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Die sieben Dämonen: Roman

Die sieben Dämonen: Roman

Titel: Die sieben Dämonen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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stand und den Sonnenaufgang beobachtete, wurde mir plötzlich alles klar. Als ich bemerkte, was das für ein Licht am Himmel war, fiel mir auch ein, daß wir heute den neunzehnten Juli haben. Bei dem Stern handelt es sich um Sirius, dessen alljährlicher heliakischer Aufgang den alten Ägyptern den Beginn der Nilflut ankündigte.«
    »Was meinen Sie mit heliakischem Aufgang?« wollte Jasmina wissen.
    »So nennt man den Aufgang mit der Sonne. Man kann den Stern nur kurz in der Morgendämmerung sehen, danach ist die Sonne zu hell.«
    »Aber warum ausgerechnet heute?« fragte Alexis. Ihre Stimme klang desinteressiert. »Das will ich Ihnen gern veranschaulichen. Hasim, darf ich mir für einen Augenblick Ihren Notizblock ausleihen?« Neu
    gierig beugten sich alle vor, während Mark eine grobe Skizze zeichnete. »Diese Linie ist der Horizont. Dieser Kreis ist die Sonne. Nun, wie wir alle wissen, geht die Sonne im Osten auf und im Westen unter. Was wir dabei aber nicht bedacht haben, ist, daß die Sonne sich auch längs des Horizonts in Süd-Nord-Richtung bewegt. Während sie täglich von Osten nach Westen wandert, beschreibt sie übers Jahr gesehen eine Bahn, die von Süden nach Norden verläuft. Die Hälfte des Jahres aber geht die Sonne irgendwo hier unten auf. Aber da die Erdachse schräg steht, beobachten wir, daß die Sonne sich leicht nordwärts bewegt.«
    »Stromabwärts«, bemerkte Ron.
    »Genau. Hier haben wir nun Sirius.« Er malte mit dem Bleistift einen Punkt neben den Kreis, der die Sonne darstellte. »Einen Teil des Jahres tritt Sirius nicht in Erscheinung, weil er hinter der Sonne versteckt ist. Doch da die Sonne sich nordwärts ›bewegt‹, erscheint Sirius zu einem bestimmten Zeitpunkt südlich von ihr und wird am Horizont sichtbar. Wie heute morgen.«
    »Immer am neunzehnten Juli«, staunte Jasmina.
    »Ja, immer. Die Ägypter wußten das. Sie waren großartige Sternforscher. Sie beobachteten, daß dieser Stern alle dreihundertfünfundsechzig Tage an derselben Stelle zum ersten Mal erscheint. Daran richteten sie ihr Jahr aus. Den alten Ägyptern war Sirius heilig.«
    »Und wie läßt sich dann die Sache mit dem Hund erklären?«
    »Ganz einfach. Daß ich nicht gleich darauf kam, ist zum Teil meine Schuld, weil ich das Rätsel falsch übersetzt habe. Zum Teil liegt es aber auch daran, daß uns mehr als drei Jahrtausende von den Männern trennen, die die Stele gemeißelt haben.« Mark zeichnete die Hieroglyphen, die in der letzten Zeile der Stele erschienen. »›Amun-Ra, stromabwärts fährt, liegt der Verbrecher, darunter, das Auge der Isis, versehen werden mit.‹ Im Grunde denkbar einfach, nur bin ich demselben Irrtum verfallen wie Ramsgate seinerzeit. Ich kann es mir nur so erklären, daß sich seine Übersetzung in meinem Kopf bereits so festgesetzt hatte, daß ich für andere Möglichkeiten nicht mehr offen war. Dieses Symbol hier« – er tippte auf das große Dreieck – »hat wie die meisten Hieroglyphen zwei Bedeutungen. Es ist das Verb ›versehen werden mit‹, steht aber auch für den Stern Sirius. Weil ich eine vorgefaßte Meinung darüber hatte, was diese Zeile aussagt, bevor ich
    sie selbst gelesen hatte, versäumte ich es, die zweite Bedeutung dieses Symbols heranzuziehen.«
    »Was macht Sie so sicher, daß die zweite Bedeutung die richtige ist?«
    »Ich weiß es, denn als mir erst klar war, daß damit der Stern gemeint ist, erinnerte ich mich auch daran, daß der Stern Sirius zuweilen als ›Auge der Isis‹ bezeichnet wurde. So lautet die neue Übersetzung: ›Wenn die Sonne am Horizont nordwärts wandert, liegt der Verbrecher unter Sirius, dem Auge der Isis.‹«
    Halstead schniefte und hielt sich ein Taschentuch vor die Nase. »Das ist immer noch keine Erklärung für den Hund.«
    Mark gab Hasim Notizbuch und Kugelschreiber zurück. »Mr. Halstead, Sirius ist der hellste Stern am Firmament. Er ist der einzige Fixstern im Sternbild Canis Maior. Wir kennen ihn auch unter dem Namen Hundsstern.«
    Halstead ließ das Taschentuch langsam sinken. »Hundsstern …«
    »Die Menschen des Altertums hatten nicht unsere heutige Bezeichnung dafür. Die Sebbacha sagte zu Ramsgate, er solle unter dem Hund nachsehen. Sein Fehler und der meinige bestand darin, daß wir den Wandel des Sprachgebrauchs über einen Zeitraum von dreitausend Jahren hinweg außer acht ließen. Was die alten Ägypter als das Auge der Isis bezeichneten, ist für uns der Hund.«
    »Aber wie können Sie sich da so sicher sein?«

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