Die sieben Finger des Todes
daß wenigstens dieser letzte und entscheidende Tag einen guten Anfang genommen hatte.
Doch leider sollte die Freude nicht anhalten. Kaum waren wir nach einem Bummel um die Klippen ins Haus zurückgekehrt, als sich wieder die Abfolge vom Vortag einstellte: Bedrücktheit und Angst, Hoffnung, Hochstimmung, tiefe Niedergeschlagenheit und stumpfe Teilnahmslosigkeit.
Doch es sollte gleichzeitig ein arbeitsreicher Tag werden. Und wir alle wappneten uns mit einer Energie für die kommenden Mühen, die eine Erleichterung eigener Art bringen sollte.
Nach dem Frühstück begaben wir uns in die Höhle, wo Mr. Trelawny sodann Punkt für Punkt die Position unserer sämtlichen Utensilien durchging. Und dabei gab er bei jedem Stück eine Erklärung für die Plazierung ab. Er hatte die großen Papierrollen bei sich, auf denen er mit Maßangaben versehene Pläne und dazu die Schriftzeichen und Bilder eingetragen hatte, die auf seinen und Corbecks grob angefertigten Aufzeichnungen beruhten. Damit waren, wie er uns sagte, sämtliche Hieroglyphen von Wänden, Decke und Boden der Gruft im Tal des Magiers erfaßt. Auch wenn uns nicht die maßstabgetreuen Pläne zur Verfügung gestanden hätten, so wären wir an Hand der kryptischen Schriftzeichen und Symbole sehr wohl imstande gewesen, jedes Stück an seinen vorgesehenen Platz zu stellen.
Mr. Trelawny erklärte uns gewisse andere, nicht in den Aufzeichnungen enthaltene Dinge, wie beispielsweise die Tatsache, daß der ausgehöhlte Teil des Tisches genau zum Boden des magischen Behälters paßte, der daher auf diesem Tisch seinen Platz finden sollte. Die Beine dieses Tisches bestanden aus verschieden geformten Uräus-Schlangen, deren Köpfe in verschiedene Richtungen blickten. Weiter erklärte er, daß die Mumie, wenn man sie auf den erhabenen Teil des Sarkophagbodens legte, der genau ihrer Form angepaßt war, mit dem Kopf nach Westen und den Füßen nach Osten liegen müßte, damit sie so die natürlichen Erdströmungen in sich aufnehmen konnte.
»Wenn dies mit Absicht geschieht, wie ich annehme«, sagte er, »dann können wir davon ausgehen, daß die hierauf in Erscheinung tretende Kraft etwas mit Magnetismus oder mit Elektrizität oder gar mit beiden zu tun hat. Natürlich ist es ebensogut möglich, daß eine andere Kraft, wie beispielsweise die vom Radium ausgestrahlte, wirksam wird. Mit letztgenannter habe ich Versuche gemacht, allerdings nur in dem mir möglichen kleinen Rahmen. Soweit ich es beurteilen kann, ist das Gestein, aus dem der Behälter gehauen wurde, absolut undurchlässig. Es müssen also in der Natur unbemerkt solche Substanzen vorkommen. Radium kommt gewiß nicht nur in Pechblende, sondern auch in anderen Substanzen vor. Gut möglich, daß diese zur Klasse der »inerten« Stoffe gehören, die Sir William Ramsay festgestellt und gewonnen hat. Daher ist es weiter möglich, daß in diesem Behälter, der aus einem Meteorit geschnitten wurde und daher ein in unserer Welt unbekanntes Element enthalten könnte, eine wirksame Kraft schlummert, die beim öffnen freigesetzt wird.«
Damit schien das Thema beendet, doch er machte ein Gesicht, als hätte er noch nicht alles erschöpfend behandelt. Daher warteten wir wortlos, bis er fortfuhr:
»Ich muß gestehen, daß es einen Punkt gibt, der mir bis jetzt ein Rätsel ist. Vielleicht ist er gar nicht so wichtig, doch in einer Angelegenheit wie der vorliegenden, bei der praktisch alles ungewiß ist, müssen wir davon ausgehen, daß alles wichtig sein könnte. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, daß bei einem mit so außergewöhnlicher Genauigkeit ausgearbeiteten Plan etwas übersehen werden konnte. Wie Sie aus dem Grundriß der Gruft entnehmen können, steht der Sarkophag an der Nordwand, und der magische Behälter ist südlich davon. Die vom Sarkophag eingenommene Fläche ist bar jeglicher Symbole oder Verzierungen. Auf den ersten Blick würde dies darauf hinweisen, daß die Zeichnungen gemacht wurden, nachdem der Sarkophag an seinen Platz gestellt wurde. Eine genauere Untersuchung aber zeigt, daß die Symbole auf dem Boden um einer bestimmten Wirkung willen so angeordnet waren. Sehen Sie, hier verläuft die Schrift in richtiger Reihenfolge, als hätte sie die Lücke übersprungen. Nur gewissen Wirkungen ist es zu verdanken, daß eine Bedeutung überhaupt klar wird. Der dahintersteckende Sinn ist vielleicht genau das, was wir wissen wollen. Sehen sie den oberen und den unteren Rand der leeren Stelle an, die in
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