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Die sieben Finger des Todes

Die sieben Finger des Todes

Titel: Die sieben Finger des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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gab er zur Antwort:
    »Mein lieber junger Freund, in gewisser Hinsicht haben Sie ganz recht. Das Trachten der Königin ging nach Einsamkeit. Und alles in allem wäre es besser, wenn ihr Experiment so durchgeführt würde, wie sie es plante. Aber bedenken Sie doch, daß dies unmöglich gemacht wurde, nachdem der holländische Forscher in ihre Gruft eindrang. Dafür kann ich nicht, obgleich es der Anlaß für meine Wiederentdeckung der Grabstelle war. Ich behaupte nun keineswegs, daß ich anders gehandelt hätte als Van Huyn. Ich drang aus purer Neugierde in die Gruft ein. Und ich nahm, in meiner Sammelleidenschaft alles mit, was möglich war. Bedenken Sie aber auch, daß ich zu jenem Zeitpunkt von den Plänen der Königin nichts wußte und vor allem keine Ahnung hatte, mit welcher Vollständigkeit sie ihre Vorbereitungen getroffen hatte. Das alles kam erst viel später. Doch als ich es wußte, tat ich alles, um ihre Wünsche bis in die kleinste Einzelheit auszuführen. Meine einzige Befürchtung ist es, daß mir von ihren geheimnisumwobenen Anweisungen etwas entgangen sein könnte. Doch eine Sicherheit habe ich: ich habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Und ich habe nichts getan, was Königin Teras Absichten zuwiderläuft. Ich möchte, daß ihre Großes Experiment erfolgreich verläuft. Zu diesem Zweck habe ich weder Mühen, Zeit und Unkosten gescheut – oder gar mich selbst geschont. Ich habe Mühsalen und Gefahren getrotzt. Mein Verstand, mein ganzes Wissen und meine Gelehrsamkeit, mein ganzes Streben, das alles war, ist und wird immer auf dieses Ziel gerichtet sein, bis wir den großen Einsatz, um den es dabei geht, gewinnen oder verlieren.«
    »Den großen Einsatz?« wiederholte ich. »Die Wiederauferstehung der Frau? Das Leben der Frau! Der Beweis, daß dergleichen möglich ist? Mittels magischer Kräfte, mittels wissenschaftlicher Errungenschaften oder mittels einer Kraft, von der die Welt noch nichts weiß?«
    Da sprach Mr. Trelawny seine innersten Hoffnungen aus, die er bislang nur angedeutet hatte. Ein oder zweimal hatte ich Corbeck vom Elan seiner Jugend sprechen gehört, irgendein sichtbarer Beweis dafür war bisher aber ausgeblieben. Nun aber zeigten mir seine Worte, die alle gegnerischen Gedanken wie einen Sturzbach hinwegrissen, einen ganz anderen Menschen.
    »Das Leben dieser Frau! Setzen wir denn nicht auch das Leben einer Frau aufs Spiel? Ein Leben, das mir das liebste auf der Welt ist und mir von Stunde zu Stunde teurer wird? Wir setzen dazu noch das Leben von vier Männern aufs Spiel, Ihres und meines, und das der beiden anderen, die wir ins Vertrauen zogen. Der Beweis, daß dergleichen möglich ist! Das wäre allerdings sehr viel. Ein wahres Wunder in diesem wissenschaftlichen Zeitalter, das von der Skepsis des Wissens geprägt ist. Aber Leben und Auferstehung sind selbst nur Teile dessen, was wir mit dem Erfolg des Experiments erreichen würden. Bedenken Sie, was für die Welt der Denkenden – der Welt wahren menschlichen Fortschritts – bedeutet, nämlich der Weg zu den Sternen, das itur ad astra der Alten, wenn jemand, aus der unbekannten Vergangenheit zu uns kommt, jemand der uns das in der großen Bibliothek von Alexandria gespeicherte Wissen, das in den Flammen unterging, weitergeben kann. Nicht nur die Geschichte wird korrigiert und die Lehren der Wissenschaft von ihren Anfängen an verdeutlicht, nein, uns wird der Zugang zu vergessenen Künsten eröffnet, zu vergessenem Wissen, vergessenen Erkenntnissen, so daß wir den vorgezeigten Weg zur letzten und vollständigen Wiederherstellung beschreiten können. Mann stelle sich vor, diese Frau kann uns berichten, wie die Welt vor der sogenannten »Sintflut« aussah, sie kann uns den Ursprung dieses gewaltigen Mythos erklären, sie kann uns dazu bringen, Dinge zu bedenken, die uns nun urzeitlich dünken, die aber schon vor dem Zeitalter der Patriarchen alte Geschichten waren. Damit aber nicht genug! Nein, bei weitem nicht! Wenn es sich mit dieser Frau so verhält, wie wir annehmen, wenn ihre Kräfte sich als das erweisen, was wir vermuten, dann wächst uns ein Wissen zu, das weit über das hinausgeht, was unser Zeitalter bislang kennt, weit über das hinaus, was man dem Menschengeschlecht heute zutraut. Wenn diese Auferstehung tatsächlich erreicht werden kann – wie können wir dann noch das alte Wissen bezweifeln, die alte Magie, den alten Glauben! Und wenn dem so ist, dann müssen wir davon ausgehen, daß das »Ka« dieser großen

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