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Die sieben Dämonen: Roman

Die sieben Dämonen: Roman

Titel: Die sieben Dämonen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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explodierenden Sonne auf ihn herab. Dann hörte Mark einen metallischen Klang, wie das Läuten einer Glocke, und merkte, wie er langsam rückwärts über den Sand gezogen wurde.

    »Was ist passiert?«
    »Gute Frage«, erwiderte Ron.
    Mark blinzelte zu seinem Freund auf. »Bin ich … bin ich ohnmächtig geworden?«
    »Sie haben sich überanstrengt«, antwortete eine andere Stimme.
    Mark hob ächzend den Kopf und sah Jasmina am Fußende seines Bettes sitzen. Er bemerkte auch, daß seine Hände mit weißen Mullbinden umwickelt waren.
    »Was ist das?«
    »Das kommt von der Stufe. Du kannst froh sein, daß du überhaupt noch Finger hast.«
    »Stufe? Was für eine Stufe?«
    »Soll das heißen, daß du dich an gar nichts erinnerst? Gott, wir können von Glück sagen, daß wir es noch rechtzeitig schafften, dich herauszuziehen. So, wie du gegraben hast. Sand ist ja noch in Ordnung, aber hartem Fels kannst du nicht mit bloßen Händen zu Leibe rücken.«
    »Ron! Wovon redest du eigentlich?«
    »Von der Stufe, Mark. Du hast die erste Stufe der Treppe freigelegt, die hinunter zum Grab führt.«

Achtzehn
    Eigentlich hätten sich nun alle freuen müssen und allen Grund zum Feiern gehabt. Statt dessen herrschte aber nur Niedergeschlagenheit und Schwermut in der Gruppe. Niemand konnte den Anblick von Samiras gräßlich geschändetem Körper vergessen, den man in der Nacht gefunden hatte.
    Mark blickte unter dem Sonnendach hervor, das Abdul in der Nähe der Ausgrabungsstätte errichtet hatte, und sah, daß die siebte Stufe gerade freigelegt wurde. Mit dem Bleistift in der verbundenen Hand skizzierte er den Grundriß der Treppe aus allen möglichen Blickwinkeln. Er ging dabei so exakt vor, daß Rons Unvermögen, Fotos davon anzufertigen, wieder wettgemacht wurde. In den zwei Tagen seit der Freilegung der ersten Stufe hatten die Arbeiter nach Marks Einschätzung gut die Hälfte der Treppe ausgegraben. Er sah ihnen zu, wie sie in ihren strahlend weißen Galabias unter der sengenden Sonne arbeiteten. Mit ihren braunen Händen siebten und gruben sie und schwangen die archäologischen Werkzeuge. Zwei von Abduls fähigsten Männern halfen Ron bei jeder Stufe, denn Mark konnte wegen seiner verbundenen Hände an den Grabungsarbeiten nicht teilnehmen. Die übrigen standen in einer Reihe, siebten den ausgehobenen Sand aus und reichten ihn in Eimern von Hand zu Hand weiter, wie Ameisen. So legten sie allmählich die alte Treppe frei, die in den Berg hineinführte.
    Unter den Fellachen machte sich eine ungewöhnliche Nervosität bemerkbar. Sie unterhielten sich nicht, wie sie es sonst zu tun pflegten, und aus heiterem Himmel brachen immer wieder grundlose Streitigkeiten zwischen ihnen aus. Der Grund war die tote Scheicha.
    »Einige von ihnen möchten in ihr Dorf zurückkehren, Effendi«, hatte Abdul zu Mark gesagt, »der Ort hier ist ihnen nicht geheuer.«
    »Laß sie gehen. Wir haben jetzt ohnehin mehr Männer, als wir benötigen.«
    Mark konnte es den Fellachen nicht verübeln – der Anblick von Samiras Leiche hatte bei allen großes Entsetzen hervorgerufen.
    Der entblößte Leichnam der alten Fellachin war in der Nacht zuvor unweit des Camps gefunden worden. Aus ihrem Mund floß die glei
    che braune Substanz, die auch dem ersten Ghaffir aus dem Mund gequollen war. Ihr Gesicht war geschwollen und blau angelaufen, ihre Hand-und Fußgelenke waren gequetscht, was von ihrem Kampf gegen eine schreckliche Übermacht zeugte. Ihr ausgemergelter Körper lag verkrümmt im Sand, als habe sie sich im Todeskampf gedreht und gewunden.
    Die dunkelblaue Färbung ihres Gesichts deutete darauf hin, daß sie noch gelebt hatte, als ihr die braune Masse in den Mund gestopft worden war.
    »Viele Leute waren aufgebracht gegen sie«, flüsterte Abdul Mark ins Ohr. Sein Gesicht war kreidebleich. »Als sie der Aufforderung des ›Umda, Iskanders Mutter zu helfen, nicht nachkam, meinten die Dorfbewohner, sie habe ihnen den Rücken gekehrt. Iskanders Mutter starb; deshalb forderten sie Gerechtigkeit.«
    Mark hatte ein Hämmern im Schädel gespürt und mit tonloser Stimme gesagt: »Ja, natürlich, so wird es gewesen sein. Wirst du sie … beerdigen, Abdul, und die üblichen Gebete für sie sprechen?«
    »Ja, Effendi. Werden Sie mit dem ›Umda darüber reden?« Mark hatte nur den Kopf geschüttelt. »Dies ist ihr Land, Abdul. Es war ihre Art von Gerechtigkeit …«
    Er war nicht imstande gewesen, wegzusehen, trotz des widerlichen Gestanks, der von Samiras verfaulendem

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