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Die sieben Dämonen: Roman

Die sieben Dämonen: Roman

Titel: Die sieben Dämonen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Theorie zu testen. Die Worte, die sie jetzt äußerte – petra (was), tennu (wo), tes-a (ich) –, waren ihm alle während dieses dreijährigen Studiums mehrfach begegnet.
    »Ihr sagt, Ihr seid Nofretete. Habt Ihr einen Gemahl?«
    »Ja.«
    Mark rutschte bis zur Mauerkante vor. »Wo ist er?«
    »Er schläft …«
    »Wo?«
    »Im Cañon …«
    Mark hatte ein Gefühl, als ob sich ihm der Hals zuschnürte. »Wie ist sein Name?«
    »Er ist der, welcher Aton wohl gefällt. Er heißt ›Khnaton‹.«
    Mark fuhr sich mit dem Ärmel über den Mund. Er versuchte krampfhaft, sich zu beherrschen und nicht durch eine vorschnelle Handlung alles zunichte zu machen. Die Gestalt schien so zerbrechlich, so zart, und die Verbindung zwischen ihnen schien nicht stabiler als das Fädchen einer Spinne zu sein. »Können andere Euch sehen?«
    »Nein.«
    »Können sie Euch hören?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich weiß nicht, Davison. Wenn ich Euch ein Rätsel bin, so seid Ihr mir nicht minder eines.«
    »Wann lebt Ihr?«
    »In der Jetzt-Zeit.«
    »Ist das Eure Zukunft oder meine Vergangenheit?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Mark wußte nicht, ob er dabei war, den Verstand zu verlieren oder ob er träumte. Ich rede mit einer Halluzination! »Wißt Ihr irgend etwas über mich?«
    »Nein.«
    »Ich suche nach einem Grab. Wißt Ihr, wo es sich befindet?«
    »Pst!« Nofretete hob ihren milchigweißen Arm und hielt ihre Hand an die Wange. »Da kommt jemand.«
    Mark sah sich um. Im Camp war es dunkel und still. »Wir sind allein.«
    »Nein, mein Lieber, da ist jemand. Ich muß gehen. Aber ich werde wiederkommen, Davison. Hört auf die Alte …«
    Während er sie noch anschaute, verschwand sie, und ihr Glanz verblaßte langsam wie ein erlöschender Stern. Da vernahm Mark ein Rascheln hinter sich. Er sprang auf und sah, wie Samira durch die Dunkelheit auf ihn zukam. Als sie sich ihm bis auf ein paar Schritte genähert hatte, blieb sie stehen und funkelte ihn an.
    »Was geht da vor sich?« fragte er auf arabisch. »Erklär es mir.«
    »Es beginnt, Herr. Und jetzt müssen Sie schnell handeln.«
    »Habe ich geträumt? Ist sie nur ein Produkt meiner Einbildungskraft, oder werde ich langsam wahnsinnig?«
    »Die Zeit ist gekommen, Herr. Der Kampf steht kurz bevor. Wir müssen uns beeilen!« Ihre schwarzen Gewänder flatterten im Nachtwind. »Sie müssen mir jetzt folgen, Herr.«
    »Wohin?«
    »Ich muß Ihnen etwas zeigen.«
    Bevor er ihr noch weitere Fragen stellen konnte, wandte sich die Alte von ihm ab und schlurfte über den Sand davon.
    Verwirrt folgte Mark ihr nach.

    Samira führte ihn das Königliche Wadi hinauf und eilte die ganze Zeit voraus, ohne sich ein einziges Mal nach ihm umzudrehen. Der Vollmond und die Sterne leuchteten ihnen, aber es war trotzdem furchtbar dunkel, und Mark mußte sich sputen, um sie nicht aus den Augen zu verlieren. Dreimal – einmal sogar auf koptisch – rief er ihr zu, sie möge einen Moment stehenbleiben, doch Samira schien ihn gar nicht zu hören. Wie eine alte Krähe flatterte sie das langsam ansteigende Wadi hinauf und rutschte zweimal auf dem Geröll aus.
    Die Luft wurde immer kälter. Sie bogen in eine schmale Schlucht ein, die kurz vor dem Königsgrab vom Wadi abzweigte. Die nackten Felswände ragten bedrohlich neben ihnen auf. Mark folgte dem Beispiel der alten Frau und stützte sich rechts und links an den Felswänden ab, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.
    Diese tiefe Kluft führte vom Hauptwadi steil bergauf, und es wurde stellenweise so gefährlich, daß Mark und Samira sich auf allen vieren vorwärtsbewegen mußten. Sein naßgeschwitztes Hemd klebte ihm wie ein eisiges Leichentuch am Körper. Er atmete in kurzen, dampfenden Stößen. Die alte Frau strebte unermüdlich vorwärts. Leichtfüßig erklomm sie die Felsen, ohne ein einziges Mal zurückzublicken.
    Es war ein langer, tückischer Aufstieg, und als sie den hochgelegenen Teil des Wüstenplateaus endlich erreicht hatten, sank Mark auf die Knie und schnappte keuchend nach Luft. Ein rauher, schneidender Wind blies über ihn hinweg, und seine Lungen schmerzten in der eisigen Luft. Als Mark sich übers Gesicht fuhr, stellte er fest, daß seine Handflächen zerkratzt waren und bluteten.
    Samira, die ebenfalls nach Luft rang und dabei so stark schwankte, daß Mark dachte, sie würde zusammenbrechen, setzte ihren Weg jedoch unbeirrt fort. Er versuchte ihr nachzurufen, hatte aber weder die Kraft noch den Atem dazu. Dann stolperte er und fiel der

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