Die Sherbrooke Braut
Mylord.«
Douglas nickte ihm zu. Was ihn betraf, so hatte McCallum ihn verraten, als er diesem verdammten Frauenzimmer Sinjuns Stute überlassen hatte. So wie sein Butler Hollis, nicht zu reden von seinem Cousin, diesem verfluchten Flegel, diesem verdammenswerten Tony, der es verdiente, von ihm erschossen zu werden.
»Ihre Ladyschaft hat einen guten Sitz und eine leichte Hand«, bemerkte McCallum und goß damit Öl auf Douglas’ Feuer.
»Sie müssen sich nicht sorgen, daß Fanny unter einer falschen Behandlung leiden müßte.«
Douglas brummte. Wen interessierte, ob sie eine geschickte Reiterin war? Ihn nicht. Überhaupt, wer hatte sich um ihn gesorgt? Niemand. Keine verdammte Menschenseele.
Er half Alexandra aufs Pferd, drehte sich um und bestieg Garth. Der mächtige Zuchthengst hatte sich während der zwei Wochen in seiner Box vollgefressen. Er wieherte nun, tänzelte zur Seite und gab alles in allem eine gute Darbietung.
Douglas lachte vergnügt. Er sprach ihm zu, klopfte seinen Hals und ohne zurückzuschauen, gab er ihm die Sporen zum Galopp.
Alexandra sah Hengst und Reiter einen Moment lang nach und sagte: »Nun Fanny, vielleicht sollten wir ihm zeigen, daß wir uns nicht zieren und ganz und gar nicht geschaffen sind, an seinem Staub zu ersticken.«
Sie winkte McCallum leicht zu und preschte rasch hinter ihrem Ehemann her. Die Auffahrt war sehr lang, umsäumt von Linden und Buchen mit dichtem, dunkelgrünem Blätterwerk.
Douglas wartete oberhalb des alten Pförtnerhauses auf sie. Er beobachtete, wie sie auf ihn zuritt. Sein Gesicht blieb ausdruckslos. McCallum hatte recht, sie ritt sehr gut. Doch berührte es ihn nur insofern, als Fannys weiche Nüstern nicht verletzt würden. Kaum merklich nickte er ihr zu, gab Garth die Sporen und verfiel wieder in Galopp. Während er die Hecke zu den nördlichen Feldern von Northcliffe nahm, beobachtete er aus den Augenwinkeln, wie Alexandra Fanny freigab, leicht über die Hecke sprang und ihm nachritt. Am Ufer eines gewundenen engen Baches hielt er an. Dies war einer seiner Lieblingsplätze in seiner Kindheit gewesen.
Als Fanny neben Garth stehenblieb, sah sich Alexandra um und rief freudig: »Welch ein zauberhafter Platz. Dieser Bach erinnert mich an einen ähnlichen auf dem Chambers-Anwesen. Als kleines Mädchen war' ich sehr gerne dort. Ich verbrachte viele glückliche Stunden mit Angeln und mit Schwimmen -wobei das Wasser meist zu flach war. Gerade tief genug, um darin herumzuplantschen und ordentlich naß zu werden - um eben eine schöne Zeit zu haben.«
Der Versuch, eine kleine Unterhaltung anzufangen, schlug fehl.
Douglas sah in die Ferne, in Richtung Smitherstone Wälder, und sagte unvermittelt: »Sagen Sie mir, warum haben Sie das getan?«
Alex fühlte ihr Herz in dumpfen Schlägen pochen. Der liebe Gott wußte, daß da viele Wahrheiten zusammenkamen. Sie würde ihm eine nennen und hoffen, er würde sich damit zufriedengeben. Eine, die ihm Tony sicher schon letzte Nacht aufgetischt hatte. Es war eine gute, in der Tat, die wichtige, wenn man von ihres Ehemannes Standpunkt aus sprach. »Mein Vater brauchte dringend Kapital, denn mein Bruder ist gerade aus
Amerika geflohen und hat einen Berg Schulden hinterlassen. Tonys Angebot alleine hätte da nicht ausgereicht - verstehen Sie, Mylord? Ein weiterer wesentlicher Grund war Zeit, wir waren nahe daran, unser Heim zu verlieren, und...« Douglas fuchtelte mit seiner Hand durch die Luft. Garth, irritiert von der plötzlichen Bewegung seines Herrn, drehte seinen Kopf und biß in Fannys Hals. Fanny wieherte und warf ihre Hinterbeine in die Luft. Alex verlor die Kontrolle, schrie überrascht auf, ruderte mit den Armen, um die Balance zu halten, versagte, rutschte von Fannys Rücken und landete mit ihrem Hinterteil auf dem harten Boden.
Da saß sie nun im Staub und hatte das Gefühl, sich sämtliche Knochen gebrochen zu haben. Sie rührte sich nicht aus Angst und sah zu Douglas hinauf, der sein Pferd beruhigte. Seine Augen waren beinahe schwarz. Er stieg schnell ab. Fanny, verflucht seien ihre Hufe, schlug ihre Hinterbeine nochmals hoch, drehte sich herum und galoppierte in Richtung Sherbrooke-Anwesen zurück.
»Fehlt Ihnen etwas?«
»Ich weiß nicht.«
»Glücklicherweise sind Sie gut gepolstert, mit all diesen Unterröcken. Können Sie stehen?«
Alexandra nickte. Sie kam auf ihre Knie. Ihr schwindelte. Sie schüttelte ihren Kopf, um ihn klar zu bekommen.
Douglas packte sie unter die Arme und zog sie hoch.
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