Die Sexklinik
geirrt
haben müßte. Das tat ich auch, aber er bestritt, daß ihm ein Irrtum unterlaufen
sein könne; dabei war er so gottverdammt nervös, daß er praktisch an die Decke
gegangen wäre, wenn ich mich nur laut geräuspert hätte. Wie ich schon sagte,
hier hat jeder das Blaue vom Himmel gelogen, aber jetzt wird es allmählich
Zeit, daß einer mit der Wahrheit herausrückt — und Sie haben die einmalige
Chance, die erste zu sein.«
»Sie können sich nicht
vorstellen, wie verhaßt mir Ihr Anblick ist, Mr. Boyd«, sagte sie mit leiser,
leidenschaftlicher Intensität. »Also gut! Was Ihnen Carole gestern abend von
mir erzählt hat, ist wahr, und auch das, was Sie im Hinblick auf sie vermuten.
Seit ihrer Teenagerzeit ist sie eine unbezähmbare Nymphomanin. Endlich konnte
ich sie überreden, die Klinik aufzusuchen — in der verzweifelten Hoffnung, daß
sie geheilt werden und dann ein normales Leben führen könne. Doch
unglücklicherweise war ihre Behandlung ebenso erfolglos wie meine. Sind Sie
jetzt zufrieden?«
»Ich frage mich die ganze
Zeit«, sagte ich langsam, »ob es etwa Caroles Akte war — und nicht die Ihre,
die Baker mitgehen ließ. Und würde es einen Unterschied machen, falls ich recht
hätte?«
»Nicht den geringsten«,
konstatierte sie trocken. »Caroles Geld wird treuhänderisch verwaltet, bis sie
25 Jahre alt ist, und ich habe nicht vor, dem Erpresser auch nur einen Cent für
uns beide zu bezahlen.«
»Und warum nicht?«
»Weil wir nicht sehr viel zu
verlieren haben, wenn dieser Baker wirklich unsere Krankengeschichten aus der
Klinik veröffentlicht. Keine von uns beiden ist eine Figur des öffentlichen
Lebens. Wir sind keine berühmten Schauspielerinnen oder ähnliches. Wen
interessieren schon die sexuellen Probleme zweier unbekannter Schwestern? Wer
sollte sich die Mühe machen, sie zu veröffentlichen, unsere echten Namen dabei
zu verwenden und eine Klage zu riskieren?« Sie funkelte mich wütend an, als sei
das alles meine Schuld. »Selbst wenn es einer täte, wäre der Skandal in wenigen
Tagen vorbei. Wir würden uns einfach zu einer Europareise entschließen, und bis
wir wieder zurückkehren würden, hätten die Leute diese billige Sensationsstory
längst vergessen.«
»Wissen Sie was?« sagte ich
respektvoll. »Sie haben ganz recht.«
»Natürlich habe ich recht«,
nickte sie. »Ich tippe darauf, daß dieser Baker inzwischen zum selben Schluß
gekommen ist. Das ist auch der Grund, warum er sich noch nicht mit mir in
Verbindung gesetzt hat.«
»Bei Beverly Hamilton jedoch
liegen die Dinge anders«, sagte ich beiläufig. »Sie macht sich solche Sorgen
über die Möglichkeit, daß nachteiliges Aufsehen der Klinik schaden und Nigel
Morgan um all sein Geld bringen könnte, daß sie bereit ist, Baker die
fünfzigtausend Dollar für sein Schweigen zu bezahlen.«
»Die arme Beverly!« Ihre Lippen
verzogen sich in einem schwachen, durch und durch bösartigen Lächeln. »Sie hat
schon immer versucht, gegen Windmühlenflügel zu kämpfen. Man sollte doch
glauben, daß sie nach drei mißglückten Ehen ihr Grundproblem akzeptieren würde
— so wie ich das meine.«
»Und ich dachte, die Kur in der
Klinik hätte bei ihr gewirkt«, sagte ich. »Deshalb sei sie auch so erpicht
darauf, Morgan zu heiraten.«
»Ich bin sicher, daß Beverly
sich selbst davon überzeugt hat«, sagte sie zuckersüß. »Sie hat ein großes
Talent, sich etwas vorzumachen. Ich muß sie bald einmal abends zum Dinner zu
mir bitten — nur wir zwei allein — , und dann werden wir ja sehen, was
passiert.«
»Ihren Typ muß ich mir für
meine Memoiren merken«, knirschte ich. »Abzulegen unter der Rubrik: Die
abstoßendsten Persönlichkeiten, denen ich unglücklicherweise jemals begegnet
bin.«
»Zwar sind alle Männer Narren«,
sagte sie verächtlich, »aber Sie nehmen dabei noch eine Sonderstellung ein,
Boyd.«
»Essen Sie Ihr Abendbrot«, schlug
ich vor.
»Ich habe keinen Hunger.« Mit
plötzlicher Ungeduld stieß sie den Teller von sich weg. »Und wo könnte meine
kleine Schwester im Augenblick sein?«
»Wieder in der Klinik«,
berichtete ich.
»Was!« Ihr Mund blieb
offenstehen, als sie mich verblüfft anstarrte. »Warum denn das?«
»Sie fungiert dort als mein
Geheimagent«, sagte ich leichthin. »Zumindest glaubt sie das.«
»Sie haben sie gebeten, dorthin
zurückzukehren, und sie hat das auch getan?« Sie schnippte mit den Fingern.
»Einfach so?«
»Einfach so«, nickte ich. »Und
warum auch nicht?«
»Als sie
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