Die sieben Dämonen: Roman
den Ghaffir vorbeigekommen? Machen Sie sich keine Mühe. Die Antwort darauf weiß ich schon. Und wie verhielt sich Ihr Mann?«
»Unterschätzen Sie uns nicht, Dr. Davison! Domenikos könnte uns mit nichts auf der Welt dazu bewegen, uns auf einen Handel mit ihm einzulassen. Mein Mann hat nicht die leiseste Absicht, unsere Funde in die Hände eines Gauners gelangen zu lassen.«
»Und Sie, Mrs. Halstead?«
Sie sah ihn mit ihren grünen Augen eindringlich an, und es kam Mark so vor, als ob ihr Blick etwas weicher wäre als sonst. Er wünschte plötzlich, daß sie nicht so dicht neben ihm säße. Doch da schaute sie unvermittelt weg, zuckte leicht zusammen und fuhr sich mit den Fingerspitzen an die Schläfe. »Stimmt etwas nicht?«
Sie antwortete nicht sofort, sondern neigte den Kopf, als ob sie sich konzentrierte. Schließlich ließ sie ihre Hand sinken und wandte sich wieder Mark zu. Sie lächelte warmherzig. »Es ist der Sand. Ich bin nicht daran gewöhnt …«
Als Mark ihr ins Gesicht sah, fragte er sich, ob er sich nur einbildete, daß ihre Stimme jetzt sanfter klang.
»Sie vermuten, daß sich das Grab in dem Cañon befindet, nicht wahr?«
»Ja, das ist richtig …« Es entsprang nicht seiner Einbildung, daß Alexis sich nun an ihn lehnte. »Ramsgate schrieb, er habe sein Camp verlegt, um näher am Grab zu sein, und ich bin ziemlich sicher, daß die schwarze Feuerstelle der Ort ist, wo Ramsgates Zelte standen.«
»Wozu dienen die Gräben?«
»Ich hoffe, daß wir dadurch entweder auf den Stelensockel mit dem Rätsel stoßen, das die Lage des Grabes enthält, oder daß wir die Treppe finden, die zum Grab führt. Nach Ramsgates Angaben hatte sie dreizehn Stufen. Mrs. Halstead …« Mark schnellte hoch. »Sie müssen mich entschuldigen, aber ich habe noch zu arbeiten.«
Als sie zu ihm aufschaute, bemerkte er einen Anflug von Verwirrung auf ihrem Gesicht. Dann sagte sie: »Es ist spät, Dr. Davison. Mein Mann und ich wollen morgen früh mit Ihnen zur Ausgrabungsstelle fahren.« Sie erhob sich und schwankte ein wenig, als sie vor ihm stand. »Ich … ich habe nicht gut geschlafen …«
Mark beobachtete sie, wie sie über den Sand lief und in ihrem Zelt verschwand. Dann begann er langsam zu seinem eigenen Zelt zurückzugehen.
Als Mark den Rand des Lichtkreises erreichte, spürte er plötzlich, daß er nicht allein war. Er blieb stehen und lauschte. Im Camp war kein Laut zu hören. Rons Dunkelkammer war still und verlassen, und während seiner Unterhaltung mit Alexis hatte die alte Samira das Gemeinschaftszelt wohl verlassen. Die Dämmerung war finsterer Nacht gewichen, und alles schlief.
Mark drehte sich um und sah wenige Meter entfernt eine Frau stehen, die ihn beobachtete. Er erkannte sie; er hatte sie früher schon zweimal gesehen. Doch diesmal verschwand die Frau nicht, als er sich ihr vorsichtig näherte.
Als er auf drei Meter an sie herangekommen war, hob sie langsam die Hand und gab ein einziges Wort von sich.
Mark hielt den Kopf schräg. »Wie bitte?«
Sie wiederholte es.
»Ich verstehe Sie nicht. Wer sind Sie?«
Ein Zögern ging ihrer Antwort voraus, und als es endlich soweit war, gebrauchte sie Worte, deren Sinn Mark nicht erfassen konnte. Während sie sprach, bemerkte er, daß sie dasselbe wallende, weiße Gewand trug wie früher. Wieder kauerte sie sich weinend auf den Felsen und sah aus der Dunkelheit zu ihm herüber, so daß er sich fragte, ob er jetzt wieder träumte. Während die Frau immer wieder denselben Satz wiederholte, fiel ihm auch auf, daß sich zwar ihre Lippen bewegten, daß der Klang ihrer Stimme aber nur in seinem Kopf existierte. Es war ein sanftes Flüstern in seinem Gehirn, und die Worte entstammten einer völlig fremden Sprache.
»Wer sind Sie?« fragte er noch einmal und spürte das Hämmern von aufziehendem Kopfweh in seinen Schläfen.
Geduldig und langsam begann sie wieder zu sprechen, und derselbe weiche Flüsterton klang abermals in ihm auf. Da bemerkte Mark, daß ihre Füße den Boden nicht berührten und daß sie sich leicht auf und ab bewegte, als ob sie auf einem Meer triebe.
»Dr. Davison!«
Er fuhr herum.
»Ach, hier sind Sie, Davison!« Sanford Halstead kam über den kalten Sand auf ihn zu. »Ein Glück, daß Sie noch wach sind. Ich muß mit Ihnen reden. Mir ist etwas ganz Peinliches passiert!«
Mark blickte den Mann verständnislos an. Er spürte ein Prickeln im Nacken und wußte, ohne sich umzudrehen, daß die Frau verschwunden war.
Vierzehn
Mark
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