Die sieben Finger des Todes
Anlage erklären.«
Er führte uns im Haus umher, und ich konnte nicht umhin zu bewundern, wie perfekt ausgeklügelt das System war und wie er sich gegen jede nur denkbare Katastrophe abgesichert hatte.
Doch, aus dieser lückenlosen Vollkommenheit wuchs Angst! Bei einem Unternehmen wie dem unseren waren die Grenzen menschlichen Denkens eng gesteckt. Dahinter lag die Unendlichkeit göttlicher Weisheit und göttlicher Kraft!
Wieder in der Höhle, griff Mr. Trelawny ein anderes Thema auf:
»Wir müssen nun endgültig den genauen Zeitpunkt für unser Experiment festlegen. Für Naturwissenschaft und Mechanik sind alle Stunden gleich, wenn nur die Vorbereitungen getroffen sind. Wir aber haben es mit Vorbereitungen zu tun, die von einer Frau mit außergewöhnlichem Verstand getroffen wurden, einer Frau, die an Magie glaubte und in alles einen geheimen Sinn legte. Wir sollten uns also, ehe wir uns entscheiden, an ihre Stelle versetzen. Fest steht jedenfalls, daß der Sonnenuntergang in ihren Plänen eine gewichtige Rolle spielte. Da die so mathematisch genau an den Rand des Sarkophags gemeißelten Sonnen mit voller Absicht so angeordnet wurden, müssen wir daraus gewisse Schlüsse ziehen. Dazu kommt, daß die Zahl Sieben das Denken und Handeln der Königin in jeder Phase beeinflußt hat. Die logische Folgerung wäre, daß die siebente Stunde nach Sonnenuntergang der festgesetzte Zeitpunkt ist. Ein weiterer Beweis dafür wäre die Tatsache, daß jedesmal, wenn in meinem Haus etwas passierte, dies ebenfalls der Zeitpunkt war. Da die Sonne heute in Cornwall um acht Uhr untergeht, muß unsere Stunde drei Uhr morgens sein!«
Das brachte er ganz sachlich, wenn auch mit großem Ernst vor. Worte und Haltung hatten nichts von einem Geheimnis an sich. Und doch waren wir alle zutiefst beeindruckt. Ich sah es den blassen Mienen der anderen an und merkte es am Schweigen und daran, daß sich keiner rührte, als diese Entscheidung gefällt wurde. Die einzige, die sich gelassen zeigte war Margaret, die wieder in eine Phase der Geistesabwesenheit verfallen gewesen war und nun mit einer Andeutung erwartungsvoller Freude daraus erwachte. Ihr Vater, der sie genau beobachtete, lächelte. Ihre Stimmung war für ihn Bestätigung seiner Theorie.
Ich selbst war überwältigt. Diese endgültige Festsetzung der Stunde erschien mir wie die Stimme des Schicksals. Wenn ich jetzt daran zurückdenke, kann ich nachfühlen, wie es einem Verurteilten zumute sein mag, der seine letzte Stunde schlagen hört.
Jetzt gab es kein Zurück mehr! Wir waren in Gottes Hand! In Gottes Hand…! Und dennoch…! Was für andere Kräfte würden aufgeboten werden…? Was würde aus uns werden, die wir armselige Staubkörner waren, verweht mit dem Wind, von dem kein Mensch weiß, wohin er geht und woher er kommt. Es war nicht meinetwegen… Margaret…!
Mr. Trelawnys entschlossene Stimme riß mich aus meinen Gedanken.
»Nun wollen wir uns um die Leuchten kümmern und unsere Vorbereitungen beenden.«
Unter seiner Aufsicht bereiteten wir die ägyptischen Leuchten vor, füllten sie mit Zedernöl und achteten darauf, daß die Dochte richtig angebracht waren. Eine nach der anderen wurden sie probeweise angezündet. Dann beließen wir sie so, daß man sie schnell und gleichzeitig entzünden konnte. Es folgte eine allgemeine Nachschau, ob wohl alles für die Nacht bereit war.
Das alles hatte seine Zeit gebraucht, so daß wir alle erstaunt waren, als wir nach dem Verlassen der Höhle das Haus betraten und die große Uhr in der Diele vier Uhr schlug.
Wir nahmen einen verspäteten Lunch zu uns und trennten uns hierauf, Mr. Trelawnys Rat folgend, damit sich ein jeder nach Belieben auf die Anspannung der kommenden Nacht vorbereiten konnte. Margaret wirkte blaß und müde, so daß ich ihr empfahl sie solle versuchen ein wenig Schlaf zu finden. Das versprach sie mir. Die Geistesabwesenheit, die sie den ganzen Tag über nicht losgelassen hatte, verflüchtigte sich. Sie gab mir mit ihrem gewohnten Liebreiz und voll Zärtlichkeit zum Abschied einen Kuß! Begleitet von dem Glücksgefühl, das in mir daraufhin erwachte, brach ich zu einem Spaziergang über die Klippen auf.
Nachdenken wollte ich nicht, und ich hatte das sichere Gefühl, daß die frische Luft, die Sonne des lieben Gottes und die ungezählten Wunder aus seiner Hand die beste Vorbereitung auf das Kommende wären.
Bei meiner Rückkehr fanden sich alle zu einem späten Tee zusammen. Ich, der ich mir eben draußen in der
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