Die sieben Dämonen: Roman
reden.«
Sie leistete jedoch nur schwachen Widerstand.
»Wir können drinnen reden. Bitte, Mrs. Halstead.«
Der eisige Wüstenwind wirbelte um seine nackten Füße, und feiner Sand stach mit tausend Nadeln an seinen Knöcheln. Mark begann unwillkürlich zu zittern. »Es muß Ihnen furchtbar kalt sein.«
»Es ist doch Sommer …«
Mark faßte sie behutsam am Arm und führte sie aus der Dunkelheit zurück ins Camp. Obwohl sie ihm langsam, aber willig folgte, hörte sie nicht auf, mit schwacher Stimme dagegen zu protestieren. »Ihr müßt wissen … Wie kann ich Euch sagen … Wir müssen reden …«
Als sie an Jasminas Zelt vorüberkamen, wurde die Eingangsplane zur Seite geschoben, und die junge Frau trat im Bademantel heraus. »Was ist los, Mark?«
»Sie schlafwandelt.«
Jasmina stellte sich vor Alexis hin und beobachtete deren ausdruckslose, wie hypnotisiert wirkende Augen. »Sie hat schon seit einiger Zeit Alpträume. Ich habe ihr ein paar Schlaftabletten gegeben.«
Mark schaute Jasmina stirnrunzelnd an. Sie trug ein frisches Pflaster am Hals. »Was ist das?«
»Ein Insektenstich. Nicht der Rede wert.«
»Ist es mit den Stechmücken schlimmer geworden?«
»Wir müssen Mrs. Halstead in ihr Zelt bringen. Hier draußen ist es zu kalt für sie.«
Sie nahmen Alexis in ihre Mitte und brachten sie ohne Schwierigkeiten in ihr Bett. Brav wie ein Kind legte sie sich hin und schloß langsam die Augen.
Nachdem sie Alexis’ Moskitonetz an den Ecken des Bettes festgestopft hatten und sich zum Gehen wandten, streifte Marks Blick zufällig Sanford, der so fest schlief, daß er kaum atmete.
Auf seinem Satinkopfkissen breitete sich ein roter Fleck aus.
Dreizehn
Das Tal war erfüllt von dem düsteren Walul der Frauen von Hag Qandil. Das schrille, schauerliche Wehklagen, das den Leichnam des Ghaffir zu seinem Grab begleitete, war bis ins Gebirge hinein zu hören, wo es sich an den Kalksteinwänden der Schluchten brach und hundertfach widerhallte. Mark befürchtete, daß es seine Arbeiter unruhig machen würde. Doch Abdul hatte ihm versichert, daß niemand außer seinen beiden Helfern, auf deren Verschwiegenheit man sich verlassen konnte, wußte, unter welchen Umständen der Ghaffir zu Tode gekommen war. Die Fellachen arbeiteten ebenso hart wie am vorhergehenden Tag, und die Gräben wurden zusehends tiefer.
Hin und wieder nahm Mark einen Landrover und fuhr damit durch den Cañon, um zu sehen, wie die Arbeit voranging. Ron, Jasmina und er waren heute als einzige aus dem Camp ins Gelände hinausgefahren. Die Halsteads waren im Lager geblieben. Sanford hatte eine kleine Verletzung, die nicht aufhören wollte zu bluten, und Alexis hatte eine Schlaftablette genommen, um den Tag zu überstehen. Hasim war in seinem Zelt mit dem Schreiben von Briefen beschäftigt.
Um die Mittagszeit wurde die Arbeit eingestellt, und als sie ins Camp zurückkamen, sah Mark dort einen schmutzigen kleinen Jungen kauern, der auf sie wartete. Der etwa Zwölfjährige hatte ein braunes, rundes Gesicht mit einem vom Trachom befallenen Auge. Sein Gebiß war lückenhaft. Als er gesehen hatte, daß Fahrzeuge herannahten, hatte er sich aufgerappelt.
»Der › Umda schickt mich«, erklärte der Junge in schnellem Arabisch.
»Ich komme aus El Till, und man hat mir gesagt, ich solle mit dem Bärtigen sprechen. Sind Sie der Sohn von David, Sir?«
»Ich bin Dr. Davison, ja, was gibt es, Junge?«
»Iskanders Mutter braucht die Scheicha . Sie steht kurz vor der Entbindung.«
»Warum braucht sie dazu die Scheicha ? Gibt es etwa keine Hebammen?«
»Allah! Iskanders Mutter ist in großen Schwierigkeiten! Seit drei Tagen schreit sie, aber das Baby will einfach nicht herauskommen. Die Hebammen wissen sich nicht zu helfen. Sie braucht die Scheicha .«
»Hat niemand den Doktor aus El Minia gerufen?«
Der Junge spuckte in den Sand und wischte sich mit dem Ärmel über den Mund. »Iskanders Vater will nicht, daß der staatliche Arzt den Intimbereich seiner Frau sieht. Wir müssen uns beeilen, Dr. Davison!«
Mark wandt sich zu Jasmina und fragte auf englisch: »Kann Samira hier wirklich helfen?«
»Alles, was die alte Hexe tun wird, ist, sich über die Frau zu beugen und zu singen. Mutter und Kind werden beide dabei umkommen. Ich habe es schon oft erlebt.«
Mark kratzte sich nachdenklich am Bart. »Wie steht es mit Ihnen? Sie sind eine Frau. Die Leute werden gewiß nichts dagegen einzuwenden haben, wenn eine Frau der Gebärenden hilft. Können Sie es
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