«, sagte Dieter ungeduldig. »Ich habe meinen Wagen mit dem Zugpferd dabei – da passen wir alle hinein.«
     Der Wagen und das Zugpferd standen ruhig dabei. Louis ging vorsichtig darauf zu; seine Augen waren argwöhnisch verengt.
     »Wie nennst du das?« fragte er. Er hatte die Tiere wohl aus weiter Entfernung gesehen, aber noch nie so nah. Das ›Pferd‹ bestand fast nur aus Beinen und hatte unglaublich große Füße, die wie lederne Saugnäpfe aussahen. Ein verfilztes Fell hing am Körper. Der Kopf des Wesens war winzig, die Augen hielt es halb geschlossen. »Wie habt ihr das eingefangen?«
     »Sie sind ganz zahm, wenn man Geduld mit ihnen hat.« Dieter stieg auf den Wagen und ergriff die Zügel. »Ich habe ihm enorm viel beigebracht. Sie sind mit so etwas wie Telepathie begabt. Ich brauche nur zu denken, was ich will, dann läuft es los.« Er rümpfte verächtlich die Nase. »Laßt doch den Traktor. Auf die Dauer könnt ihr ihn doch nicht in Schuß halten. Das ist das Fahrzeug der Zukunft – der Pferdewagen wird sich durchsetzen.«
    Irma stieg zu Dieter hinauf, und nach kurzem Zögern folgte auch Louis. Der Wagen war

Weitere Kostenlose Bücher