Die sieben Dämonen: Roman
Hasims leinene Serviette, die zusammengeknüllt neben seinem Teller lag, leicht zitterte. Und niemand hörte das feine Schaben von acht mit spitzen Häkchen besetzten Beinen auf der Tischdecke.
»Sehen Sie, Dr. Davison, wir sind nun schon seit zwei Wochen hier. Das Ministerium erwartet einen Tätigkeitsbericht …«
Die Ecke der Serviette hob sich ein wenig, und ein kleiner, gelber Kopf kam darunter zum Vorschein. Ein Paar rote, lidlose Augen erkundeten die Lage. Zwei knochenharte Scheren öffneten und schlossen sich versuchsweise.
»Und wir haben zweifellos eine außerordentliche Entdeckung gemacht. Ich stimme natürlich mit Ihnen überein, Dr. Davison, daß es aus Ihrer Sicht besser wäre, noch ein paar Tage länger freie Hand zu haben, aber ich darf die Neuigkeiten nicht mehr zurückhalten …«
Ein schlanker, gelb-glänzender, segmentierter Hinterleib wölbte sich unter der Serviette zu einem Bogen.
»… ich würde einen Verweis bekommen.«
Mark zuckte resigniert mit den Schultern. »Hoffentlich können wir wenigstens die Presse noch eine Weile fernhalten.«
»Das werde ich meinen Vorgesetzten in meinem Bericht nahelegen.« Hasim steckte den Notizblock in seine Jackentasche und ließ seine Hand auf die Serviette sinken. »Allah!« Er riß den Arm so heftig zurück, daß er hinterrücks über die Bank fiel und zu Boden stürzte.
Als der Skorpion auftauchte und mit noch immer erhobenem Schwanz über den Tisch huschte, schrien alle auf und sprangen hoch. Mark packte seinen Teller und ließ ihn mit aller Wucht auf das Tier niedersausen, bevor es über die Tischkante entfliehen konnte. Während alle anderen noch starr vor Schrecken dastanden, rannte Jasmina sofort zu Hasim und öffnete ihre Arzttasche.
»Ich muß ihn sehen!« rief sie, während sie seinen Arm rasch mit einer Aderpresse abband. »Ich muß diesen Skorpion sehen!«
Mark schauderte, als er vorsichtig den Teller anhob. Die Tischdecke war sauber.
»He!« rief Ron. »Er ist entwischt!«
»Unmöglich«, entgegnete Mark. Er trat zurück und suchte hastig den Fußboden ab. »Ich weiß genau, daß ich ihn getroffen habe.«
»O Scheiße, Mann, er ist weg!«
Sanford Halstead fuhr herum und stürmte aus dem Zelt hinaus ins Freie.
»Na los, zeig dich schon!« Ron hatte eine Taschenlampe in der Hand und ließ den Lichtstrahl unter dem Tisch umherkreisen.
Hasim lag stöhnend am Boden und murmelte auf arabisch vor sich hin, während Jasmina seine Hand untersuchte. »Ich brauche Eis.«
Mark warf einen flüchtigen Blick auf Alexis, die wie in Trance auf die saubere Tischdecke starrte. Dann lief er zum Kühlschrank. Nachdem er die Eiswürfel in eine Serviette eingeschlagen hatte, kniete er sich neben Jasmina und legte das Eispaket auf Hasims Hand. »Ich muß wissen, um welche Art von Skorpion es sich handelte, Mark«, drängte sie. »Ich habe ihn nicht gesehen.«
»Ich kenne mich mit Skorpionen nicht aus.«
»War er dick oder schlank?«
»Ich glaube schlank.«
»Behaart?«
»Ich bin mir nicht sicher.« Mark schaute zu Ron hinüber, der sich auf ein Knie niedergelassen hatte und den Strahl der Taschenlampe noch immer über den Boden gleiten ließ.
»War er gelb?«
»Ja.«
Jasmina griff in ihre Tasche und holte eine Nadel und eine Fünf-Kubikzentimeter-Spritze heraus. Als sie den Zylinder aus einem Glasfläschchen füllte, meinte sie leise: »Die lebensgefährliche Art.«
Mark sah, daß Hasim der Schweiß ausgebrochen war. Er lag mit geschlossenen Augen da und murmelte vor sich hin.
»Wird er wieder gesund?«
»Das Serum wirkt schnell, aber er wird sich noch ein paar Stunden lang schlecht fühlen.« Jasmina rollte Hasims Ärmel hoch und spritzte in seine Armbeuge. »Jetzt müssen wir ihn in sein Zelt bringen.«
Mark rieb sich den Nacken, als er und Jasmina in die kühle Abendluft hinaustraten. Es hatte Probleme mit Hasim gegeben. Nachdem sie ihn ins Bett gebracht hatten, wurde der junge Mann plötzlich von Fieberphantasien heimgesucht und warf sich unruhig hin und her. Sein Puls hatte sich fast verdoppelt, und seine Temperatur kletterte rasch auf vierzig Grad. Mark mußte Hasim mit aller Gewalt auf dem Bett festhalten, während Jasmina ihm ein fiebersenkendes Mittel injizierte. Dann saßen sie bei ihm, bis die Krämpfe nachließen und das Fieber nachgelassen hatte.
»Die zu erwartenden Symptome äußern sich bei ihm ungewöhnlich heftig«, bemerkte Jasmina, als sie das Lager durchquerten. »Es wird ihm noch etwa zwölf Stunden schlechtgehen.
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