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Die sieben Dämonen: Roman

Die sieben Dämonen: Roman

Titel: Die sieben Dämonen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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hockte etwas abseits im Sand und starrte vor sich hin. Mark sah ein-oder zweimal von seiner Arbeit auf, konnte in ihren ausdruckslosen Augen jedoch kein Anzeichen dafür erkennen, daß sie sich an die vergangene Nacht erinnerte. Sie schien die Begegnung vergessen zu haben. Mark hatte danach kein Auge mehr zugetan. Ihr verblüffendes Wissen, die unglaubliche Geschichte, die sie ihm erzählt hatte, die seltsame optische Täuschung, zwei Frauen in einer Gestalt zu sehen … wer oder was auch immer Nofretete war, sie hatte recht: Daß sie durch Alexis Halstead sprach, hatte ihn zuhören lassen. Und deswegen wußte er jetzt auch schon, was ihn hinter der Grabtür erwartete.
    »Mark.« Ron zog ihn am Arm. »Hier liegt etwas unter dem Sand.«
    Mark zog seine Handschuhe aus und tastete behutsam die Stelle ab, an der Ron gerade gearbeitet hatte. Er fuhr mit den Fingern durch den Sand, bis er an einer Stelle auf etwas Hartes traf. »Stimmt, hier ist etwas. Gib mir mal die Bürste.«
    Mark strich vorsichtig mit der Bürste über die Stelle, als entferne er den Staub von zerbrechlichem Porzellan. Zunächst ragte etwas Weißes, wie ein Stück Kalk, aus dem Sand auf. Mark bürstete weiter, während Ron sich immer wieder bückte und den Sand wegschaffte.
    Je mehr Sand sie beseitigten, desto größer wurde der Gegenstand. Offenbar reichte er bis zur letzten Stufe hinunter, die noch immer
    verschüttet war, und befand sich nur Zentimeter vor der Türschwelle.
    Plötzlich gab Ron ein zischendes Geräusch von sich und zog ruckartig seine Hände zurück.
    »Um Gottes willen!« entfuhr es Mark, der die Bürste fallen ließ und entgeistert auf das starrte, was sie da ausgegraben hatten.
    Aus dem Sand reckte sich ihnen das Skelett einer menschlichen Hand entgegen.

Zwanzig
    Ron drückte zum letzten Mal auf den Auslöser und meinte: »Das wird genügen.« Seit einer Stunde hatte er ununterbrochen fotografiert und jede Phase der Ausgrabung des Skeletts im Bild festgehalten. Mark hatte eben den letzten Schmutz entfernt, und jetzt lag es offen sichtbar auf der untersten Stufe neben der steinernen Türschwelle. Alle anderen – Abdul, die Halsteads, Jasmina, Hasim und die Fellachen – standen um den Rand der Grube herum und blickten schweigend hinunter. Sie hatten während der letzten Stunde kein Wort gesprochen.
    Marks Blick glitt über den erschreckenden Fund, von den Fußknochen, die in Lederstiefeln steckten, über die mit Lumpen verhüllten Beine und das Becken, über den Brustkorb und die Arme, die immer noch durch Knorpelbänder zusammengehalten wurden, bis hinauf zum Schädel, der mit braunen Haarbüscheln bedeckt war. Das Skelett lag auf einem Arm mit angezogenen Knien auf der Seite. Der andere Arm war halb ausgestreckt; die Finger, die durch die Verhärtung von Sehnen und Knorpeln starr geworden waren, deuteten auf die senkrecht verlaufenden Kratzspuren an der Steintür. Diese ganze makabere Situation vor dem Eingang zum Grab bewahrte ein Moment von Überraschung, von Erstarrung im Angesicht des Todes.
    Endlich brach jemand das Schweigen. »Das muß ein Mitglied der Ramsgate-Expedition sein.«
    »Die Stiefel«, meinte Mark, ohne aufzusehen, »solche Stiefel haben
    bestimmt keinem Fellachen gehört. Und die Kleiderfetzen. Das ist kein Stoff, den die Einheimischen hier tragen.«
    »Vielleicht Neville Ramsgate selbst«, vermutete Halstead. Ihre Stimmen wurden vom Wind weggetragen. Alle Augen waren wie gebannt auf den Totenkopf gerichtet, der teilweise noch mit teeriger, lederartiger Haut überzogen war. Der Mund war weit aufgerissen wie bei einem Schrei.
    »Die Kratzer an der Tür«, bemerkte Ron. »Es sieht so aus, als habe er versucht … ins Grab zu gelangen.«
    Mark antwortete nicht. Ein anderer Gedanke schoß ihm plötzlich durch den Kopf, während er unverwandt auf diese Grimasse des Toten starrte; eine grausige Vermutung, die ihm zunächst gar nicht in den Sinn gekommen war.
    »Effendi«, rief Abdul, der am Rand des Grabens stand, »sehen Sie dort, Effendi, an der Rückseite des Schädels.« Mark trat etwas zur Seite und hielt den Kopf schräg, um sich die bezeichnete Stelle anzusehen. Dann beugte er sich vor und fuhr mit der Fingerspitze an der Schädeldecke entlang, bis er auf ein kleines, rundes Loch in der Schädelbasis traf. Mark stand auf und richtete den Blick in Augenhöhe auf die Tür. Er überflog die Hieroglyphen und betrachtete die Kratzspuren etwas genauer. Dann zog er ein Messer aus seiner Hemdtasche, beugte sich

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