Die Sextherapie: Roman (German Edition)
die Ecke bog, plötzlich mit einem sehr großen und harten Menschen zusammen. Sie landete auf dem Boden. »Verdammt noch mal, können Sie nicht besser aufpassen?«, rief sie, als der ungeschickte Trampel ihr auf die Füße half. Dann blickte sie auf.
»Aidan!«
»Verzeihung, dass ich Sie so überfalle, Shelley. Ich weiß selbst erst seit heute Morgen, dass ich Sie besuchen kann. Ich muss zu einer wichtigen Sitzung nach Wolverhampton und habe noch ein wenig Zeit. Also dachte ich mir, ich schaue mal, wie es Ihnen geht.«
»Prima«, entgegnete sie barsch. Sie wusste, dass sie sich anhörte wie eine beleidigte Leberwurst. Typisch Aidan, hier unangemeldet hereinzuschneien. Schließlich war sie diejenige, die in dieser Klinik eingesperrt war und sich anschreien lassen und mit attraktiven, sexuell verkorksten Männern herumschlagen musste, die sich ihr zu allem Überfluss auch noch an den Hals warfen. Sie wusste noch nicht, ob sie Aidan je verzeihen würde, dass er sie in diese Lage gebracht hatte.
»Wie sind Sie denn überhaupt hereingekommen?«, fragte sie und sah sich um. »Wir dürfen keine Besucher empfangen.«
»Ich habe einen Notfall in der Familie vorgeschützt. Das Mädchen an der Rezeption war anfangs ein wenig störrisch, aber ich konnte sie überzeugen.«
Wahrscheinlich, indem du ihr schöne Augen gemacht hast , dachte Shelley.
»Ihre Kolumne löst auf der Webseite wahre Begeisterungsstürme aus«, flüsterte Aidan. »Ich stelle Auszüge ins Netz und lasse die Leser abstimmen, welche Geschichte ihnen am besten gefällt. Die wird dann in voller Länge in der ersten Ausgabe abgedruckt.«
»Spitze«, schmollte Shelley. »Jetzt werden das Privatleben und die persönlichen Tragödien dieser Leute zum Gegenstand eines oberflächlichen Beliebtheitswettbewerbs.«
Aidan runzelte die Stirn und wich einen Schritt zurück. »Sie haben offenbar vergessen, dass Sie Journalistin sind, Shelley. Sie sind auf Firmenkosten hier, um einen Auftrag für uns zu erledigen, nicht um neue Freunde zu finden.«
Ein wenig gekränkt, zuckte Shelley die Achseln, setzte jedoch eine versöhnlichere Miene auf und nickte. »Ich weiß, tut mir leid. Wahrscheinlich kriege ich allmählich den Klinikkoller.«
Aidan beugte sich vor. »Erzählen Sie weiter«, forderte er sie leise auf und sah ihr mit einem auffordernden Nicken in die Augen. Shelleys Zorn verrauchte ein wenig.
»Meine Gefühle haben sich verändert, Aidan. Diese Klinik bewirkt etwas in mir. Auch wenn ich mir noch nicht sicher bin, was es ist«, meinte sie mit einem Lächeln. »Ich reagiere immer häufiger ungehalten«, fügte sie hinzu. »Außerdem bin ich emotionaler geworden, vielleicht könnte man es auch leidenschaftlicher nennen.«
Er lächelte, und seine Miene erhellte sich.
»Ein wenig Leidenschaft kann nicht schaden«, meinte er. »Obwohl es Ihnen auch vorher nicht an Leidenschaft gefehlt hat.«
»Wirklich?«
»Das, was ich während der Party im letzten Jahr auf der Tanzfläche gesehen habe, war nicht von schlechten Eltern.« Aidan hielt inne und wirkte kurz verunsichert. Dann wurde seine Miene wieder verschlossen und sein Tonfall sachlich. »Mir war klar, dass Sie Mumm haben, Shelley, und die Richtige für diesen Auftrag sind.«
Shelley nickte. In ihrem Kopf drehte sich alles. Was war da gerade geschehen? Hatte sie einen Blick hinter seine Fassade erhascht?
»In der Redaktion tut sich eine ganze Menge. Brionys Kolumne ist wundervoll. Erstaunlich, was sie angeblich alles anstellt... Sie wohnen doch mit ihr zusammen, richtig? Ist sie wirklich so?«
Shelley nickte. »Ich wage zu behaupten, dass alles stimmt, was sie schreibt. Vermutlich lässt sie die heißesten Stellen sogar unter den Tisch fallen, damit ihr Computer nicht Feuer fängt.«
Aidan lachte. »Die Jungen von der Poststelle bloggen zwischen ihren Botengängen wie die Teufel. Sie haben einige... äh... interessante und eindeutig formulierte Ansichten zu bieten, insbesondere, was einige der jüngeren Kolleginnen angeht.«
»Was ist mit Freya?«, erkundigte sich Shelley so beiläufig wie möglich.
»Sie hat ein paar gute Sachen geschrieben«, antwortete Aidan und betrachtete seine Füße. Hmm , dachte Shelley, warum so schüchtern? »Sie hat mir einige tiefe und lange...«
»Ja?«, hakte Shelley nach.
»... Einblicke in die Psychologie der Liebe verschafft. Vielleicht gebe ich ihr die Titelgeschichte.«
»Vielleicht?«, fragte Shelley.
»Sofern ich mich nicht für eine andere Titelgeschichte
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