Die sieben Dämonen: Roman
tun?«
»Ich kann es versuchen, Dr. Davison, aber die Leute werden nicht erfreut darüber sein. Sie haben kein Vertrauen in Ärzte.«
Er lächelte. »Vielleicht wenn Sie singen, während Sie das Baby holen …«
Jasmina erwiderte sein Lächeln. »Ich brauche noch einige Sachen aus meinem Zelt.«
Als sie forteilte, sah der Junge ihr verwirrt nach. »Jasmina wird Iskanders Mutter helfen«, erklärte Mark.
»Allah! Ich bin geschickt worden, um die Scheicha zu holen! Ich werde Prügel beziehen!«
Mark wollte dem Burschen eben einen beruhigenden Klaps auf die Schulter geben, als ihm seitwärts eine dunkle Gestalt ins Auge fiel. Als er sich umdrehte, gewahrte er die alte Samira, die ihn vom Eingang des Gemeinschaftszeltes finster anstarrte. Ihr Blick war so durchdringend, daß er wegsehen mußte.
Als Jasmina kurz darauf mit ihrer Arzttasche zurückkam, kreischte die alte Fellachin wie ein Papagei und deutete mit einem knorrigen Finger auf ihre Rivalin. »Du ziehst dich an wie ein Mann und stellst deine Schamlosigkeit offen zur Schau!« rief sie in schrillem Arabisch. »Du verleugnest deine Abstammung, aber wenn du dich ausziehst, bist du noch immer Fellachin!«
Jasmina erstarrte für einen Moment und blieb wie versteinert stehen. Dann spürte sie, wie Mark sie sanft am Ellbogen berührte, und hörte ihn sagen: »Gehen wir.«
Der Junge stürmte ihnen voraus, sprang in den Landrover und stellte sich auf den Rücksitz, von wo aus er das Camp wie ein siegreicher General überblickte. Nachdem Mark ein paar Worte mit Ron gewechselt hatte, setzte er sich hinter das Steuer, und sie fuhren los.
Die Leute starrten dem Paar nach, das dem Jungen durch die engen Gassen folgte, aber niemand sprach ein Wort. Jasmina erntete mißtrauische und verächtliche Blicke, als sie in Khaki-Bluse und Hosen an Marks Seite einherging. Gelegentlich drangen aus finsteren Hauseingängen dumpfe Beschimpfungen an ihr Ohr.
Als sie sich einem Viehschuppen näherten, hörte Mark die rauhe Stimme von Umm Kulthum, der berühmtesten Sängerin Ägyptens, aus einem Radio dröhnen und ahnte, daß sie sich nicht weit von dem weißgetünchten Haus des › Umda befanden.
Gleich darauf wurden sie von dem › Umda persönlich empfangen. Er stand auf seinen Stock gestützt vor dem türlosen Eingang des Schlammziegelhauses und sah den beiden Besuchern mit herabhängenden Mundwinkeln entgegen. Der Junge verdrückte sich schnell.
»Guten Tag, Hagg« , grüßte Mark, wobei er lächelnd die Hand hob. »Friede sei mit Euch und mit Eurem Hausstand.«
»Ich habe nach der Scheicha verlangt.«
Mark war sogleich auf der Hut. »Die Scheicha arbeitet für mich und kann nicht kommen. Ich habe an ihrer Stelle jemand anderes mitgebracht …«
»Sie sind alleine gekommen, Dr. Davison.«
Mark pfiff leise zwischen den Zähnen hindurch und merkte, wie Jasmina einen Schritt zurückwich. Aus dem Innern des Hauses hörten sie eine Frau leise stöhnen.
»Ihr braucht Hilfe, Hagg .«
»Wir brauchen die Scheicha .«
»Ich habe eine Ärztin mitgebracht.«
Der › Umda spuckte in derselben Weise, wie der Junge es zuvor getan hatte, und erwiderte: »Die Scheicha gehört nicht euch.«
Mark wußte nicht, was ihm größeren Verdruß bereitete, der starrsinnige Alte oder die unerträgliche Hitze. Doch als er eben seinem Ärger Luft machen wollte, kam eine vierte Person um die Ecke und gesellte sich zu ihnen.
Es war ein kleiner, rundlicher Mann in schwarzen Hosen und einem weißen Hemd, dessen Ärmel hochgerollt waren. Er lehnte sich gegen die schmutzige Wand und musterte die Fremden mit einem Gesicht voller Überdruß. »Sie wollen ihre Zauberei«, sagte er auf englisch.
»Wer sind Sie?«
»Ich bin Dr. Rahman vom staatlichen Krankenhaus in El Minia.«
Mark bemerkte, daß der junge Mann eine ähnliche schwarze Tasche bei sich trug wie Jasmina und sehr erschöpft wirkte. »Sind Sie von den Dorfbewohnern gerufen worden?«
Dr. Rahman schüttelte den Kopf. »Ich machte gerade einen meiner Routinebesuche. Ich versehe meinen Dienst in dreißig Dörfern und komme einmal im Monat nach El Till. Ich fand die Frau unten am Fluß. Sie stand kurz vor der Entbindung und versuchte, Schlamm zu essen. Die Leute hier glauben nämlich, daß ihnen dadurch ein Sohn geboren wird. Ich wollte sie ins Dorf zurückbringen, aber als ich versuchte, sie zu berühren, bedrohten mich die Männer mit Mistgabeln. Ich habe mit der Hebamme gesprochen. Das Baby befindet sich in einer Steißlage. Aber die Mutter
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