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Die sieben Finger des Todes

Die sieben Finger des Todes

Titel: Die sieben Finger des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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dem Haus und kaufte ein Atemgerät. Als ich mit meiner Wachschicht begann habe ich das Ding aufgesetzt. Es hielt mich jedoch nicht davon ab, einzuschlafen. Als ich erwachte, war der Raum voller Menschen, nämlich Miß Trelawny, Sergeant Daw und das Hauspersonal. Die Schwester saß in ihrem Sessel, wie ich sie vorher gesehen hatte. Sergeant Daw, der noch nicht ganz wach war und der sich von demselben Geruch oder Einfluß betäubt fühlte wie wir alle, glaubte, er hätte gesehen, wie sich im Dunkeln etwas bewegte, und gab zwei Schüsse ab. Und als ich mich daraufhin aus meinem Sessel erhob, vor dem Gesicht noch immer das Atemgerät, da hielt er mich für die Ursache des Aufruhrs. Er wollte erneut schießen, doch mir glückte es rechtzeitig mich zu erkennen zu geben. Mr. Trelawny lag unter dem Safe wie gestern nacht, und blutete heftig aus seiner neuen Armwunde. Wie hoben ihn aufs Sofa und verfertigen einen Preß verband. Das ist buchstäblich alles, was wir alle bislang wissen. Wir haben das Messer nicht berührt, das neben der Blutlache liegt. Sehen Sie!« Sagte ich. Ich ging hin und hob es hoch.
    »Die Spitze ist rot von getrocknetem Blut.«
    Doktor Winchester stand eine ganz Weile still, ehe er sagte: »Dann sind die Vorgänge dieser Nacht ebenso geheimnisvoll wie die von gestern?«
    »Ganz recht!« gab ich zurück. Er antwortete darauf nicht, sondern wandte sich an Miß Trelawny: »Wir sollten Schwester Kennedy in einen anderen Raum schaffen. Dem steht doch nichts im Wege, oder?«
    »Nein, keineswegs«, antwortete sie. »Bitte, Mrs. Grant, sorgen Sie dafür, daß Schwester Kennedys Zimmer in Ordnung gebracht wird. Zwei Mann vom Personal sollen kommen und sie hinschaffen.«
    Mrs. Grant lief hinaus. Nach wenigen Minuten war sie wieder zur Stelle.
    »Das Zimmer ist bereit, die Männer sind da.« Auf ihre Anweisung hin betraten zwei Diener das Zimmer, hoben den starren Körper von Schwester Kennedy unter der Aufsicht des Arztes aus dem Sessel und trugen ihn hinaus. Miß Trelawny blieb mit mir im Krankenzimmer, während Mrs. Grant mit dem Arzt in Schwester Kennedys Zimmer ging. Kaum waren wir allein, kam Miß Trelawny zu mir und sagte, meine beiden Hände erfassend:
    »Hoffentlich vergessen Sie bald, was ich sagte. Ich habe es nicht so gemeint und war außer mir.«
    Ich sagte darauf nichts, sondern hielt ihre Hände und küßte sie. Nun gibt es verschiedene Arten, die Hände einer Dame zu küssen. So, wie ich es tat, war es als Ausdruck der Ehrerbietung und des Respekts gemeint, und es wurde auch so aufgefaßt, damenhaft und wohlerzogen, wie Miß Trelawny sich in ihrer ganzen Art zeigte. Ich trat ans Sofa und sah hinunter auf den Bewußtlosen. In den letzten Minuten war die Dämmerung fortgeschritten, und das Licht hatte etwas von der Klarheit des Tages mit sich gebracht. Während ich das strenge, kalte, ernste Gesicht ansah, das weiß wie Marmor aussah in dem hellgrauen Licht, überkam mich von neuem das Gefühl, daß hinter dem Geschehen der letzten sechsundzwanzig Stunden ein tiefes Geheimnis stecken müsse. Diese buschigen Brauen schirmten eine gewichtige Absicht ab; die hohe, breite Stirn barg einen ausgeklügelten Gedankengang, den das breite Kinn und die massige Kieferpartie in die Tat umsetzen halfen. Während ich ihn ansah und mir diese Fragen stellte, überkam mich wieder eine Phase abschweifender Gedanken, wie sie letzte Nacht dem Einschlafen vorangegangen war. Ich leistete heftig Widerstand und klammerte mich fest an die Gegenwart. Dies fiel mir viel leichter, als Miß Trelawny nahe zu mir kam und, die Stirn an meine Schulter gelehnt, leise zu weinen begann. Da erwachte in mir männlicher Beschützerinstinkt und trat in Aktion. Worte hatten nur wenig Zweck, denn sie konnten die Gedanken nicht wiedergeben. Und doch verstanden wir einander. Sie rückte nicht ab, als ich ihr den Arm schützend um die Schulter legte, wie ich es vor langer Zeit bei meiner kleiner Schwester getan hatte, die sich in ihren kindlichen Kümmernissen gern vom großen Bruder trösten ließ. Allein diese Geste oder Haltung, die schützend wirken sollte, stärkte meine Zielstrebigkeit und schien gleichzeitig die müßigen, verträumten Gedankenwanderungen aus meinem Kopf zu fegen. Als ich jedoch von draußen Doktor Winchesters Schritte hörte, da zog ich, einem höheren Schutzinstinkt folgend, meinen Arm zurück.
    Doktor Winchester trat ein und besah sich den Patienten eingehend, ehe er zum Sprechen ansetzte. Schließlich aber sagte

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