Die Sextherapie: Roman (German Edition)
»Wir haben uns geküsst und versöhnt. Aber sie ist trotzdem eine blöde Kuh.«
Es war schön, dass alle wieder zusammen waren, fand Shelley, während sie aus dem Becken kletterte und zur Umkleide ging. Larry blickte ihr nach.
Beim Duschen fühlte Shelley sich beobachtet. Also sah sie sich in der Gemeinschaftsdusche um und überlegte, ob es hier vielleicht Ritzen oder Löcher gab, die es einem Spanner erlaubten, seiner Leidenschaft zu frönen. Sie konnte zwar nichts entdecken, doch ihr war ziemlich mulmig zumute. Deshalb wickelte sie sich in ein Handtuch, nahm ihre Sporttasche und beschloss, sich eine Umkleidekabine zu suchen. Sie rüttelte an einigen Türen, doch die waren alle abgeschlossen. Eine jedoch ließ sich öffnen, und sie spähte hinein. Es war ein Heizungsraum, der offenbar nur selten benutzt wurde. Shelley schlüpfte durch die Tür und schloss diese hinter sich. Der Raum war warm und vermittelte Geborgenheit. Sie zog sich an und suchte sich auf einigen Schaumstoffmatratzen in einer Ecke ein bequemes Plätzchen. Dann holte sie ihr BlackBerry aus der Tasche. Seit Sandras Besuch in ihrem Zimmer, während sie im Pub gewesen war, hatte sie das BlackBerry und das Ladegerät immer bei sich.
Shelley machte es sich gemütlich und machte sich daran, ihren nächsten Artikel für Aidan zu schreiben.
Wenn meine Mum mich jetzt sehen könnte , dachte sie. Ich sitze in einem Heizungsraum in einer Klinik für Sexsüchtige, verfasse einen scharfen Bericht über die sexuellen Abenteuer eines Rockstars und maile ihn an einen Chef, auf den ich ein bisschen stehe. Oder sogar sehr, wenn ich ehrlich bin.
Beim Schreiben kicherte sie in sich hinein. Doch das Lächeln verflog schlagartig, als ihr einfiel, dass es bis zu ihrer eigenen Beichte nur noch zwei Tage waren.
Sie wollte ihre Freunde nicht anlügen. Aber was sollte sie sonst tun?
18
Durch die Fenster des Bergsteigerzimmers strömte Sonnenlicht herein. Shelley ließ den Blick über die Felder schweifen und beobachtete einen Raubvogel, der in der Luft schwebte und darauf wartete, dass eine ahnungslose Maus oder ein Kaninchen aus seinem Bau kam. Shelley kam sich vor wie die Maus.
»Es wird spät«, rief Verity durch die Tür, weil die letzten Nachzügler noch draußen herumtrödelten. Cliff und Cheryl tuschelten miteinander und besprachen ihre Beichte. Will und Abigail saßen bereits. Shelley steuerte auf ihren Platz zu, während die Jungen und Rose hereingehastet kamen und die matronenhafte Therapeutin verlegen anlächelten.
»Nun gut«, sagte Verity und lächelte dem Paar zu. »Wir haben keine Zeit zu verlieren. Bitte fangen Sie an, wenn Sie bereit sind.«
Die beiden wechselten einen verlegenen Blick und standen Hand in Hand auf.
»Hoffentlich stört es euch nicht«, begann Cliff, »aber wir möchten unsere Geschichte gemeinsam erzählen. Außerdem haben wir uns einige Aufzeichnungen gemacht, um nicht vom Thema abzuschweifen.«
»Ausgezeichnet«, meinte Verity. »Dann also los.«
Cheryl: Bei uns ist es gewissermaßen eine Sandkastenliebe. Wir wohnten in Portishead, einem Vorort von Bristol, in derselben Straße. Unsere Eltern waren befreundet, und wir spielten zusammen im Park – auch Doktorspiele und so. Außerdem gingen wir auf dieselbe Schule. Cliff ist zwar ein Jahr älter als ich, aber wir trafen uns auf dem Pausenhof. Er war wie ein großer Bruder, der mich beschützte. Das erste Mal geküsst haben wir uns vor dem McDonald’s in Bristol. Später, in der Oberschule, gingen wir mit anderen Partnern, blieben jedoch stets enge Freunde. Im vorletzten Schuljahr wurden wir dann ein Paar und verloren unsere Jungfräulichkeit miteinander unter einer Decke bei einer Fete am Ende des Schuljahrs. Anschließend besuchten wir verschiedene Universitäten.
Cliff: Natürlich verloren wir uns aus den Augen. Ich hatte eine ernsthafte Freundin, das heißt, dass wir es ernst miteinander meinten, nicht, dass sie nie gelächelt hätte. Sie war so etwas wie eine Punkerin. Ich muss zugeben, dass ich damals kaum an Cheryl dachte. Wenn wir unsere Eltern besuchten, trafen wir uns, der Kontakt brach also nie ganz ab. Wahrscheinlich ging ich einfach davon aus, dass sie immer da sein würde. Cheryl war für mich ein Stück Heimat, ein Teil meines Lebens und ein Teil von mir.
Cheryl: Nach der Uni legte ich erstmal ein Jahr Pause ein. Cliff zog nach London, wo man ihm eine Stelle als Trainee bei einer Versicherungsgesellschaft angeboten hatte. Als ich aus Asien
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