Die sieben Dämonen: Roman
In den späteren Jahren wurde ›Khnaton von einer Krankheit befallen, gegen die die Ärzte kein Heilmittel fanden. Seine Persönlichkeit veränderte sich, und er war schließlich nicht mehr er selbst. Sie sagten, er habe die heilige Krankheit. Ich glaube, er war nur müde und vom Leben enttäuscht. ›Khnaton war nicht er selbst, wenn er sich mit mir stritt. In diesen Momenten überfiel ein stechender Schmerz seinen Kopf. Er raufte sich die Haare und schrie Verwünschungen gegen Aton. Er sagte, sein Gott habe ihn im Stich gelassen, Aton habe ihm den Rücken gekehrt. Aber das stimmte nicht. Aton war immer gütig zu seinen Kindern und wachte über sie. Doch in einer Zeit der Heimsuchungen und Prüfungen hatte ›Khnaton nicht die Kraft, bis zum Ende durchzuhalten. Er sprach davon, nach Theben zurückzukehren und den Amun-Kult wiedereinzuführen. Wir stritten uns. Und als ich sah, daß meine Anwesenheit ihm nur noch mehr Verdruß bereitete und seinen Schmerz vergrößerte, daß meine heftige Liebe zu ihm und seinem Gott ihn zum Wahnsinn trieb, da entfernte ich mich von ihm, wohl wissend, daß der Tag käme, in dem er wieder nach mir verlangen würde. Es waren einsame Jahre, in denen ich getrennt von ihm in einem anderen Palast wohnte.«
»Haben Sie sich je … wieder vereint?«
»Mein Geliebter starb, bevor ich ihn wiedersehen konnte. Ich eilte an sein Sterbebett, doch das Leben war schon aus seinem armen, gequälten Körper gewichen. Habt Ihr ihn gekannt, Davison? Habt Ihr seine Güte und sein mitfühlendes Wesen gekannt? Er war ein geplagter Mann, denn er liebte die Welt so sehr, daß er sie am liebsten umarmt hätte. ›Khnatons Herz war zu weich für die Laster der Menschheit. Er
war ein … Unschuldiger, er war naiv; er nannte alle Menschen Brüder und war ihren Verbrechen gegenüber blind. Schließlich war es zu spät. Sie benutzten ihn und stürzten ihn dann ins Verderben. Ernüchterung und Verbitterung waren die Waffen, die ihn töteten.«
»Könnt Ihr ihn nicht zurückbringen? Könnt Ihr nicht seinen Namen aussprechen?«
»Nein, das ist nicht möglich. Dazu bedarf es eines Lebenden. Davison, Ihr werdet es für mich tun.«
»Was tun?«
»Seinen Namen auf ein Amulett schreiben – oder auch nur auf ein Stück Papyrus – und es auf seinen Körper legen. Danach müßt Ihr das Grab wieder versiegeln, so daß er niemals zu Schaden kommen kann. Dann wird ›Khnaton wieder leben, und seine Seele kann ins Westliche Land fliegen und in die ewige Glückseligkeit eingehen.«
»Aber … das kann ich nicht tun!«
»Warum nicht?«
»Weil …« Mark suchte verzweifelt nach Worten. »Ihr wißt nicht, warum ich hier bin, warum ich in dieses Tal gekommen bin …«
»Ihr seid ein Reisender.«
»Ich bin ein Wissenschaftler, ein Gelehrter. Ich bin gekommen, um Eure Lebensweise zu studieren.«
»Dann seid Ihr gewiß aus Babylon, Davison. Ich habe es schon vermutet, als ich Euren Bart sah.«
»Nein, ich …«
Die eisige Luft drang durch seine Jacke. Er zitterte heftig und dachte: Ich bin hergekommen, um das Grab zu öffnen und die Mumie Ihres Mannes wegzubringen! Er wird in ein Museum Hunderte Kilometer von hier entfernt gebracht und dort in einen Glaskasten gelegt, damit Millionen Menschen kommen und ihn bestaunen können …
»Eure Gedanken überschlagen sich, mein Lieber, ich vermag sie nicht zu lesen. Ihr seid in einem Konflikt. Trage ich Schuld daran?«
»Entschuldigung … es ist nur die Kälte.«
»Es ist Sommer.«
»Nun, ich friere trotzdem.«
»Davison …« Alexis streckte ihre schmale Hand nach ihm aus und
legte sie sanft auf seinen Arm. Durch den Jackenärmel hindurch spürte Mark ihre Wärme. »Tut, was ich von Euch verlange. Ich bitte Euch … Gebt meinem Geliebten das Leben zurück.«
Zwei Stufen und die letzte Hieroglyphenreihe waren noch freizulegen. Mark und Ron arbeiteten zusammen in der Grube. Sie hoben den Sand vorsichtig mit Schaufeln hoch, siebten ihn, füllten ihn in Eimer und reichten ihn an einen der Arbeiter außerhalb des Grabens weiter. Die Treppe war steil und verlief in einem spitzen Winkel, so daß die beiden Männer im Schatten der durch die Ausgrabung entstandenen Wände arbeiten konnten. Vor ihnen ragte groß und bedrohlich die Tür zum Grab auf.
Sanford Halstead saß oberhalb des Grabens und fächelte sich Luft zu, während Hasim, der sich an diesem Morgen ein wenig besser fühlte und darauf bestanden hatte, mitzukommen, mit Jasmina in einem der Landrover saß. Alexis
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