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Die sieben Finger des Todes

Die sieben Finger des Todes

Titel: Die sieben Finger des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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verbliebenen Dienstboten, sagte er mit jenem wichtigtuerischen Gehabe, das vermutlich die natürliche Haltung eines Vertreters des Gesetztes vor Fremden ist:
    »Meinen Sie nicht, daß wir dem Personal erlauben sollten, sich zurückzuziehen? Dann können wir uns besser in die Sache vertiefen.«
    Ich nickte zustimmend. Die Dienstboten verstanden die Andeutung und zogen sich, wenn auch widerstrebend, zurück. Der letzte schloß hinter sich die Tür.
    Daraufhin fuhr der Detektiv fort:
    »Zunächst berichte ich Ihnen lieber von meinen Eindrücken, als mit einer Aufzählung meiner Handlungen zu beginnen.«
    Sein Benehmen ließ auf eine gewisse Verlegenheit darüber schließen, daß ihm die peinliche Situation in der er sich befand, bewußt geworden war. »Ich legte mich halb ausgezogen zu Bett – so wie ich jetzt bin, und steckte den Revolver unters Kissen. Es ist das letzte, woran ich mich erinnere. Wie lange ich schlief weiß ich nicht. Das elektrische Licht hatte ich ausgeschaltet, so daß es im Zimmer ganz finster war. Ich glaubte einen Schrei zu hören, aber sicher bin ich dessen nicht, denn ich hatte einen schweren Kopf wie jemand der nicht ausgeschlafen hat und wieder an die Arbeit muß. Nun, als erstes fiel mir meine Pistole ein. Die nahm ich nun zur Hand und lief hinaus auf den Treppenabsatz. Sodann vernahm ich einen Schrei oder vielmehr einen Hilferuf und rannte in dieses Zimmer hier. Es war dunkel, denn die Lampe neben der Schwester war ausgeschaltet, die einzige Lichtquelle war draußen auf dem Treppenabsatz. Miß Trelawny kniete schreiend neben ihrem Vater. Ich glaubte, ich hätte etwas zwischen mir und dem Fenster sich bewegen gesehen. Ohne zu überlegen schoß ich darauf, halb wach und benommen, wie ich war. Es bewegte sich mehr nach rechts zwischen den Fenstern und ich gab wieder einen Schuß darauf ab. Und dann standen Sie aus Ihrem großen Sessel auf mit all dem Zeug vor dem Gesicht. In meinem benommenen Zustand zwischen Schlaf und Wachen schien mir nun – und ich weiß, daß Sie das in Rechnung stellen werden –, daß Sie es gewesen waren, da sie sich ja in derselben Richtung befanden wie das Ding, auf das ich feuerte. Und so kam es, daß ich wieder schießen wollte, bevor Sie das Zeug abnahmen.«
    Daraufhin nahm ich ihn ins Kreuzverhör, mich damit auf vertrautes Gebiet begebend:
    »Sie sagten eben, sie hätten geglaubt, ich wäre das Ding, auf das Sie schossen. Welches Ding?«
    Der Mann kratzte sich am Kopf und blieb mir die Antwort schuldig.
    »Nun, wie sah es aus?« drängte ich.
    Seine Antwort kam ganz leise:
    »Ich weiß es nicht, Sir. Ich dachte, da wäre etwas. Aber was das war und wie es aussah, davon habe ich nicht die leiseste Ahnung. Vermutlich kam alles so, weil ich an die Pistole noch kurz vor dem Zubettgehen dachte, und als ich hier eindrang, da war ich nur halb bei mir – was Sie in Zukunft hoffentlich bedenken werden.«
    An diese Entschuldigung klammerte er sich wie an einen Rettungsanker. Ich wollte uns den Mann ja nicht zum Gegner machen. Im Gegenteil, ich wollte ihn auf unserer Seite haben. Außerdem lastete auf mir der Schatten meines eigenen Versagens. Daher sagte ich mit der größten mir zu Gebote stehenden Liebenswürdigkeit:
    »Ganz recht, Sergeant. – Sie haben im ersten Impuls richtig gehandelt. Mann kann schließlich nicht erwarten, daß sie, im Halbschlaf und vielleicht auch unter dem Einfluß stehend, der mich einschlafen ließ und Schwester Kennedy in diese kataleptische Trance versetzte, daß sie innehalten und den Sachverhalt abwägen sollten. Aber lassen Sie uns festhalten, wo Sie standen und wo ich saß, solange wir die Sache noch frisch im Gedächtnis gaben. Wir müßten feststellen können, wo die Kugeln einschlugen.«
    Die Aussicht auf sofortiges Handeln und auf die Anwendung seiner Geschicklichkeit machte ihn sofort munter. Er schien ein anderer zu sein, als er sich ans Werk machte. Ich bat Mrs. Grant, sie solle den Knebel des Preßverbandes halten, und ging und stand dort wo er gegangen war und gestanden hatte und wohin er in der Dunkelheit gezielt hatte. Ich konnte nicht umhin festzustellen, daß sein Verstand mit mechanischer Exaktheit arbeitete, als er mir zeigte, wo er gestanden hatte und den Revolver aus der Pistolentasche gezogen und damit angelegt hatte. Der Sessel, aus dem ich mich erhoben hatte, stand noch an derselben Stelle. Dann bat ich ihn, er solle mit seiner Hand zielen, da ich den Weg der Kugel verfolgen wollte.
    Hinter meinem Sessel, ein

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