Die Sherbrooke Braut
Sie wiegt nicht viel, dachte er, und doch fühlte sie sich sehr weiblich an. Da spürte er jedoch, wie sie sich vom Nacken bis zur Hüfte verspannte.
Er ließ sie los. »Es ist schon gut.« Sie blickte in Richtung Stall, der verborgen hinter zwei Meilen Bäumen und Feldern lag. »Fanny ist verschwunden.«
Es war seine Schuld. Douglas hätte laut fluchen können, denn das hieß, daß er dieses Mädchen jetzt vor sich auf dem Sattel halten - regelrecht festhalten! - mußte. Er, der sie nicht einmal anschauen wollte, nicht in ihrer Gesellschaft sein wollte, geschweige denn, sie halten wollte.
Er würde sogar mit ihr sprechen müssen. Er war es ja, der ihren Sturz verschuldet hatte.
»Sie sind offensichtlich doch keine so gute Reiterin wie Sie behaupten, sonst wären Sie aufmerksamer gewesen.«
Dieser verbale Angriff war bei weitem der beste bisher, denn er traf ihren Stolz mit einem tödlichen Hieb. Sie war nicht nur eine kompetente Reiterin, sie war die Beste. Sie hatte schon geritten, noch ehe sie laufen konnte. Sie war nicht nur die Beste, sie war die Beste der Besten.
Sie sprach mit frostiger, tiefverletzter Stimme: »Es war Ihr Hengst, der, nachdem Sie sich auf seinem Rücken austobten, schlechte Manieren zeigte. In Anbetracht dieser Tatsache, daß er sich ungebührlich verhielt, haben Sie recht.« Sie drehte sich um und begann den langen Weg zurückzugehen.
Douglas beobachtete sie.
Er sollte sich entschuldigen.
Er sollte sie auf Garth heben.
Zur Hölle.
Ihr Reitkostüm war staubig, und er sah einen Riß unterhalb ihres rechten Arms. Ein gutes Stück Saum war aufgegangen und schleifte hinter ihr im Schmutz. Ihr Hut lag mitten auf dem Weg, und ihre Haare fielen offen über den Rücken. Sie humpelte etwas.
Er fluchte, gab Garth die Sporen und ritt ihr nach.
Alexandra hörte ihn kommen. Sie ging unbeirrt weiter. In diesem Augenblick wünschte sie, daß jeder wunderschöne Zentimeter seines Körpers verrotten möge. Plötzlich beugte er sich herunter, schlang seinen Arm um ihre Hüfte, hob sie hoch und setzte sie vor sich auf den Sattel.
»Es tut mir leid, verdammt noch mal.«
»Sehr romantisch. Keiner Schriftstellerin hätte eine hinreißendere Darstellung aus der Feder fließen können.«
»Nur weil ich nicht mit Ihnen streiten oder wieder absteigen wollte... was für ein verdammter Unsinn!«
»Ich hätte zu Fuß gehen können«, entgegnete sie milde. »Es ist ganz und gar nicht weit.«
»Sie sehen wie eine Vogelscheuche aus, wie eine Dirne, die sich an einem halben Dutzend Männern erfreut hat, die sie aber nicht genügend befriedigte und deshalb keinen Pfennig für ihre Arbeit erhielt.«
Sie sagte nichts, saß mit kerzengeradem Rücken und starrte auf die Straße.
»Ich nehme an, ich werde Ihnen nun ein neues Reitgewand kaufen müssen.«
»Es sieht nicht so aus, als müßte ich Sie dazu überreden.«
»Es war wohl meine Schuld - Ihr Sturz, meine ich. Ich werde es wiedergutmachen. Dennoch, Sie hätten wachsamer, mehr auf das Unerwartete vorbereitet sein sollen.«
Alexandra hatte ein sanftmütiges Wesen. Sie war geduldig und ausdauernd, doch sie wußte sich zu behaupten; sie konnte ihren Mund halten, um unangenehme Szenen zu verhindern. Sie war niemals rücksichtslos. Selbst, wenn ihre Mutter nicht aufhörte zu nörgeln und Melissande sie bis zum äußersten herausforderte; stets lächelte sie und ging ihrer Wege. Aber mit Douglas, ihrem Ehemann... wie konnte er es wagen, ihre Reitkünste zu bespötteln? Sie konnte sich einfach nicht zurückhalten. Heimlich drückte sie gegen seinen Arm und schob sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen ihn. Von diesem Druck überrascht, rutschte Douglas auf der anderen Seite herunter. Er hätte sich retten können, hätte Garth nicht entschieden, daß ihm das zusätzliche Gewicht auf seinem Rücken mißfiel und er seinem Herrn klarmachen mußte, daß er nicht wie ein herkömmlicher Gaul behandelt werden konnte. Garth bäumte sich auf. Alexandra gelang es, fest an Garths Mähne geklammert, die Balance zu halten, Douglas verlor sie. Er fiel mit einem lauten Plumps auf den Weg und landete seinerseits nun auf seinem Allerwertesten. Die Zügel schleiften am Boden, und Garth sprang sofort zur Seite, weg von seinem Herrn, blieb aber dank Alexandra stehen.
Wie Alexandra vorher, so lag nun auch Douglas still und tastete nach, ob irgend etwas gebrochen war.
Er hob seinen Blick, immer noch regungslos, und sagte: »Dafür werde ich Sie verprügeln.«
»Tony behauptet, Sie
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