Die Shopping-Prinzessinnen
Presseerklärung herausgegeben, die weitere dubiose Informationen
enthielt. Jetzt behauptete sie, Monsieur X sei zum zoroastrischen Glauben übergetreten und deshalb sei es ihm strikt verboten, an irgendwelchen Huldigungen für seine Person teilzunehmen. Es sei daher höchst unwahrscheinlich, dass er bei der Vorstellung seiner genialen Kollektion anwesend sein werde. Mir war das nur recht, denn ich hatte noch nicht gewagt, irgendjemandem von meinem völligen Misserfolg bei der Suche nach Monsieur X zu berichten.
Ein weiteres klitzekleines Problem war der noch immer andauernde Modelstreik, bei dem es jetzt um biologisch abbaubares Haarspray und Sternekoch-Lunches ging. Caprice war inzwischen mit ihrem Verehrer ER in den Sonnenuntergang entflogen (wer konnte ihr das verdenken?), und da ein Ende des Arbeitskampfes nicht absehbar war, beschlossen wir einen gewagten Schritt: Wir würden unsere Models unter den japanischen Touristinnen suchen, die Louis Vuitton besetzt hatten. Es war das Einzige, was uns übrig blieb. Ich weiß, es klingt völlig verrückt, aber verzweifelte Zeiten verlangen nun einmal verzweifelte Maßnahmen. Obendrein hatten wir Riesenglück: Wir konnten ein Frauen-Basketballteam rekrutieren, die Hatsuhana Hurricanes, die in halbprofessionellen Sportlerkreisen durchaus bekannt waren.
Mercie machte daraus eine große Innovationsstory, und gerade weil sie so völlig abgehoben und überspannt war, stellte sie niemand in Frage. Es war so ähnlich wie Des Kaisers neue Kleider , bloß umgekehrt.
Das wäre alles schön und gut gewesen, wenn unsere japanischen Sportlerinnen nicht gedacht hätten, sie sollten an einer Reality-Show im Fernsehen teilnehmen, die zufällig »X« hieß. Wie sie auf die Idee gekommen waren, wusste keiner so recht, um sie allerdings nicht zu enttäuschen, sorgte Mercie dafür, dass Mick den Hatsuhana Hurricanes als Producer der Show vorgestellt wurde, was ihm sehr viel Spaß machte.
I ch kam am späten Abend zum Hausboot(dreißig Stunden vor der Show oder »T minus 30«). Es herrschte Hochbetrieb, so als wäre es früher Nachmittag. Während Schwärme von Schreinern, Elektrikern, Möbelpackern, Dekorateuren, Security-Männern und PR-Assistentinnen durcheinanderschrien, rollten auf der Avenue de Suffren schon die News Trucks der Fernsehsender heran. Es sah so aus, als ob die größten Hindernisse für das Event aus dem Weg geräumt worden wären, und mein Leben bestand jetzt im Wesentlichen aus einer Reihe von fürchterlichen »Was-wenns«. Was, wenn die Amateurmodels auf dem Laufsteg stolperten, wenn die Lizenzgeschäfte Springs scheiterten oder ein Meteorit vom Himmel fiel und das Hausboot versenkte?
Mercie und Spring hatten beschlossen, die Event-Arena stark zu erweitern. Sie umfasste jetzt den ganzen Kai zwischen dem Hausboot von Hautelaw und dem von einem gewissen Monsieur Dumfries, das ein Stück weit flussabwärts vor Anker lag. Als luftige
Garderoben für die Models, für Pressekonferenzen und ähnliche Dinge hatte Mercie schicke weiße Partyzelte aufstellen lassen. Große Sichtblenden mit einem riesigen silbernen »X« lenkten die Blicke des Publikums auf den Laufsteg, der hinunter zum Fluss führte.
Das Hausboot selbst hatte Dax in ein architektonisches Schmuckstück verwandelt. Es war wie ein schwimmendes Schloss, wie wenn sich das Opernhaus von Sydney mit dem Guggenheim in Bilbao gepaart hätte. Es schien mit seinen schwungvollen weißen Linien und sinnlichen Formen fast wie ein Schwan auf dem Wasser zu schweben.
Während ich zum Ufer hinunterging, waren die Elektriker gerade dabei, das Netz von kleinen Halogenscheinwerfern auszuprobieren, das zwischen den hohen Aluminiummasten am Rand der Arena hing. Die Scheinwerfer würden den Laufsteg wie strahlende Sterne beleuchten. Am anderen Ende sah ich Dax, der gerade dabei war, ein kleines Gefolge von Handwerkern auf das Hausboot von Monsieur Dumfries zu führen. Ich hielt kurz inne und dachte wieder mal, was für ein gutaussehender Typ er war, dann riss ich mich los und betrat eins der Zelte.
»Komm, setz dich«, meinte Mercie, die neben einem Tisch voller Listen, Zeitungsausschnitte und Schnellhefter saß. Sie hockte zusammen mit einer Praktikantin vor einem Powerbook, umgeben von zahllosen Handys und BlackBerrys. »Du kommst gerade rechtzeitig.«
»Wozu?«
»Ich habe das Tip Sheet fertig, das ich an die Presse mailen will. Hier«, sagte sie und gab mir einen BlackBerry.
Event: Vorstellung der
Debüt-Kollektion
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